Predigt zum Herrentag vor Theophanie (2 Tim. 4:5-8; Mk. 1:1-8) (16.01.2022)

Liebe Brüder und Schwestern, am Herrentag vor dem nächsten großartigen Fest lesen wir den Prolog des Evangeliums nach Markus. Gleich zu Anfang vernehmen wir aus der Prophezeiung des Jesaja: „Ich sende Meinen Boten vor Dir her; Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet Ihm die Straßen!“ (Mk. 1:2-3; vgl. Jes. 40:3). Diese Worte erfüllen sich jetzt in der Aussendung Johannes des Vorläufers. Er war ein Prophet, weil ihm Gott Seinen Willen offenbarte und ihn sein ganzes Leben von Kindheit an leitete, bis er die Ankunft des Messias verkündigte; Er war der Täufer Christi, von Gott auserkoren, den Mensch gewordenen Gott im Jordan zu taufen; und er war der Vorläufer des Herrn, dessen Mission darin bestand, dem Herrn den Weg zu bereiten und Ihm die Straßen zu ebnen. Aber woraus bestand denn diese Vorbereitung? Er lebte inmitten der Wüste, die ein allegorisches Ebenbild der im Herzen verdorrten Menschheit ist, die es im Bad der Taufe wieder mit göttlicher Gnade zu besprengen galt. Doch zuvor musste sich die Menschheit durch Umkehr auf diese Wiederbelebung vorbereiten. Das Echo auf die Predigt des Vorläufers Christi war enorm, aber nicht alle kamen aus reinem Herzen: vor allem die von der eigenen Rechtschaffenheit überzeugten Pharisäer und Sadduzäer bekamen einiges vom Täufer zu hören (s. Mt. 3:7-10). So wurde Johannes, der kein Blatt vor den Mund nahm, auch in Bezug auf die Verfolgung durch die geistliche Elite zum Vorläufer Christi. Den aufrichtig Büßenden, die zu ihm kamen, zeigte Johannes aber einfache Wege, wie sie sich in den für sie maßgeblichen Lebensumständen zu verhalten haben (s. Lk. 3:10-14). Radikale Umkehr im Herzen – ja, völliges Umkrempeln der äußeren Lebensweise – nein. Der Zweck seiner Mission bestand also darin, die Herzen der Menschen zu aufrichtiger Umkehr zu bewegen und sie so auf das Kommen des Messias vorzubereiten. So erwartet Gott von uns die maximale innere Hinwendung zu Ihm (vgl. Mt. 10:37), ohne dass wir alle notwendigen irdischen Bedürfnisse beiseite lassen. Man sollte meinen, die (gläubige) Menschheit sei nach zweitausend Jahren zur genüge vorbereitet. Wir gehen ja regelmäßig zur Beichte, insbesondere während der Fastenzeiten und vor großen Festtagen. Aber auch die Pharisäer und Sadduzäer kamen an den Jordan, um sich von Johannes taufen zu lassen zur Vergebung ihrer Sünden (s. Mt. 3:6). Wie steht es also um uns, wenn wir zwar nahezu jede Woche beichten, aber keine Früchte der Umkehr (s. Mt. 3:8; Lk. 3:8) hervorbringen?!.. Wir bereuen zutiefst, manchmal unter Tränen, dass wir die Fastenzeiten und die Gebetsregeln nicht im vollen Umfang einhalten, aber kaum einer denkt daran, dass Gott von uns neben der Liebe zu Ihm auch tatkräftige Liebe zu den Mitmenschen erwartet (s. 1 Kor. 13:1-3)! Davon eben ist unser Seelenheil mit abhängig (s. 1 Joh. 3:11-18). Wir täten gut daran, uns manches Mal in die „Wüste“ unserer Herzen zu begeben, um dem Rummel dieser Welt zu entfliehen. Nur so ist das Heil möglich. Sonst tauchen wir in die ständig wachsenden Sorgen und Nöte dieser Welt hinein, vergessen aber ganz, was für unser Heil notwendig ist (vgl. Lk. 10:41). Der heilige Antonios der Große (+ 351) sah das viele Leid in der Welt und rief voller Entsetzen zum Herrn, warum Er dies alles zulasse. Darauf hörte er eine Stimme, die zu ihm sprach: „Antonios, hab acht auf dich selbst!“ Natürlich soll uns das Leiden der Menschen, vor allem in unserer unmittelbaren Umgebung, nicht unberührt lassen. Und wenn wir Abhilfe leisten können, sollten wir das tun, wozu wir in der Lage sind. Aber was nützt es, wenn die globalen Probleme ständig in unseren Köpfen herumgeistern, wir aber gar keinen Gedanken daran verschwenden, uns um unser eigenes Seelenheil zu kümmern?.. Als wessen Erfüllungsgehilfen erweisen wir uns dann?! Wir bereiten uns gleichsam heute alle zusammen auf die Taufe Christi vor. Woran denken wir dabei an erster Stelle – daran, dass der Herr uns von unseren Sünden befreien wollte, oder daran, dass wir unser Fläschchen Weihwasser mitnehmen, um gegen Krankheiten und böse Geister geschützt zu sein? - Der Herr gibt uns die Gelegenheit, uns quasi wie auf unsere eigene Taufe vorzubereiten, nämlich den festen Vorsatz zu fassen, sein Leben zu ändern. Jedes Jahr, eigentlich jeden Tag. Auch wenn wir wohl alle keine Verbrecher sind, leben wir nicht so, wie es der Herr von uns erwartet. Wir denken an irdische und zeitliche Dinge, alles andere soll uns wohl dazugegeben werden! Gott legen wir irgendwo auf die hinterste Schublade unseres Herzens. Aber wissen wir denn nicht, was es bedeutet, wenn wir auf dem Niveau von fleischlich gesinnten Menschen verharren (s. Röm. 8:1-17)?! Der Tag des Gerichts wird all das in unseren Herzen offenlegen. Was dann? Wie bitter wird es für die sein, die von ihrer eigenen Integrität überzeugt waren und nicht daran gedacht haben, vor Gott Buße zu tun!.. Wir können der in uns wirksamen Sünde nur dann widerstehen, wenn sich unsere Herzen und Gedanken mit unserer Entfremdung von unserem Herrn auseinandersetzen. Wir müssen sie erkennen, bereuen und den Entschluss fassen, ein Leben nach dem Geist des Herrn zu führen. Das ist es, was es bedeutet, die Gebote des Herrn zu erfüllen (s. Joh. 14:15). Da wir dauerhaft dazu aber nicht imstande sind, bleibt uns nichts anderes, als ständig Buße zu tun. Nur so werden wir unserem Richter überhaupt von Angesicht zu Angesicht entgegentreten können. Wir brauchen also nicht zu verzweifeln, denn diese fortwährende Selbstdemütigung wird in uns die Zuversicht auf die Milde des Herrn wecken, dank derer wir alle „sehnsüchtig auf Sein Erscheinen warten“ (2 Tim. 4:8) können. Amen.
Jahr:
2022
Orignalsprache:
Deutsch