Predigt zum dritten Herrentag nach Ostern / Hll. Myronträgerinnen (Apg. 6: 1-7; Mk. 15: 43 – 16: 8) (15.05.2016)

Liebe Brüder und Schwestern, 

 

heute feiern wir das ehrende Gedächtnis derer, die dem Herrn Jesus Christus auch unmittelbar nach der Gefangennahme, der Verurteilung und dem Kreuztod die Treue gehalten haben: die Myrrhe tragenden Frauen Maria Magdalena, Maria des Kleopas, Salome, Johanna, Martha und Maria, Susanna und andere, aber auch die beiden Ratsherren Joseph aus Arimathäa und Nikodemus. 

Wenn wir vor einer Woche anhand des Beispiels des zweifelnden Apostels Thomas noch darüber sprachen, dass bei manchen Menschen zwar die Bereitschaft zu glauben im Herzen vorhanden ist, sie aber noch zur vollen Sicherheit eines Beweises bedürfen, so sehen wir hier das rühmliche Gegenbild zu dieser Einstellung. Die Frauen um Maria Magdalena, der vermutlich eine vergleichbare Bedeutung unter den weiblichen Jüngern des Herrn zukam wie Petrus unter den männlichen, hatten fernab jeglicher Kopflastigkeit bereits den Glauben im Herzen. Als nämlich nach menschlichen Gesichtspunkten mit der Grablegung Christi alle Hoffnung begraben und die irdische Mission des Herrn kläglich gescheitert zu sein schien, hielten sie Ihm unentwegt die Treue. Keine Spur von Enttäuschung oder Ratlosigkeit (vgl. Lk. 24: 21). Es war Treue und Gehorsam, wie sie vorher Abraham an den Tag gelegt hatte: ihm wurden unzählige Nachkommen verheißen, doch nun sollte er seinen einzigen Sohn Gott zum Opfer bringen!? Der Verstand versagt – aber das Herz gehorcht. Ist das nicht jener „Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt“, der unsere Herzen und unsere Gedanken „in der Gemeinschaft mit Christus Jesus“ (Phil. 4: 7) bewahrt? - Noah baute eine Arche mitten auf trockenem Land, Hiob pries Gott im größten Elend, Joseph schien von allen vergessen im Kerker zu sein, Moses musste aus Ägypten nach Midian fliehen usw. Der Mensch fügt sich Gottes unergründlichem Ratschluss – und wird zum Werkzeug Gottes in dieser Welt. Ähnlich verhält es sich mit den vermeintlichen Widersprüchen der Schöpfungsgeschichte zu den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft, die uns mit ehrfürchtigem Schweigen anerkennen lassen, dass Gottes Handlungsweise für den menschlichen Verstand in keinerlei Weise zu begreifen ist. Menschen versuchen Gottes Wirken in einem Beziehungsgeflecht von Materie, Zeit und Raum zu verankern – aber Gott lässt sich nicht in diese beengten Schablonen pressen. Die Naturreligionen primitiver Völker, das Heidentum hochentwickelter Zivilisationen bis hin zu den noch heute existierenden exotischen Kulten – sie alle sind das Produkt einer menschlichen, von ethnisch-kulturellen Faktoren beeinflussten Vorstellungsweise von Gott, wofür die Paradiesvorstellung des Islam ein weiteres markantes Beispiel ist. Auch das Bild der Juden vom Reich des Messias war bis in die Anhängerschaft Christi selbst nach der Auferstehung des Herrn nicht viel weiter ausgeprägt (s. Apg. 1: 6). Dieses menschliche Denken muss aber überwunden werden, um an Christus als Gott glauben zu können: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh. 20: 28) – ist die Reaktion dessen, der diesen Glauben erlangt hat. Der wahre Glaube an Gott kann doch nur einer sein, der das menschliche Vorstellungsvermögen um das Unendliche übersteigt. Der ewige, unfassbare, anfanglose Gott, von einer Jungfrau in einem Viehstall geboren, Der Seinen Jüngern die Füße wäscht, einen schändlichen und qualvollen Tod erleidet und dann Seinen Jüngern mit Wundmalen am Leibe erscheint – das kann kein Gott sein, Den sich Menschen entsprechend ihrer Phantastereien ausgedacht haben! Genauso wenig kann die Lehre von der Trinität der Hypostasen und der Einheit der göttlichen Natur menschlichen Ursprungs sein. Auch die leibliche Auferstehung widersprach so sehr dem damals vorherrschenden Denken der Menschen (s. Apg. 17: 32), dass ein etwaiger (menschlicher) Religionsstifter gar nicht erst auf den Gedanken gekommen wäre, darauf seine Verkündigung aufbauen zu wollen. 

Glauben kann man also nicht bloß mit dem Kopf. Der Apostel Thomas forderte infolge des Unvermögens seines Verstandes zu glauben einen Beweis als „Vorschussleistung“. Die Myron tragenden Frauen aber glaubten bedingungslos, auch wenn sie genauso wenig eine rationale Antwort auf das auf Golgatha Geschehene hatten. Darin bestand der Unterschied.

 

Auch entwickelten Frauen zu Zeiten des militanten Atheismus in der Sowjetunion in der Regel eine größere Resistenz gegen die propagandistische Gehirnwäsche als Männer, und machten damals 95% des Kirchenvolks aus. Dass Frauen anders sind als Männer, ist nun wahrlich kein Geheimnis. Die Fähigkeit, auf die Stimme des Herzens zu hören ist bei ihnen stärker ausgebildet, wodurch sie eine ideale Ergänzung zu ihren Männern sein (s. Gen. 2: 18) und so ihrer wahren Berufung gerecht werden können, indem sie eine Art Korrektiv zur männlichen Tatkraft darstellen. Doch so wie beim Mann die Gefahr zum Missbrauch seiner physischen Stärke latent vorhanden ist, so besteht ein nicht unerhebliches Gefährdungspotential bei Frauen, ihre von Gott gegebene Intuition missbräuchlich zum eigenen Vorteil zu verwenden. Beide brauchen aber einander, nur dürfen sie ihre jeweiligen Stärken nicht gegeneinander ausspielen. Moderne Gesellschaftsmodelle jedoch, in denen Frauen dank ihrer Impulsivität zu dominantem Auftreten angestachelt werden, berücksichtigen die Verschiedenartigkeit der Geschlechter nicht in ausreichendem Maße. Als Folge davon geben Frauen ihre Weiblichkeit preis und Männer ihre Männlichkeit, und das ist widernatürlich. Wenn man auch nicht ein ganzes Regierungsviertel zur hosenanzugsfreien Zone erklären kann, gibt es wenigstens für uns Christen doch ein allzeit tragfähiges Gesellschaftsmodell in Gestalt der Kirche Christi, wo „alles in Anstand und in Ordnung geschehen“ (1. Kor. 14: 40) soll. Amen.

Jahr:
2016