Osterpredigten (Apg 1, 1-8. Joh 1, 1-17)
Bote 1998-3
Predigt von S.E. Erzbischof Mark
gehalten in der Kathedralkirche zu München am Ostersonntag 1998 beim Abendgottesdienst
Christus ist auferstanden!
Liebe Brüder und Schwestern!
Die Freunde waren geflohen, die Nachfolger verbargen sich. Die Feinde aber schlafen nicht. Die Feinde stellten eine Wache auf.
Nikodemos und Joseph, die ihren Lehrer mit Eifer und Liebe begraben hatten, benutzten eine solche Menge von Aloe und Myrrhe (Jo. 19, 39), daß daraus ersichtlich ist – sie begruben Ihn für immer. Sie umwickelten Ihn mit einem Leintuch und legten auf das Haupt ein Schweißtuch. Die furchtlosen myrontragenden Frauen wollten dem Leib des Heilands eine solche Ehre darbringen, die keinesfalls einem Körper geziemte, der in Bälde auferstehen sollte. Und der Engel spricht vorwurfsvoll zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden unter den Toten?… erinnert euch, wie Er euch noch in Galiläa sagte (Lk. 24, 6). Die heiligen Apostel waren weit vom lebenspendenden Grab entfernt und bedurften, wie wir soeben hörten, der zweifachen Erscheinung des Herrn, des Anhauchens, das mit dem Äußern der geisttragenden Worte verbunden war: Friede mit euch aus dem eigenen Mund des Auferstandenen, um im Glauben gefestigt zu werden.
Sie alle vergaßen oder mißachteten die Vorhersagen des Heilands Selbst, und die Nachricht von Seiner Auferstehung wäre verborgen geblieben, hätte sie nur von Seinen Nachfolgern abgehangen. Doch die Weisheit Gottes richtete es anders ein. Christi Feinde ergänzten den Mangel, den Seine Jünger aus Schwäche offenließen. Seine Feinde kümmerten sich um die Verbreitung der wunderbaren Nachricht von der wunderbaren Auferstehung, indem sie Pilatus um die Versiegelung des Grabes baten. Soldaten bewachten Den, vor Dem die ganze Hölle zitterte. Sie waren die einzigen Zeugen der Auferstehung, denn diese geschah früh morgens, als es noch dunkel war (Jo. 20, 1). Während das ganze Jerusalem und die Apostel ebenso schliefen, waren nur die wachenden Soldaten bei dem Ereignis zugegen, welches im Evangelium mit den Worten beschrieben wird: es war ein großes Beben (Mt. 28, 2). Beim Tod Christi klagte ein solches Beben ganz Jerusalem an, seinen Unglauben, seine Widerspenstigkeit gegen Gott. Jetzt erschütterte ein großes Beben die gesamte Natur. Sie konnte nicht ruhig bleiben, denn aus dem Inneren der Erde kam der Erstgeborene von den Toten (Kol. 1, 18) hervor, der den Tod besiegt hatte, seine Macht über das Menschengeschlecht.
Die Erde mußte erzittern, denn dieser Moment bezeichnete ein neues Wunder: der Sieg über die Hölle ermöglichte eine neue Vereinigung von Seele und Leib. In der Menschheit war die natürliche Einheit von Seele und Leib durch die Sünde Adams zerrissen. Der Neue Adam aber – Jesus Christus – überwand die Feindschaft zwischen ihnen und schenkte neues Leben, ewiges Leben in der Einigung des ganzen, erneuerten, belebten, begnadeten Menschen.
Der Auferstandene Christus führte uns mit Sich auf die Höhen des himmlischen Lichts. Die Sonne der Wahrheit erleuchtete die verfinsterte Menschheit. Der Lichtspender trat aus der Finsternis des Grabes und führte den Menschen aus dem Dunkel der Sünde zum Licht der Gottheit.
Durch die Auferstehung Christi ist die Harmonie wiederhergestellt, der Einklang, die Übereinstimmung von Leib und Seele, Verstand und Geist, Gott und Mensch, Himmel und Erde.
Himmel und Erde mögen frohlocken – Christus ist von den Toten erstanden. Amen.
Bote 1998-3
Predigt von S.E. Erzbischof Mark
gehalten in der Kathedralkirche zu München am Ostermontag 1998
Christus ist auferstanden!
Liebe Brüder und Schwestern!
