Metropolit Peter u.a. Geschichte der russischen Kirche nach 1917

Metropolit Peter, mit weltlichem Namen Peter Feodoroviç Poljanskij, wurde 1863 im Gouvernement Voronez geboren. Seine Schulbildung erhielt er im Priesterseminar von Voroneœ, die höhere in der Geistlichen Akademie in Moskau, die er 1892 als Kandidat der Theologie absolvierte. Er verblieb hier als Assistent des Inspektors. Bald schrieb er eine Dissertation über das Thema "Über die Hirtenbriefe", wofür er den Titel eines Magisters der Theologie erhielt. Aus der Moskauer Akademie wurde er zum Inspektor der Geistlichen Lehranstalt in Œirovicy (Gouvernement Grodno) ernannt, und schließlich wurde er auf den Posten des Sekretärs des Unterrichtskomitees beim Heiligsten Synod berufen und nach einem Jahr zum außerplanmäßigen, wenig später zum planmäßigen Mitglied des Unterrichtskomitees. In der letzteren Stelle verblieb er bis zur Revolution und erfüllte die Aufgaben des Revisors der Geistlichen Lehranstalten.
Durch seine Reisen, die ihn buchstäblich durch ganz Rußland einschließlich des Kaukasus und Sibiriens führten, wurde Peter Feodorovic mit weitesten Kreisen der höheren Geistlichkeit und Professur bekannt.  Da er von Natur aus einen geselligen Charakter besaß, und zweifellos intelektuell äußerst begabt war, erfreute sich P.F.Poljanskij außerordentlicher Hochschätzung unter seinen weitgestreuten Bekannten. Und dank seiner  Charakterstärke, die mit angeborenem Takt gepaart war, übte er großen Einfluß auf das Erziehungs- und Schulwesen in Rußland aus. Nach der Revolution arbeitete Poljanskij bei dem Allrussischen Konzil von 1917-1918 mit. Der auf dem Konzil gewählte Patriarch Tichon wählte P.F. Poljanskij zu einem seiner engsten Mitarbeiter aus. 1920 schor Patriarch Tichon ihn zum Mönch und weihte ihn am 25. April zum Bischof, wobei er ihn zum Patriarchats-Vikar ernannte. In der Folge erhob er ihn zum Metropoliten von Kruticy.
Nach dem Vermächtnis des Patriarchen Tichon war der Metropolit Peter von Kruticy einer der drei Hierarchen, die die Aufgaben des Patriarchatsverwesers wahrnehmen sollten. Im weiteren gestalteten sich die Umstände dermaßen, daß keiner der ersten beiden Metropoliten die Möglichkeit hatte, das Amt der Patriarchatsverwesers zu übernehmen, sodaß der dritte der von Patriarch Tichon ernannten Kandidaten, Metropolit Peter von Kruticy, diese hohe und verantwortungsvolle Aufgabe übernahm. Dieser Moment war einerseits mit der Zerstörung der letzten Hoffnungen auf die Bildung einer "legalen" Patriarchatsverwaltung begleitet, um die sich der verstorbene Patriarch Tichon bemüht hatte, andererseits aber von der ständig wachsenden Aktivität der Erneuerer (eine Sekte, die sich der Unterstützung der sowjetischen Machthaber erfreute, die mit ihrer Hilfe die Kirche zu spalten suchten, Anm. d. Red.).
