Hl. Gregor der Theologe – Zum Heiligen Pfingstfest
Teil 1
Am Ende der Nachtwache (Vigil) hören wir nach dem Ausruf “Ehre sei Dir, der Du uns das Licht gezeigt hast!” den Herrlichkeits-Gesang: die große Doxologie. Beginnend mit dem Engelslob zur Geburt des Erlösers “Ehre sei Gott in der Höhe...”, entfaltet sich hier das Gebet an Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-den Hl.Geist, das mit dem Dreimalheilig “Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher, erbarme Dich unser” seinen Höhepunkt und Abschluß findet. Am Pfingstfest werden vor der Doxologie Stichiren gesungen, deren Text sich auf eine Predigt des Hl. Gregor des Theologen (330-390) gründet, die er im Jahre des 2. Ökumenischen Konzils (381) hielt. Dieses Konzil ergänzte das Glaubensbekenntnis mit den Worten über den Heiligen Geist als “Herrn und Lebensspender, der vom Vater ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohn zusammen verherrlicht und angebetet wird, der durch die Propheten gesprochen hat”. Wir publizieren hier den Text der Stichiren auf dem Hintergrund von Auszügen aus Predigten des Kirchenvaters in der Hoffnung auf ein offenes und lernwilliges Herz beim Leser, denn die Texte sind schweirig. Und doch....
Die Heilige Dreieinigkeit! Das ist – Gott Selbst. So offenbarte uns Gott unser Herr Jesus Christus, und offenbart Ihn uns in der Kirche der Heilige Geist. Hier ist das Herz der rechten Gottesverherrlichung (Orthodoxie). Wenn wir das Heiligtum ehren und unseren Geist sowie das Herz reinigen, dann erschließt sich die Gabe Christi, die in uns wohnt.
Christus – das griechische Wort heißt: Gesalbter (griech.: “chrisma”=die Salbung). Bei der Taufe erhalten wir auch die Salbung des Hl. Geistes. Vielfach wiederholt der Priester die Worte “Siegel der Gabe des Heiligen Geistes, Amen” und salbt mit dem hl. Myron (einem wohlriechenden Öl) Stirn, Augen, Nasenflügel, Ohren, Mund, Brust, Hände und Füße. Dieses Mysterium (Sakrament der Firmung) wird, wie die Taufe, nur ein Mal im Leben empfangen. Die natürlichen Gaben unserer Sinne, der Vernunft, des Herzens und der Tätigkeit werden mit dem Hl. Geist besiegelt und verwandelt: von nun an sind unsere Fähigkeiten geöffnet zum Empfang der Königsherrschaft Gottes, das heißt das Leben im Heiligen Geist. Wir sind dann dem Hl. Geist nicht fremd, und Er ist uns nicht fremd.
Über den Heiligen Geist sagte Christus: “Er wird Mich verherrlichen, weil Er von dem Meinigen nehmen und euch verkündigen wird. Alles, was der Vater hat, ist Mein”. Über Seine eigene Beziehung zum Vater sagte Christus: “Der Sohn kann von Sich aus nichts tun, außer was Er den Vater tun sieht... Denn der Vater liebt den Sohn und zeigt Ihm alles, was Er selbst tut”, und deshalb “trachteten die Juden noch mehr danach, Ihn zu töten, weil Er... Gott Seinen Vater nannte und Sich so Gott gleichstellte” (Joh 5, 18-20). Im zweiten Johannesbrief schreibt derselbe Apostel: “Wer in der Lehre Christi verbleibt, der hat sowohl den Vater als auch den Sohn” (2 Joh 1, 9). “Daran erkennen wir, daß wir in Ihm bleiben und Er in uns, daß Er uns von Seinem Geiste gegeben hat” (1 Joh 4, 13). Ohne den Hl. Geist ist es unmöglich Christus treu zu bleiben, der gesagt hat: “Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht” (Joh 5, 23), zu unterscheiden “den Geist der Wahrheit und den Geist des Truges” (1 Joh 4, 6). Diese Treue ist ein unablässiges Tun, der “Erwerb des Heiligen Geistes” (Hl. Seraphim von Sarov) oder - was dasselbe ist - des Reiches Gottes.
Es ist unmöglich die Gabe des Hl. Geistes zu entfalten, wenn man die Lehre von Gott vernachlässigt. Damit würden wir ja genau das mißachten, wofür unser Herr gekreuzigt wurde: kraft seiner Sohnschaft hat Er verhießen “einen anderen Helfer, damit Er in Ewigkeit bei euch bleibe, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie Ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr kennt Ihn, weil Er bei euch bleibt und in euch ist” (Joh 14, 17).
Aber was heißt näherhin “Alles, was der Vater hat, ist Mein”, oder: “der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins” (1 Joh 5, 7)?
