Predigt zum zweiten Herrentag nach Ostern / Thomas-Sonntag (Apg. 5:12-20; Joh. 20:19-31) (09.05.2021)

Liebe Brüder und Schwestern, der heutige Tag ist in besonderer Weise ein „Fest des Glaubens“. Eine Woche nach der von mehreren Männern und Frauen bezeugten Auferstehung hört der zweifelnde Apostel Thomas die Worte des Herrn: „Weil du Mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“. Und der Evangelist Johannes schreibt weiter: „Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen Seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in Seinem Namen“ (Joh. 20:29-31). Wieder so ein Zitat, das, isoliert betrachtet, zur Bequemlichkeit verleiten könnte. „Du musst nur glauben, um gerettet zu werden“. Man könnte zur weiteren Bestätigung dieser populären These tatsächlich ein ganzes Heft mit ähnlichen Zitaten vollschreiben (s. z.B. Mk. 16:16 oder Briefe an die Römer und Galater). Im schulischen Religionsunterricht sagt die Lehrkraft (m/w/d) oftmals: „Es genügt, wenn man die zehn Gebote befolgt“. Wen wundert´s, dass diese These auch bei vielen Ostereier-Orthodoxen Anklang findet?! - Demnach reicht es schon, wenn man sich keine Götzenbilder neben die Ikonen im Kaffeeschrank stellt und kein rechtskräftig verurteilter Mörder oder Räuber ist. Mit den übrigen Geboten muss man es nicht so genau nehmen, denn aufmerksam beten ist schwer (III); an Sonn- und Feiertagen will man sich ausruhen (IV); die Eltern sind nun mal oft peinlich und altmodisch (V); die Frau darf mit ihrem Bauch sowieso machen, was sie will (VI); und was soll man denn tun, wenn der Ehepartner ein Vollidiot ist? (VII); manchmal nimmt man sich halt selbst, was einem zusteht, sonst würde es einem nie gegeben werden (VIII); na ja, und ein paar Unwahrheiten gehören sowieso zum Leben (IX); und schließlich kennen wir alle genug Leute, die es völlig unverdient zu Geld, Erfolg und Ansehen gebracht haben und noch dazu Glück in ihrem persönlichen Leben haben (X). Doch selbst wenn man diese Gebote gewissenhaft einzuhalten bemüht ist, würde das bedeuten, dass auch Juden und Moslems mit einer moralischen Lebensweise als rechtgläubig gelten müssten, da sie nur einen Gott anerkennen und keine Götzen anbeten. Das aber widerspricht dem Evangelium vollkommen. Der wahre Glaube an Jesus Christus, den Messias und Sohn Gottes (s.o. Joh. 20:31) bringt uns das ewige Leben. Ersteres ist mit dem heutigen Judentum unvereinbar, Letzteres mit dem Islam (s. Koran, Sure 4:171). Beides aber bekennt der nun gläubige Thomas (s. Joh. 20:28). Unser Glaube an Jesus Christus definiert sich am besten durch das Glaubensbekenntnis, das jeder orthodoxe Christ bei seiner Taufe angenommen hat. Wir bekennen hierin die heilbringende Gemeinschaft mit unserem Herrn Jesus Christus in der Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche, die sich wiederum im Mysterium der Eucharistie manifestiert: „Amen, amen, das sage Ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und Sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und Ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag“ (Joh. 6:53-54). Das ist der gelebte ursprüngliche Glaube (s. Apg. 2:41-42,46-47)! Wenn heutzutage in gewissen „christlichen“ Denominationen beim „Abendmahl“ nur Brot und Wein ausgeteilt werden, dann haben diese Gemeinschaften ein anderes Evangelium angenommen und sind dafür verflucht (s. Gal. 1:6-9). Diese Worte mögen heute vielleicht politisch inkorrekt sein, aber sie stammen nun mal aus der vom Heiligen Geist eingegebenen Heiligen Schrift (s. 2 Tim. 3:16). Wer sich davon gekränkt fühlt, muss das mit sich selbst und mit seinem Glauben und seinem Gewissen ausmachen. In der Kirche Christi leben wir den Glauben. Ein anderer Glaube hat vor Gott keinen Bestand (s. Jak. 2:14-26). Die Hohepriester und Schriftgelehrten sagten zwar, sie würden an Christus glauben, wenn Er vom Kreuz herabsteige (s. Mt. 27:42; Mk. 15:32), aber das an sich war schon widersinnig, da man nur an das glauben kann, was man nicht sieht (s. Hebr. 11:1; vgl. 2 Kor. 5:7). Zudem versuchten die Feinde des Herrn, als Seine Auferstehung objektiv nicht mehr zu leugnen war, diese Tatsache zu vertuschen (s. Mt. 28:11-15; vgl. Lk. 16:31). Der Apostel Thomas glaubte wenigstens, nachdem er den Auferstandenen sah und Dessen Wundmale betastete, weil er im reinen Herzen glauben wollte. Wir können Christus – „das Brot des Lebens“ (Joh. 6:35) – sogar kosten: „Kostet und seht, dass der Herr gut ist!“ (Ps. 33:9). Wir sehen den Auferstandenen zwar nicht wie der Apostel Thomas mit den leiblichen Augen, doch dafür macht jeder orthodoxe Christ durch die Einnahme des Himmlischen Brotes (s. Joh. 6:32-35;48-51) die lebendige Erfahrung mit seinen geistlichen Augen (s. Lk. 26:45). Wir feiern jetzt noch vierzig Tage lang die Auferstehung, feiern sie danach das ganze Jahr über zum Beginn einer neuen Woche, und singen jedes Mal: „Die Auferstehung Christi haben wir geschaut…“. Schauen können wir die Auferstehung des Herrn nicht anders als mit den Augen des Glaubens. Glauben muss man aber mit dem ganzen Herzen, und nicht zweifeln (s. Mk. 11:24; 16:14; Lk. 24:25,36-43; Joh. 20:27). Diesen Glauben bewahrt die Kirche seit zweitausend Jahren. Nur in ihr und durch sie können wir Teilhaber der ewigen Seligkeit werden, denn: „Selig sind, die nicht sehen, und doch glauben“ (Joh. 20:29). Um aber so standhaft zu glauben, bedarf es heute mehr denn je einer entsprechenden Lebensweise, damit Christus in uns Gestalt annimmt (s. Gal. 4:19), denn nur wenn Christus in uns lebt, haben wir das ewige Leben (s. Gal. 2:20). Amen.
Jahr:
2021
Orignalsprache:
Deutsch