In der Zeit der Leitung der Kirche durch Metropolit Peter versuchten die durch den Tod von Patriarch Tichon beflügelten Erneuerer die Vereinigung mit der Orthodoxen Kirche zu erzwingen und führten energische Vorbereitungsarbeiten in dieser Richtung vor ihrem zweiten Konzil, das 1925 in Moskau einberufen werden sollte. Die sowjetischen Machthaber, die die Erneuerer kräftig unterstützten, versuchten auch in diesem Fall die örtlichen orthodoxen Bischöfe durch administrative Maßnahmen zur Vereinigung mit den Erneuerern zu bewegen: diejenigen, die sich widersetzten, wurden verhaftet und in Verbannung geschickt, Wankelmütigen wurden allerlei Erleichterungen gewährt, mit der Bedingung, zum Erneuerertum überzutreten. In einer Atmos-phäre wachsenden Drucks der Erneuerer und der sowjetischen Machthaber, unter ständigen Repressionen schienen in einzelnen Teilen Rußlands Wankelmut und Unsicherheit um sich zu greifen. Eine kräftige und furchtlose Führung wurde gebraucht. Und in diesem Moment veröffentlichte Metropolit Peter sein Sendschreiben an die Russische Kirche,  in dem scharf und deutlich die Position der Orthodoxen Kirche im Angesicht der kommenden Ereignisse umrissen wurde als eine Position des unbeugsamen Einstehens für die Wahrheit und der Ablehnung jeglicher Kompromisse sowohl mit den Erneuerern als auch mit den sie unterstützenden sowjetischen Machthabern.
Dieses Sendschreiben des  Metropoliten Peter stellte sofort den standhaften Geist der Kirche wie-der her und verurteilte die so lange und umsichtig geführte Vorbereitungsarbeit der Erneuerer und der Regierung zum völligen Fehlschlag, spielte aber gleichzeitig eine entscheidende Rolle im persönlichen Schicksal des Metropoliten. Als die sowjetischen Machthaber sich überzeugt hatten, daß die Orthodoxe Kirche in seiner Person einen unbestechlichen und furchtlosen Führer besaß, der genügend energisch und tapfer war, begannen sie, Mittel zu seiner Ausschaltung von der Leitung der Kirche zu suchen.
Mit diesem Ziel erschienen in den Zeitungen Artikel, die von verleumderischen Unterstellungen ge-gen  Metropolit Peter und seine angeblich konterrevolutionäre Tätigkeit strotzten. Dann veröffentlichte der berüchtigte Vvedenskij (Führer der Erneuerer, Anm.d. Red.) auf dem Pseudo-Konzil in Moskau ein vom GPU (sowj. Geheimdienst, Red.) fabriziertes, bewußt erlogenes Dokument, durch das angeblich die Verbindung von Metropolit Peter zum "Ausland" offengelegt wurde. Zu gleicher Zeit, angesichts der bereits für alle deutlichen Drohung der Inhaftierung, begann Tuçkov namens der Regierung, mit  Metropolit Peter Verhandlungen über die "Legalisierung" zu führen, d.h. die offizielle Anerkennung der Leitung der Orthodoxen Kirche, welche sie bisher nicht besaß - sie befand sich also in einer illegalen Lage .
Diese "Legalisierung" sollte die rechtlose Lage der Kirche erleichtern, forderte allerdings von  Metropolit Peter die Annahme einer Reihe von Bedingungen, wie z.B.: 1) die Veröffentlichung einer Erklärung bestimmten Inhalts, 2) die Entfernung von Bischöfen, die den Machthabern ungenehm waren, aus ihren leitenden Ämtern, d.h. ihren Ausschluß aus dem kirchlichen Leben, 3) Verurteilung der Bischöfe im Ausland und 4) im weiteren festgelegte Kontakte mit der Regierung durch die Person von Tuçkov. Dafür versprach man die offizielle Anerkennung der Kirchenleitung und die Sicherheit der Bischöfe, die zur Leitung von Diözesen unter Zustimmung der Machthaber einzusetzen waren. Indem die Machthaber dem  Metropoliten ihre Bedingungen zu einem Moment stellten, als ihm bereits persönlich unmittelbare Gefahr drohte, rechneten sie zweifellos damit, daß  Metropolit Peter unwillkürlich Zugeständnisse machen würde, um die Freiheit zu bewahren und sich die bevorstehenden Prüfungen zu ersparen.
Metropolit Peter mißachtete jedoch alle persönlichen Bedenken und lehnte die ihm nahegelegten Bedingungen entschieden ab, insbesondere lehnte er es ab, den von Tuçkov vorgelegten Text der Deklaration zu unterzeichnen.