Der Name Vater enthält bereits die Gegenwart des Sohnes, und der Name Sohn enthält die Gegenwart des Vaters. Und so wie das Wort “Vater” die Frage - wessen Vater ? - voraussetzt, und die Antwort lautet: des Sohnes; so wird auch in der Bezeichnung “Sohn” vorausgesetzt, daß es irgendjemandes, u.zw. eines bestimmten, Sohn ist. “Wie diese Benennungen bei uns die Nähe und Verwandschaft bezeichnen, so bedeuten sie auch dort die Gemeinschaft der Natur (Hl. Gregor d. Theologe, [3], S. 424). Zugleich aber ist offensichtlich: die Personen sind verschieden, denn der Sohn ist nicht der Vater, und der Vater ist nicht der Sohn.
Natürlich sind alle niedrigen Interpretationen auszuschließen. So wäre es völlig abwegig den ewigen und allgegenwärtigen Gott etwa raum-zeitlichen Kategorien unterzuordnen; dies würde eine Einengung, Verkleinerung, Erniedrigung, Verfälschung bedeuten... und damit wären keineswegs nur irgendwelche philosophischen Begriffe verletzt, sondern das Wort des Erlösers - Christi selbst. Unser Denken darf keinesfalls in zeitliche Vorstellungen von der “Zeugung” des Sohnes oder den “Ausgang” des Geistes abgleiten, denn dann wäre der Sohn bereits nicht mehr der Schöpfer der Zeit: als einer, der später erschien, wäre Er bereits selbst dem Zeitfluß unterworfen.
Mehr noch: die Ewigkeit ist für Gott - wie für den Vater, so auch für den Sohn und den Geist - nicht einfach eine göttliche Natureigenschaft, sondern die Frucht der personalen Liebe in Freiheit. Das sieht man daran, daß der Sohn und der Geist einerseits als mit-ewig und mit-anfanglos genannt werden, daß aber andererseits unterstrichen wird, der Vater sei der einzige Ursprung. Das ist ein höchst wichtiges Moment: Gott-Vater ist der eine “Ursprung” (im Sinne der Ursache personalen Seins), was eben die personale Unwiederholbarkeit und die personale Einheit beinhaltet. Hier kann keinerlei Zwiefältigkeit zugelassen werden; deshalb ist es wichtig, daß der Geist nur “vom Vater ausgeht” (Joh 15, 26) entgegen der späteren westlichen Veränderung des Glaubensbekenntnisses “vom Vater und vom Sohn” (sog. “Filioque”). Daher auch ist das Zählen der Dreifaltigkeit nur auf dem Hintergrund der allgemeinen Einheit der Gottheit möglich, während es völlig unmöglich bleibt, das zu zählen, was einzigartig personal und unwiederholbar ist: je die Beziehung zum Vater. Deshalb ist die Dreieinigkeit nicht - drei Götter, nicht drei Väter, sondern der einziggeborene Sohn, der eine Geist, weil einer der Vater ist. Aber der Vater ist vollkommener Gott, und vollkommener Gott ist der Sohn, was auch offenbart wird durch Den, der vollkommener Gott ist - der Heilige Geist. “Gott ist Geist” (Joh. 4, 24).
“Gott ist die Liebe” (1 Joh 4, 8). Diese Wahrheit hat Christus klar in Verbindung mit der Lehre von Vater, Sohn und Heiligem Geist kundgetan. In der Trias (Dreieinigkeit) ist die Liebe, die Christus meinte. Der Eine muß keineswegs unbedingt der Einsame sein, d.h. “karg” und “nicht für die Gemeinschaft offen” (laut dem Hl. Gregorios). Einheit ist nicht Einsamkeit - Gott ist die Liebe. Natürlich ist eine Vielheit unannehmbar, die die Vielgötterei einführt. Aber Gott ist die Liebe, gerade entgegen beiden Extremen und auf klarste Weise: in der einen Trias.
Alle Eigenschaften, die Gott eignen, sind beim Vater und beim Sohn und beim Heiligen Geist dieselben. Die Substanz, die Natur Gottes ist eine: “Das Wesen Gottes ist das was Gott allein gehört und Ihm eignet” (Hl. Gregor d. Theologe, [3], S. 420). Die Gottheit ist eine. Aber hierbei ist der Vater nicht mit dem Sohn identisch. Über das “unterscheidende Merkmal der hypostatischen [personalen] Eigenschaft” sagt der Hl. Basilios d. Gr. sogar, daß der Sohn diesbezüglich “nichts mit dem Vater oder dem Hl. Geist gemeinsam hat” (Brief 38, An Gregor den Bruder).
