Predigt zum 23. Herrentag nach Pfingsten (Eph. 2:4-10; Lk. 8:26-39) (28.11.2021)

Liebe Brüder und Schwestern, erneut begegnen wir in der heutigen Lesung dem besessenen Mann aus Gergesa im Lande der Gadarener am östlichen Ufer des Sees Genezareth und lesen davon, wie der Herr Jesus Christus aus diesem Menschen eine ganze Legion von Dämonen austreibt. Die Evangelisten beschreiben diesen von Dämonen besessenen Mann – bei Matthäus ist von zwei Besessenen die Rede, bei Markus ebenfalls nur von einem (vgl. Mt. 8:28; Mk. 5:2-5) – als eine schreckliche Bedrohung für die Bevölkerung. Der nachfolgende Dialog der unreinen Geister mit ihrem Herrn und Gebieter verdeutlicht, dass Dämonen in dieser Welt keine substanzielle Macht besitzen. Alle Macht der Welt ist in den Händen des Herrn Jesus Christus – sowohl im Himmel als auch auf Erden (s. Mt. 28:18). Er hat Seine Getreuen jedoch bewusst „wie Schafe mitten unter die Wölfe“ (Mt.10:16) gesandt, um „den listigen Anschlägen des Teufels“ zu widerstehen, denn wir haben „nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs“ (Eph. 6:11-12). Aber: „Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?“ (Röm. 8:10). Trotzdem befinden sich noch unzählige getaufte Menschen „unter der Herrschaft jenes Geistes, der im Bereich der Lüfte regiert und jetzt noch in den Ungehorsamen wirksam ist“ (Eph. 2:2). Wir sind zwar „aus Gnade (…) durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt“ (s. Eph. 2:8), aber was ist, wenn die Taufe lediglich als magischer Akt, - als Glück, Gesundheit und Erfolg bringendes Ritual aufgefasst wurde, dem im Nachhinein keine guten Werke folgten, „die Gott für uns im voraus bereitet hat“ (Eph. 2:10)? Woher soll die Gnade denn kommen, wenn kein (wirklicher) Glaube vorhanden ist?!.. Solche Leute fahren weite Stecken zu Wahrsagern und Heilern, zahlen ihnen viel Geld, anstatt in der Kirche (ganz in der nähe und kostenfrei) die heiligen und lebendig machenden Mysterien Christi zu empfangen. Es besteht für sie kein wesentlicher Unterschied zwischen Taufe und Hokuspokus, zwischen Eucharistie und schwarzer Magie. Furchtbar! Was hat sich seit dem Wirken Jesu Christi auf Erden geändert? Damals kannten die Menschen Gottes Gesetz – und achteten es nicht (Schweinezucht war vom Gesetz Mose verboten). Sie hatten keinen Zweifel am dämonischen Ursprung jeglicher Besessenheit, wohl war ihnen auch die Ursache dafür bekannt, – nur ihr Leben ändern wollten sie nicht. Und so baten sie den Herrn Jesus Christus, ihren einzigen Heilsbringer, ihr Gebiet wieder zu verlassen… Heute ist dämonische Besessenheit aus dem Sprachgebrauch verbannt, – und das, obwohl psychische Erkrankungen überhandnehmen, weil die Menschen sich vollkommen von Gott losgesagt haben. In der ehemaligen Sowjetunion nimmt ein Bruchteil der getauften Bevölkerung regelmäßig am kirchlichen Leben teil. Die Leute wollen nicht von ihren liebgewonnenen säkularen Gewohnheiten ablassen (noch so ein euphemistischer Ersatzbegriff für Sünde), und die Feindschaft gegenüber der Kirche nimmt stetig zu. Natürlich hat die Geistlichkeit ihre Schwächen, gibt es unfreundliche Menschen in den Kirchen, aber alles in allem ist es die Kirche, die zur Wiederauferstehung der Seele des Volkes beiträgt. Dazu erhebt sie mahnend ihre Stimme – wofür ihr von allen Seiten Hass entgegenschlägt. Wofür? - Dafür, dass sie sich als einzige Kraft der dämonischen Macht, die trotz allem nichtig ist, widersetzt. Als vor gut einem Jahr die Hagia Sophia wieder zur Moschee umfunktioniert wurde, sprach schon am nächsten Tag kein Mensch mehr davon in den Medien, während seinerzeit wegen „Pussy Riot“ noch ein ganzes Jahr danach ein Riesen-Hype veranstaltet wurde. Damals hatte eine barbusige Aktivistin als „Rache“ für die Festnahme der „Künstlerinnen“ vor laufender Kamera mit einer Motorsäge in Kiew ein Holzkreuz zu Fall gebracht. Inzwischen hat sich die arme Frau das Leben genommen. Freundschaft mit dem Bösen wirkt sich niemals positiv aus! Aber wen wird das vor weiteren sinnlosen Taten abhalten?.. Wir Orthodoxe im aufgeklärten Westen dürfen uns als bunte Arabeske am völlig unkonkreten und sinnentleerten ökumenischen Blablaba beteiligen, doch sobald wir Klartext reden, wendet man uns den Rücken zu. Dabei haben es die fortschrittlichen Länder bitter nötig, dass auch bei ihnen das Licht Christi aufgeht. Das führende Land der Welt ist gespalten in zwei Lager: die einen kämpfen dafür, auf der Straße mit einem Gewehr spazieren gehen zu dürfen, die anderen sind sich in öffentlichen Plätzen nicht mehr ganz sicher, welche Toilette sie benutzen sollen… Na ja, und ein paar Normale gibt es da auch noch, Gott sei Dank! Aber das ist die Welt, in der unsere Kinder aufwachsen! Mit soundsoviel Geschlechtern, mit allen möglichen „Rechten“, die jegliche staatliche und gesellschaftliche Ordnung schrittweise aushöhlen. Was soll denn noch kommen, damit ihr begreift, dass ihr euch unter der Macht der Dämonen befindet?!.. Wir haben – Gott sei Dank – noch die Kirche Christi. Sie wird ständig durch äußere und innere Feinde bedroht, wird aber durch die o.g. Mächte der Unterwelt nicht überwältigt werden (s. Mt. 16:18). Die Kirche, – das sind wir! Sie ist das Reich Gottes auf Erden. Wenn wir wollen, dass die Kirche uns Schutz bietet, müssen auch wir etwas dafür tun, und nicht nur vor der Tür stehen, wenn Not am Mann ist. Wir alle sind „der Leib Christi, und jeder einzelne ist ein Glied an Ihm“ (1 Kor. 12:27). Lebendige Glieder (s. Eph. 4:12-13)! Was aber passiert, wenn ein Glied am Leib abstirbt, d.h. nichts zum Funktionieren des Leibes beiträgt? Dann wäre es besser, es hätte niemals dem Leib angehört (s. Joh. 15:4-6; 2 Petr. 2:21). Dann bleibt nur das Mittel der Amputation. Amen.
Jahr:
2021
Orignalsprache:
Deutsch