Im Sommer 1925 wollte der Kommissar für Kirchenangelegenheiten Tuçkov eigenwillig den Metropoliten Agafangel zum Patriarchatsverweser machen, den Metropoliten Peter aber nach Jaroslavl' schicken. Der Patriarchatsverweser antwortete darauf: ich übergebe die Macht gerne dem Metropoliten Agafangel, da er vor mir Kandidat für dieses Amt ist, bleibe aber selbst Metropolit von Kruticy, da es der Staatsgewalt nicht zusteht, sich in rein kirchliche Angelegenheiten einzumischen. Dies war mit solcher Festigkeit gesagt, daß Tuçkov seine Absicht bis 1927 aufschob, als der Metropolit Sergij die innere Freiheit der Kirche der atheistischen Macht unterstellte, ihre Macht und Kompetenz in rein kirchlichen Angelegenheiten anerkannte.
Am 10. Dezember 1925 wurde nachts bei Metropolit Peter eine Haussuchung durchgeführt, selbst wurde er zunächst unter Hausarrest gestellt, zwei Tage später aber in das innere Gefängnis der Lubjanka überführt. Gleichzeitig mit ihm wurde eine Gruppe von Hierarchen, die in Moskau weilten und dem Metropoliten Peter nahestanden, verhaftet. Von ihnen meinte die GPU offensichtlich, daß sie die Ansichten des Metropoliten Peter teilten. Es waren die Erzbischöfe Nikolaj von Vladimir, Pachomij von Çernigov, Prokopij von Cherson, Gurij von Irkutsk, die Bischöfe Parfenij von Ananiev, Damaskin von Gluchov, Tichon von Gomel', Varsonofij von Kargopol' u.a.
Gemäß dem Testament, das Metropolit Peter hinterließ, sollte im Falle seiner Verhaftung als erster der Metropolit Sergij von Niœegorod die Leitung der Kirche als Vertreter des Patriarchatsverwesers übernehmen, danach Metropolit Michael, der Exarch der Ukraine, und schließlich Metropolit Josef von Petrograd (der sich in Rostov befand).
Zum Zeitpunkt der Verhaftung des Metropoliten Peter hatte die GPU jedoch bereits eine Gruppe von Bischöfen mit dem Erzbischof Grigorij von Ekaterinburg und Bischof Boris von Moœajsk an der Spitze vorbereitet, die eigenmächtig ähnlich der Lebendigen Kirche bei der Verhaftung des Patriarchen, so-fort nach der Verhaftung des  Metropoliten Peter eine Versammlung zuvor bestimmter Teilnehmer, nämlich von neun Bischöfen, die in Moskau weilten, einberief. Diese erklärten die Tätigkeit des  Metropoliten Peter für konterrevolutionär und bildeten angesichts seiner Verhaftung und des daraus folgenden Fehlens einer Kirchenleitung einen "Vorläufigen Obersten Kirchenrat" und rissen die Leitung der Kirche an sich. Erzbischof Grigorij und andere trafen sich mit dem  Metropoliten Peter in der GPU und überreichten ihm einen Bericht über die Lage der Kirche, in dem sie mitteilten, daß  Metropolit Sergij die Kirche nicht leiten konnte, Metropolit Michael und Metropolit Josef die Leitung abgelehnt hätten, und deshalb neue Anweisungen des  Metropoliten Peter vonnöten seien, um völlige Anarchie zu vermeiden.