Aus dem heiligen Evangelium ist uns bekannt, wie die Engel den Myronträgerinnen erschienen. Von dem einen Engel steht geschrieben, daß er in weißen Gewändern, weiß wie Schnee, erschien. Von anderen heißt es, sie waren in Gewändern, die leuchteten. Und wenn also Engel, Diener des Himmels, solcher Gewänder bedurften, dann steht das umso mehr uns zu, den Dienern des Altars, die nicht allein verkünden von der Auferstehung Christi, sondern auch berufen sind, auf diese Erde die Gnade Gottes hinabzurufen, Leib und Blut Christi zu verteilen.
Schon im Alten Testament setzte der Herr das Priestertum ein. Und durch den Propheten Moses gebot Er nicht nur die genaue Ordnung des Gottesdienstes, sondern Er ordnete auch sämtliche Einzelheiten der priesterlichen Gewänder an. Im Neuen Testament setzte der Herr keine neue Regel darüber ein, zumal man Ihn Selbst der Kleidung beraubt hatte, um sie unter denen aufzuteilen, die Ihn gekreuzigt hatten. Doch angesichts des Herrn als unseres Hohenpriesters beschreibt der Heilige Mystagoge Johannes Diesen gekleidet in langer Kleidung mit goldenem Gürtel. Und deshalb sind auch wir an diesem größten aller Feste gekleidet in neue Kleidung, genäht oder erneuert von den Myrrenträgerinnen unserer Gemeinde, mit der Kirchenältesten an der Spitze.
Die Kirche schmückt ihre Diener, aber dies ist allein ein äußeres Zeichen. Nicht allein Priester, Diakone und Altardiener sind zum Dienst in der Kirche berufen, nein, der Herr beruft jeden Christen zum priesterlichen Dienst. So sind auch wir alle gekleidet in weiße Gewänder, angefangen mit dem Taufbecken sind wir weiß gekleidet, denn “die, die in Christus getauft sind, haben sich in Christus gekleidet”. Diese Kleidung ist unvergleichlich mit allen anderen Dingen, und sie bedarf ständiger Pflege und Aufmerksamkeit. Wenn es jemandem nicht gelungen ist, sein inneres Gewand in der ursprünglichen Reinheit zu bewahren, so schenkt uns der Herr durch die Buße und unseren Glauben die Möglichkeit, sie im Blute des Lammes wieder weiß zu machen. Und Er verheißt uns, daß jene, die den Sieg im geistigen Kampfe davontragen werden, in neuer Kleidung erscheinen werden, und Er wird für diese, in weiße Kleidung Gekleideten vor Seinem Vater beten. Daher ruft uns der Heilige Apostel Johannes dazu auf, die Reinheit unserer Gewänder zu wahren, um nicht bloß zu wandeln, bloßgestellt und nackt, denn allein in dieser Reinheit werden wir der hohepriesterlichen Gebete des Herrn vor dem Vater würdig sein.
Wir treten heute, liebe Brüder und Schwestern, aus der Kirche und gehen mit einer Kreuzprozession um die Kirche und denken daran, daß wir nur hier unsere Gewänder reinwaschen können, im Blute des Lammes. Deshalb ist dies der Mittelpunkt unseres Lebens, unserer Läuterung, unseres Wachsens auf dem Wege des Herrn. Amen.
Bote 1998-4
Predigt von S.E. Erzbischof Mark
gehalten in der Kathedralkirche zu München am Ostermontag 1998
Ich muß die Werke dessen wirken, Der Mich gesandt hat, solange es ´Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann: Solange Ich bin in der Welt, bin Ich das Licht der Welt (Jo. 9, 4-5). Der Blindgeborene war des Lichtes beraubt. Viele berauben sich selbst des Lichtes dadurch, daß sie den Herrn nicht bewußt und mit Selbstüberwindung suchen.
Der Herr Selbst ist das Licht – Er erleuchtet die Seele, vertreibt die Finsternis des Unglaubens und der Ignoranz, erleuchtet den Geist, damit dieser unaussprechliche Geheimnisse begreifen kann.
Das Gebet lädt das Licht in das Haus der Seele. Als die Gefangenen im Gefängnis saßen, brachte das Gebet ihnen das Licht der Befreiung von den Fesseln: Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott… alsbald wurden alle Türen aufgetan und die Fesseln aller gelöst (Apg. 16, 25). Durch das Gebet bewirkten sie sowohl die eigene Befreiung, als auch der des Gefängniswärters, der von der Kraft ihres Gebets überzeugt wurde und deshalb von ihnen die Taufe annahm. So wurde er geistlich sehend.
