Zur Lage der Kirche in der Heimat
Zur Lage der Kirche in der Heimat
Der Bevollmächtigte des "Rates für religiöse Angelegenheiten" beim Ministerrat der UdSSR, zuständig für das Gebiet Voronez, ließ jetzt in einem Interview mit der antireligiösen Zeitschrift "Nauka i religija" (Nr. 2, 1988, S. 23-26) im Text verstreut folgende Zahlen wissen, die wir in eine Tabelle fassen:
Religiöse Vereinigungen:
registrierte/ nichtregistrierte
Russische Orthodoxe Kirche 51 / 12
Altgläubige 2 / ?
Baptisten 12 / 23
Adventisten 3 3
Adventisten-Reformisten - 2
Pfingstler - 5
Zeugen Jehovas - 3
Molokaner - 1
Judaisten - 1
Anzumerken ist, daß Pfingstler und Adventiste-Ref. die Registrierung offiziell ablehnen. Während die 3 nicht-registrierten Adventisten Gruppen unter 15 Personen haben sollen (20 Pers. sind lt. Gesetz erforderlich), sind 7 von den nicht-registrierten Baptistengemeinden dies aus grundsätzlichen Überlegungen. Hierzu die Antwort des Leiters der Gemeinde in Voronez auf Vorschläge des Bevollmächtigten Gubin, sich registrieren zu lassen: "Man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen. Der Kauf oder die Miete eines Raumes für Gebetsversammlungen ist nur möglich unter der Bedingung der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Kirche und einem garantiertem Verzicht auf jedes Aufdrängen, eine Gesetzgebung einzuhalten, die dem Evangelium widerspricht" (S.24).
Solche Vorschläge zur Registrierung macht Gu-bin den nichtregistrierten Russisch-Orthodoxen Gemeinden gewiß nicht, da die Orthodoxe Katakombenkirche jegliche Zusammenarbeit mit dem atheistische Staat grundsätzlich ablehnt. Daher sagt die Nichtregistrierung auch nichts über die Gemeindegröße aus. Anzunehmen ist zudem, daß Gubins Informationen KGB-Natur haben und durchaus unvollständig sind. Die Publikation von Zahlen über die "Wahren Orthodoxen Christen" ist jedenfalls völlig einmalig. Sie stehen unkommentiert da.
Wenn man bedenkt, daß die "Wahren Orthodoxen Christen" eine extrem strenge Grundhaltung kennzeichnet, wofür sie auch verfolgt werden, dann zeigt die Zahl der Parallelgemeinden, die au ein Viertel der offiziellen Gemeinden des Moskauer Patriarchats heranreicht (51:12), denen sie gegenüber stehen, wie stattlich (sogar in organisierter Form!) die Opposition in der Russischen Kirche zur Haltung des offiziellen Moskauer Patriarchats eigentlich ist.
Sind doch diese Gemeinden nur die Spitze eines Eisbergs, die auf die vielen Gläubigen hinweist, welche zwar die offiziell geöffneten Kirchen besuchen, deswegen aber bei weitem nicht die propagierten Auffassungen der Moskauer Kirchenleitung gutheißen. Ist doch allen praktisch die Möglichkeit genommen, ihren wirklichen Auffassungen über die Moskauer Kirchenpolitik im Na-men der Kirche offen zu äußern! Auch im Klerus der offiziellen Kirche sind nicht alle einfach Parteigänger der offiziellen Linie, sondern zwischen der Katakombenkirche und dem Moskauer Patriarchat gibt es gewisse fließende Übergänge, die sich aus der Situation selbst ergeben.
Die Russische Kirche ist nun einmal als ein ganzheitlicher Organismus zu sehen. Wenn man in diesem Licht die gegenwärtige Zahl der Gemeinden des "Wahren Orthodoxen Kirche", lt. sowjetischer Publikation und offiziellem Munde, betrachtet, dann ist eines klar: mit Sicherheit irren diejenigen, die das Moskauer Patriarchat als so repräsentativ für die Russische Kirche ansehen, wie es sich nach außen hin gibt. Diese sowjetische Fiktion profitiert ja lediglich von der fehlenden Religionsfreiheit, während in der Tiefe der Russischen Kirche ganz andere Prozesse in Gang sind, die in der Wahrheit Christi ihre Wurzeln haben, und vom Deckmantel sowjetischer Fiktionalität, an der die Offizielle Moskauer Kirchenleitung kräftig mitstrickt, nur überdeckt werden sollen.
Nachdenklich jedenfalls über die wirkliche Russische Kirche und ihre Lage sollten angesichts dieser Zahl all die im Westen werden, die sich nicht einfach durch einen aus politisch-antichristlichen Druck entstehenden Schein blenden und vermarkten lassen möchten, sondern bei ihrem Tun und Lassen noch an die Wahrheit Christi denken.