 Metropolit Peter, der keinen Verdacht hinsichtlich des Verrates des Erzbischofs Grigorij hegte, da er seine frühere Standfestigkeit in der Orthodoxie kannte, schrieb sofort hier in der GPU am 1.2.1926 eine Resolution über die Übergabe der Kirchenleitung an ein Kollegium bestehend aus den Erzbischöfen Nikolaj von Vladimir, Dimitrij von Tomsk und Grigorij von Ekaterinburg. In diesem Moment saß Erzbischof Nikolaj in demselben GPU-Gefäng-nis, Erzbischof Dimitrij war in Tomsk und konnte nicht nach Moskau reisen. Erzbischof Grigorij, der all das wußte, schwieg und verließ mit der Resolution des  Metropoliten Peter das Gefängnis. Er hielt sich offensichtlich für den Herrn der Lage.  Metropolit Peter hatte seine Resolution jedoch nicht in kategorischer, sondern in bedingter Form verfaßt. Er ließ verstehen, daß sie nur unter bestimmten Bedingungen erfüllt werden sollte, und zwar unter der Bedingung, daß der Metropolit Sergij die Kirche nicht leiten konnte. Dies verlieh dem  Metropoliten Sergij und der gesamten Kirche die Möglichkeit, den Ver-rat und das eigenmächtige Unterfangen des Erzbischofs Grigorij und seiner Komplizen zu verwerfen. Da der Metropolit Peter bis zum Mai 1926 im inneren Gefängnis der GPU in Einzelhaft und damit völ-lig von der Welt abgeschirmt war, hatte er natürlich keine Vorstellung von der wirklichen Lage der Kir-che. Er erriet, daß wohl nicht alles in Ordnung sei, wenn Metropolit Sergij die Leitung der Kirche nicht übernehmen konnte, und Metropolit Michael und Erzbischof Joseph es ablehnten.
In jener Zeit war allen klar, daß auch dieser Versuch der GPU, eine neue Spaltung in die Kirche zu tragen, sie zu schwächen und im Fall des Erfolgs, sich den Obersten Kirchenrat untertan zu machen, nach dem Beispiel aller früheren derartigen Versuche scheitern würde. Um sich nicht von dem eingeschlagenen Weg loszusagen, ersann Tuçkov eine neue List: dem Metropoliten Agafangel wurde nach Ableistung seiner Haft im Gebiet von Narymsk die Rückkehr nach Jaroslavl' gestattet; doch auf dem Weg wurde er im Perm' aufgehalten. Dort traf er sich mit Tuçkov.
Dieser stellte die Lage der Kirche so dar, als sei sie der Katastrophe nahe. Ebenso stellte er den inneren Machtkampf der Obersten Kirchenleitung mit dem Metropoliten Sergij als einen Faktor dar, der der Regierung, die angeblich an der Legalisierung der Kirche interessiert sei, der Möglichkeit dazu beraube, und bat den Metropoliten Agafangel, durch seine Autorität und die ihm noch vom Patriarchen erteilten Vollmachten die inneren Angelegenheiten der Kirche in geordnete Bahnen zu lenken und mit der Regierung Verhandlungen zwecks der Anerkennung der Orthodoxen Kirchenleitung aufzunehmen. Metropolit Agafangel, der keine Vorstellung von der wahren Lage der Dinge hatte und der Darstellung Tuçkovs Glauben schenkte, veröffentlichte daraufhin sein berühmtes Permer Sendschreiben über die Übernahme der Kirchenleitung. Nachdem Tuçkov in dieser Art den Metropoliten Agafangel provoziert hatte, wollte er gleichzeitig auch den  Metropoliten Peter provozieren. Mit diesem Ziel zeigte er ihm das Sendschreiben des Metropoliten Agafangel und schlug ihm vor, diesem einen Brief zu schreiben, in dem er ihm das Amt des Patriarchatsverwesers übergeben sollte.  Metropolit Peter nutzte diese Gelegenheit und schrieb dem  Metropoliten Agafangel am 22. 5. eine Begrüßung zu seiner Rückkehr und übergab ihm freudig seine Rechte.  Metropolit Sergij trat jedoch mit dem  Metropoliten Agafangel in Briefwechsel, in welchem er letzterem die Fehlerhaftigkeit des Permer Sendschreibens darlegte, da  Metropolit Peter seine Vollmachten nicht abgelegt hatte und in der Person des  Metropoliten Sergij einen rechtmäßigen Stellvertreter besaß.
