Lk 8,27-39_Gal 5,22-6,2 (20.10.2019_5.Lukassonntag)

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

das heutige Evangelium (Lk 8,27-39) und die heutige Epistel (Gal 5,22-6,2) führen uns an diesem Sonntag vor Augen, was es bedeutet im Herzen sanftmütig zu sein, aber dennoch – oder gerade deswegen – dem Bösen keinen Raum zu geben. So steht die heutige Predigt unter dem Worten aus der Epistel: „Liebe Brüder, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest.“ (6,1)

  1. In Sanftmut helfen, ohne selbst dabei zu fallen – ein Beispiel Jesu

So ist an uns die Aufgabe gestellt einander zu helfen, wenn sich jemand außerhalb der Gemeinschaft mit Gott stellt. Doch wie können wir einem anderen helfen, ohne dabei selbst im Herzen anzufangen schlechte Gedanken zu haben und dabei selbst in Versuchung zu fallen?

Jesus Christus gibt uns im Evangelium dazu ein Beispiel. Er war mit seinen Jüngern auf einem Boot unterwegs und legte in der Gegend der Gerasener an. (V.26) Und als Jesus an Land trat, begegnete Ihm ein Mann, welcher von vielen bösen Geistern besessen war. (V.27) Diese Begegnung kann exemplarisch als Beispiel und Messlatte für unseren Umgang mit den Verfehlungen anderer gelten. Denn nicht irgendeiner stellte sich gegen die bösen Geister in diesem Mann. In dieser Begegnung treffen der leidenschaftslose und die Begierden dem Geiste unterworfene Christus dem von Leidenschaften und Begierden gefesselten Menschen gegenüber. In dieser Begegnung tritt der Sanftmütige und Reine in den Lebensbereich des durch die Unreinheit wild und aggressiv Gewordenen. (V.29b) Der aus der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Heiligen Geist Kommende tritt dem in die Einsamkeit Getriebenen gegenüber. (V.29b) Der wahrhaftig Gute prallte auf das Böse und überwindet es, indem er ihm standhält und keinen Raum gibt. Der Mensch gewordene Gott sah den in Leidenschaften gefangenen Menschen und befahl dem unreinen Geist ihn frei zu lassen und auszufahren. (V.29a)

  1. Jesu Christi Person als Voraussetzung für seinen Umgang mit dem Besessenen

Bei diesem Beispiel liegt die Messlatte sehr hoch. Denn sowohl Jesus Christus als Person sowie sein Umgang mit dem Menschen sind bedeutsam dafür, ob wir selbst einem anderem helfen können aus einer Sünde herauszukommen.

Denn so war Jesus Christus als Sohn Gottes selbst rein, frei von den Leidenschaften und Begierden, in voller Gemeinschaft mit Gott und somit nicht angreifbar für den bösen Geist. Erst auf dieser Grundlage konnte er dem Bösen standhalten und ihm widerstehen.

Und auf dieser Grundlage wird Jesu Handeln bedeutsam. So ignorierte Jesus diesen Menschen nicht, als er ihm entgegenkam. Auch trat er nicht mit ihm in Gemeinschaft, um an seinen Sünden teilzuhaben. Vielmehr erkannte er das Problem und verurteilt das, was den Menschen besaß, ohne dabei aufzuhören den Menschen zu lieben.

Diese Klarheit, Sanftmut und selbstlose Liebe Jesu zeigt sich vor allem darin, dass Jesus keinen Dank oder Applaus von den Umstehenden erwartete. Denn als die Leute aus der Stadt und den umliegenden Dörfern herbeikamen und Christus darum baten die Gegend wieder zu verlassen (V.37), behält er seinen sanftmütigen und liebevollen Geist und befiehlt dem geheilten Mann in gerade dieser Gegend zu bleiben und das Wunder Gottes zu verkündigen. (V.39)

  1. Unser Weg zur sanftmütigen Hilfe ohne dabei selbst zu fallen

Wie können wir also jemandem helfen, der aus der Gemeinschaft mit Gott getreten ist, ohne dabei selbst in Versuchung des Eigenruhms, des Verurteilens oder des Neides zu fallen?

Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Zum Einen wird uns niemand jemals die Möglichkeit nehmen können für einen anderen Menschen zu beten und ihm dadurch eine Hilfe zu sein.

Zum Anderen gibt uns Christus in seiner Person ein Beispiel, wie wir sein müssen, um jemandem zu helfen zu können und dabei selbst nicht zu fallen. Christus selbst lebte sein Leben in der Entsagung seiner Leidenschaften und Begierden und ordnete seinen menschlichen Willen bis zum Kreuz dem Willen Gottes unter. Und gerade deshalb schreibt auch der hl. Paulus in der Epistel: „Die aber Christus Jesus angehören, die haben ihr Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und Begierden.“ (5,24) Erst auf diesem Wege, wenn wir die Freiheit unseres Glaubens nicht dazu benutzen, um unserem fleischlichen Willen Raum zu geben (vgl. Gal 5,13), können wir unseren Nächsten so lieben, dass wir ihn auch in einem sanftmütigen Geiste auf den richtigen Weg zurückführen können.

Wenn wir jedoch merken, dass wir keinen sanftmütigen Geist behalten können, während sich der andere versündigt – weil dies vielleicht sogar uns betrifft – dann ist es besser zu schweigen und zu beten – für uns selbst und den anderen.

So möge der Heilige Geist in uns die Frucht der Liebe, Geduld und Sanftmut (vgl. 5,22-23) aufgehen lassen, auf dass wir fähig werden mit sanftmütigem Geist einander zu helfen und dabei selbst nicht in Versuchung fallen. Amin.