Predigt zum Fest des Schutzes unserer Allerheiligsten Gebieterin, der Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria (Hebr. 9: 1-7; Lk. 10: 38-42; 11: 27-28) (14.10.2020)

Liebe Brüder und Schwestern,

 

Konstantinopel, die Hauptstadt der christlichen Welt, wird von feindlichen Armeen belagert und steht kurz vor dem Fall. Das Volk versammelt sich zu nächtlicher Stunde in der Blachernen-Kirche und betet inständig um himmlischen Beistand. Unter den Betenden ist auch der selige Andreas, ein Narr um Christi willen. Er sieht plötzlich, wie die Mutter Gottes, umringt von zahlreichen Heiligen, ein Tuch als Zeichen Ihres Schutzes über den Menschen hält. Der heilige Andreas fragt seinen Schüler Epiphanios, ob er es auch sehen könne, worauf dieser zur Antwort gibt: „Ich sehe es und ich erzittere“. Kurz darauf beginnt ein heftiger Sturm auf dem Meer, so dass die feindlichen Schiffe entweder untergehen oder demoralisiert den Rückzug antreten...

In der Russischen Kirche erfreut sich das Fest des Schutzes der Allerheiligsten Gottesgebärerin großer Beliebtheit – nicht verwunderlich, stand doch auch Russland im Laufe seiner Geschichte des öfteren vor dem endgültigen Untergang und wurde durch himmlischen Beistand gerettet. Somit dürfte auf der Hand liegen, dass wir aus diesem Fest für unser heutiges Leben ebenso geistliche Kraft schöpfen können. Es ist ja das Fest, das wie kaum ein anderes die Kraft des Gebets hervorhebt…

Wir beten auch mehr oder weniger oft und regelmäßig. Wenn es uns gut geht, ist unser Gebet träge und lustlos; wenn es uns schlecht geht, können wir urplötzlich sehr intensiv und inständig beten – aber auch dann werden unsere Gebete nicht immer erhört. Warum? - Heißt es denn nicht: „Bittet, dann wird euch gegeben“ und „wer bittet, der empfängt“ etc. (Mt. 7:7-8; vgl. Lk. 11:9-10)?! Aber ganz so einfach ist es dann offenbar doch nicht. Dann  könnte jeder kommen und alles für ihn Wünschenswerte – ob nützlich oder nicht – von Gott erbitten. Und sehr oft käme es dann zu Konflikten, wenn z.B. die Interessen der Bittenden im krassen Gegensatz zueinander stehen. Es gibt deshalb viele vergleichbare Stellen, die aber noch den einen oder anderen Zusatz enthalten: „...wenn er in seinem Herzen nicht zweifelt, sondern glaubt, dass geschieht, was er sagt, dann wird es geschehen“ oder: „Alles, worum ihr betet und bittet – glaubt nur, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil“ (Mk. 11:24). Und an manchen Stellen wird es konkret: „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die Ihn bitten“ (Lk. 11:13) oder: „Alles, um was Ihr in Meinem Namen bittet, werde Ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht wird. Wenn ihr Mich um etwas in Meinem Namen bittet, werde Ich es tun“ (Joh. 14:13-14) oder: „Wenn ihr in Mir bleibt und wenn Meine Wort in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten“ (Joh. 15:7) oder: „Bis jetzt habt ihr noch nichts in Meinem Namen erbeten. Bittet, und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen ist“ (16:24) oder: „An jenem Tag werdet ihr in Meinem Namen bitten, und Ich sage nicht, dass Ich den Vater für euch bitten werde; denn der Vater Selbst liebt euch, weil ihr Mich geliebt und weil ihr geglaubt habt, dass Ich von Gott ausgegangen bin“ (16:26-27).  

Diese „Zusatzklauseln“ (von mir im Text unterstrichen) verdeutlichen, worauf es ankommt: a) darauf, dass man mit Glauben und Zuversicht betet und b) darauf, dass das im Namen Jesu Christi Erbetene Gott zur Ehre gereichen soll.

Wenn wir uns Beispiele von Heiligen zu Gemüte führen, erkennen wir, dass Gott ihnen eine Prüfung und eine Versuchung nach der anderen schickt (s. Abraham, Moses, David u.v.m.). Der Herr will nicht, dass wir uns in dieser Welt sorglos zurücklehnen und sagen: „Ruh dich aus, iss und trink, und freue dich des Lebens!“ (Lk. 12:19b). Er will vielmehr , dass wir „ohne Unterlass“ zu Ihm beten (1 Thess. 5:17). Unablässig bitten können aber auch schlecht erzogene und unartige Kinder, störrische und sehr zielstrebige Frauen oder zudringliche Bittsteller, um ihren egoistischen Willen durchzusetzen. Also ist Beharrlichkeit im Gebet zwar notwendig und zielführend (s. Lk. 11:8; 18:1-8), aber keinesfalls eine conditio sine qua non. Gott will folglich, dass wir Ihm voll Zuversicht und Vertrauen unsere Anliegen vorbringen. Aber wenn wir den Priester um eine Fürbitte ersuchen, stehen wir nicht selten mutlos wie schon zur Strafe Verdammte daneben, glauben selbst nicht daran, das Gott uns helfen kann!!! Aber was ist das denn für ein Gebet?! - Hat der Herr die zwölf Jünger damals nicht auf den stürmischen See geschickt, um ihnen zur nächtlichen Stunde zur Hilfe zu kommen (s. Mt. 14:22-33; Mk. 6:45-52; Joh. 6:16-21)?!: „Spät am Abend war das Boot mitten auf dem See, Er aber war allein an Land. Und Er sah, wie sie sich beim Rudern abmühten, denn sie hatten Gegenwind. In der vierten Nachtwache ging Er auf dem See zu ihnen hin, wollte aber an ihnen vorübergehen“ (Mk. 6:47-48). - Gott empfindet kein Vergnügen dabei, uns „strampeln zu lassen“, will jedoch, dass wir zu unserem Heil lernen, uns immer wieder nur auf Seine Hilfe zu verlassen (s. Ps. 117:8-9; 145:3; Jer. 17:5-8).

Fazit: Mit Zuversicht beten bedeutet, dass wir immer daran denken, dass der Allmächtige Gott uns unendlich liebt. Wir wissen doch, dass Er uns jederzeit helfen kann und nur das Beste für uns will. Deshalb sollten wir uns zuvor vergewissern, ob wir Gott bislang in ausreichendem Maße treu gewesen sind und Ihn wirklich so lieben, wie ergebene Kinder ihre Eltern. Und ist dies tatsächlich gewährleistet, dann wird doch in den meisten Fällen unser Wille mit dem Willen Gottes korrespondieren: „Dein Wille ist auch mein Wille!“ (vgl. Mt. 6:10b). Dann wird Gott auch eher geneigt sein, unsere Gebete zu erhören – auch und vor allem auf die Fürbitten Seiner Allreinen Mutter. Amen.

Jahr:
2020
Orignalsprache:
Deutsch