Am 12.6. 1926 widerrief  Metropolit Agafangel sein Permer Sendschreiben. Der einzige rechtmäßige Leiter der Kirche war  Metropolit Sergij, mit dem die sowjetischen Machthaber, die sich von der Fruchtlosigkeit ihrer Versuche, über die Oberste Kirchenleitung und den  Metropoliten Agafangel in der Kirche Anarchie zu provozieren, überzeugt hatten, ihre ein Jahr zuvor mit Metropolit Peter begonnenen Verhandlungen über die Legalisierung der Kirche fortsetzten.
 Metropolit Peter selbst wurde zu dieser Zeit heimlich aus Moskau gefahren und in der Festung des Christi-Euthymios-Klosters in Suzdal' in Einzelhaft gesetzt. Dort befand  er sich bis zum Spätherbst 1926.
Tuçkov bestand weiter darauf, daß Metropolit Sergij die Bedingungen annehme, die bereits 1925 dem  Metropoliten Peter gestellt wurden. Zur größeren "Überzeugungskraft" dieser Bedingungen verstärkte die GPU die Repressionen gegen den Episkopat in solchem Maße, daß in kaum einer Diözese noch Bischöfe waren. Als Metropolit Sergij verhaftet wurde, übernahm gemäß dem Vermächtnis des  Metropoliten Peter der ehrliche, reine, vom Volk geliebte Metropolit Josif von Petrograd , der sich in der Verbannung befand, die Leitung der Kir-che. Tatsächlich war es ihm nicht möglich, die Kir-che zu leiten, da er sich in der tiefsten Provinz des Gouvernements von Jaroslavl' befand und von dort nicht reisen konnte. Deshalb übergab er die Leitung drei Vertretern: Erbischof Kornilij, der verhaftet war, Erzbischof Thaddäus, der in Verbannung war, und Erzbischof Seraphim von Ugliç, der die Leitung tatsächlich wahrnahm.
 Gleichzeitig wurde der Metropolit Peter aus Suzdal' nach Moskau ins GPU-Gefängnis überführt, wo ihm Tuçkov vorschlug, die Stellvertreterschaft abzulegen. Metropolit Peter lehnte dies entschieden ab und ließ durch einen katholischen Priester, mit dem er die Zelle teilte, mitteilen, daß er "niemals und unter keinen Umständen seinen Dienst aufgeben und stets der Orthodoxen Kirche bis zu seinem Tode treu dienen wird".
Ende Dezember wurde Metopolit Peter über die Etappen der Gefängnisse von Vjatka, Perm', Ekaterinburg und Tjumen' in die Verbannung nach To-bol'sk geschickt. Am 1.1.27 bot sich dem Metropoliten Peter im Permer Gefängnis zum ersten Mal die Gelegenheit, von der tatsächlichen Lage der Kirche in Rußland  zu erfahren, über die Provokation des Erzbischofs Grigorij im Vorjahr, über die Verlautbarungen des Metropoliten Agafangel u.s.w. In dieser Situation verfaßte er ein Sendschreiben an die Kir-che, mit dem er all seine unfreiwilligen Fehler erklären wollte, die er aus dem Gefängnis heraus begangen hatte, und ebenso das kirchliche Leben in richtige Bahnen lenken wollte.
Am 21.1.1927 traf sich Metropolit Peter mit Erzbischof Grigorij im Gefängnis von Ekaterinburg, wonach es ihm gelang, sein Sendschreiben in die Freiheit zu übermitteln. Im November 1927 kam er in das Tobolsker Gefängnis, von wo er Anfang März in die Verbannung in das Dorf Abalatzkoje am Ufer des Irtysch,50 Werst über Tobol'sk geschickt wurde.