Nur ein Mensch reinen Herzens hat auch ein reines Auge, nur er ist einfach und kann deshalb Gottes Geheimisse schauen. Von solchen ist gesagt: Ich preise Dich, Vater und Herr des Himmels und der Erde, weil Du solches Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart (Mt. 11, 25).
Der Grund des Unwissens und der Unfähigkeit zu sehen liegt nicht in Gott, sondern im Menschen, der sich für weise und klug hält, d.h. von Stolz erfüllt ist.
Lauterkeit und Reinheit des Herzens hängt mit der Leuchte des Körpers, dem Auge, zusammen. Das Auge ist des Leibes Leuchte, Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein (Mt. 6, 22). Als Leib wird hier die Seele bezeichnet, als Auge – der Geist (Nilus Sinaiticus). Wenn der Geist als seelisches Auge Erhabenes im Sinne führt und nach himmlischen Höhen strebt, so ist verbreitet sein Blickwinkel sein Licht stark auf die gesamte Ordnung der Dinge (Nilus Sin.). Mit solchen Worten ruft uns der Herr dazu auf, unseren Geist vom Irdischen zu befreien, von der groben Materie, von leidenschaftlichen Neigungen. Jegliche weltlich-irdische Sorge führt zur Erregung und Verfinsterung der Seele. Dunkel fällt auf duie Seele selbst dann, wenn wir die Worte des Heilands nur in ihrer äußeren Schale aufnehmen, nicht aber dem inneren Sinn entsprechend. Dies geschieht besonders dann, wenn man den Versuch unternimmt, das Christentum zur Religion herabzunivellieren: dieses Volk … naht sich Mir mit seinem Munde und ehrt Mich mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist fern von Mir und sie ehren Mich vergebens (Jes 29, 13).
Vor stolzen Weisen und äußerlich klügelnden Stolzen hat der Herr die wertvollen Geheimnisse Seines Reiches verborgen, weshalb der heilige Apostel spricht: wie sie sich nicht bemühten, Gott zu erkennen, so hat sie auch Gott dahingegeben in verworfenen Sinn (Röm 1, 28). Zu solchen wird der Herr am Tag des Gerichts sprechen: Ich kenne euch nicht (Lk 13, 27), denn mit Worten verehrt ihr die Frömmigkeit, in der Tat aber verfahrt ihr böse.
Der Blindgeborene wurde leiblich schauend, der Gefängniswärter – geistlich, den Aposteln aber sagte der Herr ihr seid das Licht der Welt (Mt. 5, 14). Er Selbst machte sie zu Licht und gebot, daß die ganze Welt durch sie erleuchtet werde: Man zündet auch ein Licht nicht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So soll euer Licht leuchten vor den Menschen (Mt. 5, 15–16). Die Apostel selbst wurden zu Licht und dienten den Gläubigen als Licht, nachdem sie ihre Herzen mit dem Licht des Geistes erleuchtet hatten, von dem sie selbst erleuchtet waren (Hl. Makarios d.Gr.).
Die Aufnahme des Geistes darf man nicht auf künftige Zeiten aufschieben. Der Mensch bedarf Seiner hier und jetzt. Unser Gebet muß darauf abzielen, daß wir Ihn empfangen dürfen, weil Er das Leben der Seele ist. Der Herr kam in unsere Welt, um uns alle, die wir blindgeboren sind, zu heilen, unsere Seelen am Leben Seines Geistes teilhaben zu lassen: Solange ihr das Licht habt, glaubet an das Licht (Jo. 12, 36); es kommt die Nacht, da niemand wirken kann (9, 4), nach Beendigung unseres Lebensweges auf dieser Erde können wir unseren Weg schon nicht mehr ändern.
Wahrlich, wahrlich Ich sage euch: wer den aufnimmt, den Ich senden werde, der nimmt Mich auf; wer aber Mich aufnimmt, der nimmt den auf Der Mich gesandt hat (Jo. 13, 20). Daher nimmt derjenige, der das Gebot aufnimmt und es erfüllt geheimnisvoll die Heiige Dreieinigkeit auf.
Amen.