Predigt zum Hochfest der Heiligen Dreiheit (Pfingsten) (Apg. 2: 1-11; Joh. 7: 37-52, 8: 12) (19.06.2016)

„Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Völker. Viele Nationen machen sich auf den Weg; sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns Seine Wege, auf Seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem Sein Wort. Er spricht Recht im Streit der Völker, Er weist viele Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg. Ihr vom Haus Jakob, kommt, wir wollen unsere Wege gehen im Licht des Herrn“ (Jes. 2: 2-5).

 

Liebe Brüder und Schwestern, 

 

das Königtum des Messias hat mit der Niedersendung des Heiligen Geistes Einzug in unsere Welt gehalten. Durch die Fülle der Gaben des Heiligen Geistes ist das von Christus, dem Erlöser, vollbrachte Werk der Errettung des Menschen  für uns zugänglich geworden. Durch die Gabe, Die uns der Vater verheißen hat (s. Lk. 24: 49), sind wir zu Teilhabern des Erlösungswerks Christi geworden. Die Hüterin dieser Gabenfülle ist die Kirche, in der wir Taufe und Myronsalbung, Vergebung der Sünden und Einswerdung mit Gott in Leib und Blut Christi, sowie die Gnade der übrigen Mysterien erlangen. Ohne die lebendige Mitgliedschaft in der Kirche bleibt der Mensch – auch wenn er aufrichtig glaubt und moralisch lebt – nur Zaungast bei Gottes wunderbaren Werken. Daraus wird ersichtlich, dass es kein Heil außerhalb der Kirche gibt. Und daraus ergibt sich der logische Schluss, dass es kein schlimmeres Übel gibt, als die Trennung vom Organismus der Kirche. Alle uns zur Genüge bekannten Totschlagargumente wie: „Es gibt ja eh´ nur einen Gott; da ist es egal, welcher Konfession oder Religion man angehört“ (vgl. dazu Jak. 2: 19) entbehren, wenn man nur zwei Trippelschritte weiterdenkt, absolut jeglicher logischer Grundlage. Und wenn man solchen Menschen gegenüber anhand der Heiligen Schrift und der Kirchengeschichte belegt, dass es nur eine Kirche geben kann, wie es nur einen Gott gibt, beenden sie die Diskussion und verbleiben weiter außerhalb der rettenden Gemeinschaft mit Christus. Oft kriegt man abschließend zu hören, dass es sie gar nicht interessiert, ob sie der richtigen Kirche angehören, denn für sie zähle nur, dass sie an Gott glauben und Ihn in ihrem Herzen haben. Übertragen auf weltliche Dinge müssten sie folgerichtig dann auch sagen, dass es sie wenig kümmern würde, wenn sie z.B. gefälschte Wertpapiere im Safe und Falschgeld in ihrer Brieftasche oder getürkte Personaldokumente hätten – Hauptsache, sie können damit viele ferne Länder bereisen und schöne teure Sachen kaufen...  Womöglich würden sie als Chefarzt einer Klinik gar einen Herzchirurgen mit erkauften Doktortitel einstellen? Und wie würden Kunstliebhaber in der ganzen Welt reagieren, wenn sich herausstellte, dass z.B. Leonardos „La Gioconda“ im Louvre nur eine erstklassige Kopie ist?... Umso mehr müssten wir doch wohl dafür Sorge tragen, dass wir es in Fragen der Kirche und unseres Seelenheils einzig und allein mit dem Original zu tun haben...

Die Quelle der Weisheit ist – für alle Gläubigen unstrittig – die Heilige Schrift. Was sagt sie zur Autorität der Kirche und wie legt sie die Grenzen der individuellen Selbstbestimmung fest? Nehmen wir folgende Passage aus der Evangeliumslesung zum morgigen Festtag des Heiligen Geistes: „Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, so nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Kirche. Hört er aber auch auf die Kirche nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner. Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden bindet werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt. 18: 15-18).

 

Dass sich jemand ganz ohne eigenes Verschulden außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft befinden kann, liegt auf der Hand. Gott wird ihn dafür ganz gewiss nicht richten. Allerdings wird jeder Mensch (so denke ich) mindestens ein Mal in seinem Leben mit der Wahrheit konfrontiert. Apollos in Korinth (s. Apg. 18: 24-28) und die zwölf Jünger in Ephesos (s. 19: 1-7) waren als treue Anhänger Christi zugleich glühende Verkündiger des Glaubens. Da sie aber noch nicht den Heiligen Geist, sondern nur die Taufe des Johannes empfangen hatten, waren sie auch nicht vollwertige Mitglieder der Gemeinschaft Christi gewesen, bis sie von Priszilla und Aquila bzw. von Paulus in der vollständigen Wahrheit unterwiesen wurden. Es gab ihrerseits folglich keinen Hochmut und keine Spur von starrköpfiger Besserwisserei, so dass sie sich belehren und die unvollständige Wahrheit durch die Fülle der im Heiligen Geist offenbarten Wahrheit vervollständigen ließen. Allerdings sollte hier auch hervorgehoben werden, dass sich die besagten mit Liebe und Respekt unterfütterten Belehrungen aus der Apostelgeschichte auf diametral entgegengesetzte Weise von den plumpen Bekehrungsversuchen unserer Zeit unterschieden, wenn Leute anderen die „Wahrheit“ vermitteln wollen, die sie selbst nicht haben (vgl. dazu Mt. 15: 12-14  u.  Röm. 2: 17-24). Nur Gott kann einen Menschen zum Heil führen. Wir aber, einzelne Glieder der apostolischen Kirche, können dabei Seine Werkzeuge sein oder zumindest, - was z.B. neu hinzugekommene Gottesdienstbesucher, die „gegen die Kleiderordnung verstoßen“ betrifft, - diesem Heilprozess nicht im Wege stehen. Amen.

Jahr:
2016
Orignalsprache:
Deutsch