In dieser Zeit wurde der Erzbischof Seraphim von Ugliç in die Moskauer GPU gerufen, wo Tuçkov ihm die Annahme der bekannten Bedingungen zur "Legalisierung" vorschlug. Darauf antwortete Erzbischof Seraphim mit einer Absage, die er damit begründete, daß er sich ohne die in Haft befindlichen älteren Hierarchen nicht für befugt hält, grundlegende Fragen prinzipiellen Charakters zu entscheiden. Nach drei Tagen wurde Erzb. Seraphim aus der Haft entlassen, und am 20.3. gelangte Metropolit Sergij in die Freiheit. Ihm übergab Erzb. Seraphim die Geschäfte der Kirchenleitung. Die Tatsache der Entlassung von Metropolit Sergij in dem Moment, zu dem die Verfolgung der Kirche in ganz Rußland ständig anwuchs, rief sofort eine Reihe von Befürchtungen und Ängsten hervor.
In einer Atmosphäre wachsenden Mißtrauens erschien schließlich im Juni 1927 die berühmte Deklaration des Metropoliten Sergij. Metropolit Sergij kapitulierte vor der GPU, nahm die Bedingungen der "Legalisierung" an und begann, sie folgerichtig ins Leben umzusetzen. Die Zitadelle der Orthodoxie - der Patriarchenthron - war in den Händen der Feinde der Kirche. Kurz vor der Veröffentlichung der Deklaration des Metropoliten Sergij wurde der Metropolit Peter wieder verhaftet und ins Tobol'sker Gefängnis geworfen. Metropolit Peter verbrachte zwei Monate im Tobol'sker Gefängnis und wurde am Ob' entlang in das Winterlager Che geschickt, 200 Werst von Obdorsk, am Ufer der Bucht des Ob', in der Tundra. Dort war er, jeglicher Möglichkeit der Verbindung zur Außenwelt beraubt, ohne jede Hilfe, schwer krank, zum allmählichen Sterben verurteilt. Jemand beschrieb die Lage der Verbannten so: "Im August 1927 kam Metropolit Peter auf einem Schleppkahn, der von einem Dampfer der Ob'-Gesellschaft gezogen wurde, nach Che.Es gelang ihm, für zehn Rubel monatlich bei einer ortsansässigen alten Samojedin eine 2-Zimmer-Wohnung zu mieten. Für Essen und Wäsche mußte er nochmals zehn Rubel bezahlen. Zunächst fühlte sich der Metropolit nicht schlecht und sagte, daß er sich nach zwei Monaten Tobol'sker Gefängnis und zehn Ta-gen GPU in Obdorsk an der frischen Luft  ausruht. Er machte Spaziergänge in der Umgebung von Che, in der mit Sträuchern, kleinwüchsigen Birken bewachsenen Tundra, umgeben von Hügeln und kleinen Schluchten. Doch am Ende des Feiertags der Enthauptung des Hl. Johannes des Täufers hat-te er einen schweren Atemkrampf und Angina-An-fall, und von da an verließ er das Bett nicht mehr. Das völlige Fehlen medizinischer Hilfe und Arzneien zwang uns dazu, einen Ortsansässigen über 200 Werst auf einem Boot nach Obdorsk zu schicken, der den Obdorsker Feldscher mitbrachte. Er befand die Lage des Metropoliten Peter als ernst und riet, seine Überführung an einen anderen Ort zu beantragen, wo ein Krankenhaus war. Der Metropolit Peter richtete ein Gesuch an den Beauftragten der GPU von Obdorsk Ivanov, in dem er bat, Tuçkov telegraphisch die Bitte der Verlegung in den Süden zu übermitteln. Dieses Gesuch überreichte ich auf dem Weg aus der Verbannung in Obdorsk bei der GPU. Nach den Worten von Metropolit Peter erhielt er seit Juni 1927, d.h. seit seiner Haft im Tobol'sker Gefängnis, keinerlei Nachrichten, Geld oder Pakete aus Rußland, obwohl er wußte, daß solche für ihn in Tobol'sk eintrafen. Das Klima in Che ist feucht und kalt und sehr schädlich für die Gesundheit. Ein Schiff kommt einmal jährlich nach Che".
