Predigt zum 8. Herrentag nach Pfingsten (1 Kor. 1:10-18; Mt. 14:14-22) (18.08.2024)
Liebe Brüder und Schwestern,
das Wunder der Speisung der weit über fünftausend Menschen in der Einöde durch unseren Herrn ist ein mystischer Abglanz des Königtums Gottes, zu dem uns alle der Herr beruft. Schon in dieser Welt geschehen Wunder zumeist nicht einfach so, quasi „im luftleeren Raum“, sondern nur, wenn Gott durch völlige Hingabe Seiner Getreuen auf der Suche nach dem Königtum Gottes dazu bewegt wird. Hier, in Galiläa, sind es die Menschen aus den angrenzenden Städten und Dörfern, welche dem Herrn zu Fuß in die menschenleere Gegend gefolgt waren und trotz des vermeintlichen „Feierabends“, auf den die Jünger des Herrn Anspruch zu haben glaubten (s. Mt. 14:15), immer noch bei Ihm sein wollten. Bemerkenswert an der Speisung der Fünftausend ist übrigens auch die Tatsache, dass alle vier Evangelisten von diesem Ereignis berichten. Meistens sind es ja zwei oder drei, manchmal ist es sogar nur einer, der dieses oder jenes Ereignis beschreibt. Hier hielt es sogar Johannes für notwendig, seine Schilderung zu den drei Synoptikern hinzuzufügen, wobei er einen Jungen erwähnt, der fünf Gerstenbrote und zwei Fische bei sich hatte (Joh. 6:9). Was ist daran so besonders? Eben das, dass dieses Kind in der Einfachheit seines Herzens seine ganze momentane Habe dem Herrn bzw. Seiner „Kirche“ selbstlos zur Verfügung stellt. Der Junge hätte ja auch sagen können: „Für die ganzen Leute reicht´s ja eh´ nicht. Ich und meine Kumpels können damit aber satt werden“. Aber diese Denkweise ist diesem Jungen fremd – er gibt von Herzen alles, was er hat (vgl. Mk. 12:44; Lk. 21:4). „Denn wenn der gute Wille da ist, so ist er willkommen nach dem, was einer hat, nicht nach dem, was er nicht hat“ (2 Kor. 8:12; vgl. Spr. 3:27-28). So ist es immer mit unserer Beziehung zu Gott: „Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen“ (2 Kor. 9:6; vgl. Ps. 125:6). So lebten und überlebten unsere Vorfahren, die immer ihr letztes Stück Brot mit den Bedürftigen teilten. Die Agape in der Frühepoche der christlichen Kirche (s. Jud. 12) war eine institutionalisierte Wiedergabe dieser hingebungsvollen Beziehung zu Gott und zu seinem Nächsten, und sie war nicht von ungefähr mit der heiligen Eucharistie verbunden. Dabei freut es mich sehr, dass wir diese Tradition heute in unserer Gemeinde, zumindest ansatzweise, wieder aufleben lassen. Denn die Liebe zuerst zum Wort Gottes, dann die Sorge um das Wohl seiner Mitmenschen – das ist die Antwort auf alle globalen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht. Wenn hingegen Gott gelästert und der christliche Glaube verspottet wird, wenn das Menschenbild mutwillig verzerrt wird, dann wird dies unweigerlich zu nachhaltig katastrophalen Folgen führen. Da tut es Not, uns schon jetzt auf die richtige Seite – die Seite Christi und Seiner Kirche – zu stellen.
Das Mahl, das der Herr am verlassenen Ort bereitet, ist nach äußeren Kriterien kein Festmahl. Die „Location“ gleicht keinem Festsaal, die „Bediensteten“ tragen keine Livrees, es gibt keine mit Laken bedeckten und mit Blumen geschmückten Tische. Das „Menü“ ist mehr als schlicht. Und doch wäre jeder von uns liebend gerne mit „zu Tisch“ gewesen, oder etwa nicht?! … Einst besuchte Fürst Izjaslaw von Kiew das Höhlenkloster. Nach der Liturgie gab es ein bescheidenes Gastmahl für den Fürsten und sein Gefolge im Refektorium. Bei der Verabschiedung sprach der Fürst zum Abt des Klosters, dem gottseligen Feodosij (+1074): „Wie macht ihr das, dass es bei euch so gut schmeckt? Trotz der Einfachheit der Speisen mundete es mir besser, als bei jedem Festmahl in meinem Prunksaal, das die besten Köche zubereitet haben“. Die Antwort des Heiligen: „Bei dir im Palast, Fürst, arbeiten die Köche als unfreie Menschen, die nur ihre Pflicht erfüllen müssen. Bei uns hingegen wird das Essen mit Gebet und mit Liebe zubereitet“... Wer denkt da nicht an die einfachen und doch leckeren Speisen, die wir während unserer Pilgerfahrten in verschiedenen Klöstern zu uns nehmen? Dort gibt es kein Profitdenken, keine Genusssucht. Und deshalb heißt es auch zurecht: „Besser für den Gerechten ist wenig als Reichtum der Sünder in Fülle“ (Ps. 36:16). So sieht dementsprechend Gottes „Ökonomie“ aus: „Es kennt der Herr die Wege der Untadeligen, und ihr Erbe wird ewig bestehen. Sie werden nicht zuschanden in böser Zeit und in Hungertagen werden sie gesättigt. Denn die Sünder müssen verderben, die Feinde des Herrn – als sie sich eben rühmten und erhoben, sind sie wie Rauch verschwunden, ja verschwunden. Es leiht sich der Sünder und erstattet es nicht, der Gerechte aber hat Mitleid und gibt. Denn die ihn segnen, werden das Land erben, die ihn aber verfluchen, werden vernichtet. Vom Herrn werden die Schritte des Menschen gelenkt, und Er will Seinen Weg. Wenn er fällt, dann stürzt er nicht hinab, denn der Herr stützt ihn mit Seiner Hand. Jung war ich, und jetzt bin ich alt, und nicht sah ich einen Gerechten verlassen noch seine Kinder betteln um Brot. Den ganzen Tag erbarmt er sich und leiht, und seine Kinder werden gesegnet sein. Wende dich ab vom Bösen, und tue das Gute, und bleibe wohnen in alle Ewigkeit. Denn der Herr liebt das Recht und wird Seine Frommen nicht verlassen, in Ewigkeit bleiben sie bewahrt. Die Ungerechten werden aber vertrieben, die Kinder der Gottlosen werden vernichtet. Die Gerechten aber werden das Land erben und in ihm wohnen in alle Ewigkeit“ (Ps. 36:18-29).
Wir haben somit ein Wirtschaftsmodell, welches das Überleben all derer sichert, die nach Gottes Geboten leben wollen. Das deuten auch die zwölf Körbe an, die von dem wunderbaren Essen in der menschenleeren Wildnis übrigblieben. Denn wenn wir alle zuerst nach dem Himmlischen Brot streben, wird es uns am Ende garantiert an nichts mangeln (s. Mt. 6:11; 6:33; Joh. 6:36; Röm. 14:17). Amen.