In einer solchen Lage, ständig krank, befand sich Metropolit Peter bis zum September 1928 in Che. Im November war seine Verbannung beendet. Alle Bitten an Tuçkov um eine Verlegung an einen Ort mit besserem Klima blieben ohne Erfolg. Im September wurde Metropolit Peter wieder in das Tobol'-sker Gefängnis überführt, wo sein Treffen mit Tuç-kov stattfand. Dieser schlug ihm vor, vom Amt des Stellvertreters des Patriarchen zurückzutreten, wo-für man ihm die Freiheit geben würde. Der Metropolit schlug dieses Ansinnen aus und wurde sofort nach Che zurückgeschickt und die Dauer seiner Verbannung um drei Jahre verlängert.
1930 lief die Zeit der Verbannung des Metropoliten Peter ab, und man konnte auf seine Rückkehr hoffen. Doch diese Hoffnungen bewahrheiteten sich nicht, da sich Metropolit Peter ablehnend gegenüber der Vereinbarung mit den Bolschewiken und den Zugeständnissen verhielt, auf die sich Metropolit Sergij eingelassen hatte. Dies brachte er in einem Brief an Metropolit Sergij zum Ausdruck, in dem der Satz stand:"Wenn Sie nicht die Kraft haben, die Kirche zu verteidigen, so treten Sie zurück und machen Sie einem Stärkeren Platz".
Der Inhalt dieses Briefes wurde bekannt, und die Bolschewiken setzten alles in Bewegung, um zu erfahren, wer den Inhalt des Briefes veröffentlicht hatte. Ihren Bemühungen war allerdings kein Erfolg beschieden.
Es gab eine Zeit, da die sowjetischen Agenten dem Metropoliten Sergij vorschlugen, den Metropoliten Peter aus der Haft zu entlassen, wenn sich nicht weniger als zehn Gemeinden dafür bürgen würden, daß er sich gegenüber der Sowjetmacht loyal verhalten würde. Die Kirchengemeinden mußten dies ablehnen, da die geforderte Bürgschaft in einer für sie und den Metropoliten Peter unannehmbaren Form verfaßt war. Dieses Angebot war ein neuer sowjetischer Trick, der wiederum zur Schließung einiger Gemeinden Anlaß geben konnte. Bei den ersten Schritten der Tätigkeit des Metropoliten Peter wür-den die Bolschewiken daran Anstoß nehmen, ihn wieder einsperren und zehn Gemeinden schließen.
Die sowjetischen Machthaber hatten dem Metropoliten Peter schon früher die Freilassung in Aussicht gestellt, unter der Bedingung, daß er alle Anweisungen des Metropoliten Sergij gutheißen wür-de. Doch er lehnte dieses Angebot kategorisch ab und zog es vor, sein Leben in der Verbannung zu fris-ten, in Entsagung, Hunger und Kälte, anstatt sich von seinem bischöflichen Gewissen loszusagen.
In Moskau erwarteten die Gläubigen die Rückkehr des Metropoliten Peter aus der Verbannung, deren 10-jährige Frist bereits am 27. November 1935 abgelaufen war. Er starb, muß man annehmen, im Dezember 1936, denn am 27. dieses Monats verlieh das Moskauer Patriarchat dem Metropoliten Sergij den Titel des "Patriarchatsverwesers", während er bis zu diesem Zeitpunkt als sein "Stellvertreter" bezeichnet wurde. Und erst 1937, zwei-drei Monate später, gab die Litauische Diözese, die der Patriarchie unterstand, den Erhalt der Benachrichtigung über den Tod des vormaligen Verwesers des Patriarchenthrones bekannt, ohne Angabe des Todesortes und -datums. Nach Gerüchten zu schließen, erfuhr der Metropolit Peter während der letzten Monate seines Lebens eine gewisse Erleichterung seines Loses. Vom Platz seiner entfernten Verbannung wurde er näher an Zentralrußland verlegt und hatte bei einem der geschlossenen Klöster eine Zelle und etwas Pflege, jedoch ohne das Recht, mit der Welt durch Briefwechsel oder persönliche Besuche Kontakt aufzunehmen. Hier verstarb er nach mehr als zehn Jahren Haft.
(Aus: M. Pol'skij, Novye Muçeniki Rossijskie)