Es ist also deshalb so wichtig, daß nicht nur die Natur - eine ist, sondern auch daß auf der Ebene der Personen eine Ursache (griech.: monarchia) ist, weil die personale Seinsweise als Einzigartigkeit bestimmt wird. Auf den Vater ist der Sohn bezogen (als Geborener) wie auch der Geist (als Ausgehender), so daß der Vater als Erstursache des Seins in der Dreieinigkeit bezeichnet wird: “die Eigenschaften Gottes des Vaters und Seines Sohnes sind nicht austauschbar, weil der Vater die einzige Quelle der überwesentlichen Gottheit ist” (Hl. Dionysios Areopagita, Über die Gottesnamen, 2.5). Das heißt, daß der Vater einzige Ursache der personalen Existenz im dreieinigen Gott ist und zugleich ist Er die Grundlage für das gemeinschaftliche Sein, für die göttliche Natur, die Einheit dem Wesen nach. So wird die “Natur” nicht etwa als die Abstraktion der göttlichen Eigenschaften gesehen, sondern konkret als lebendigste personale Kommunion, denn die Personen der Trias sind nicht Funktionen des Ihnen Gemeinsamen (der Natur) und haben nicht irgendein Gemeinsames als Ursprung, sondern die Eigenart (Hypostase, Person) des Vaters.
Der Hl. Gregor der Theologe unterstreicht: “Vater - das ist der Name Gottes nicht gemäß dem Wesen und nicht gemäß der Wirkung, sondern gemäß der Beziehung, die der Vater zum Sohn oder der Sohn zum Vater hat... Aber euch zu Gefallen soll meinetwegen das Wort Vater auch etwas bezeichnen, was das Wesen betrifft; dann wird Er, gemäß der allgemeinen Begriffsbedeutung und kraft dieser Benennung, mit Sich Selbst den Sohn einführen, und zwar als einen Ihm nicht entfremdeten. Wenn erwünscht, soll es meinetwegen ein Name bezüglich der Wirkung sein, auch in einem solchen Fall werdet ihr uns nicht niederstreiten. Wir behaupten, daß ebendieses, nämlich die Einwesentlichkeit, vom Vater bewirkt wird; andernfalls wäre nämlich diesbezüglich der Begriff Wirkung unsinnig in sich selbst” ([3], S. 424).
Wenn einerseits das göttliche Wesen (Natur) nicht außerhalb der drei Personen gedacht werden darf, so dürfen aber andererseits auch die drei Personen nicht getrennt gedacht werden. Ein jeder der Drei enthält in Sich den ganzen Gott. Gott existiert als Fülle der Person, die liebt und geliebt wird. “Der Vater liebt den Sohn...”, und der Sohn liebt den Vater so, daß Er den Vater voll in Sich offenbart. Die Personen (Hypostasen) befinden sich eine in der anderen, sind miteinander, einander durchdringend: Vater, Sohn und Hl. Geist existieren nicht einer außerhalb des anderen. Deshalb sagt Christus: “Wer Mich gesehen hat, hat den Vater gesehen” (Jo 14, 9) und der Apostel nennt den Sohn “Abglanz Seiner Herrlichkeit und Ausprägung Seines Wesens” (Hebr 1, 3). Anhand dieses Apostelwortes schreibt der Hl. Basilios d. Gr.: “der Sohn ist mit dem Urbildlichen identisch, obgleich Er ein Anderer [eine andere Person] ist”, und führt weiter aus: “in Ihnen kann man eine unaufhörliche und untrennbare Kommunion sehen... es gibt zwischen Ihnen weder etwas Eingeschobenes noch irgendetwas Selbständiges, was sich vom göttlichen Wesen unterscheiden würde... Aber wer sich in Gedanken den Vater vorgestellt hat, der sieht Ihn als eigenständig, hat damit aber bereits auch gedanklich den Sohn umfaßt. Wer dagegen den Sohn in Gedanken hat, der trennt vom Sohn auch nicht den Heiligen Geist... Und wer den Geist nur benannt hat, der umfängt mit seinem Bekenntnis auch Den, Dessen Geist Er ist... unmöglich ist es hier, sich eine Spaltung oder Trennung gedanklich vorzustellen, so daß entweder der Sohn ohne Vater vorgestellt würde, oder der Geist vom Sohn getrennt; ganz im Gegenteil, wir finden zwischen Ihnen eine unaussprechliche und unausdenkbare Gemeinschaft ebenso wie Unterscheidung: die Verschiedenheit der Personen zerreißt nicht das Kontinuum des Wesens (Natur), und die Gemeinsamkeit der Natur läßt die Unterscheidungsmerkmale nicht ineinanderfließen”. Deshalb darf man “den Einziggeborenen nicht durch irgendeine Distanz von der Existenz des Vaters trennen, sondern man muß immer zusammen mit dem Verursacher auch das vorstellen, was von Ihm seinen Ursprung hat”, und dies “nicht deshalb, weil der Einziggeborene keine eigenständige Person (Hypostase) hätte, sondern aufgrund der Tatsache, daß Er in seiner Einigung mit dem Vater nichts Vermittelndes zuläßt; daher hat derjenige, der seine geistigen Augen auf das Bild des Einziggeborenen richtet, immer zugleich den Gedanken an die Hypostase des Vaters, nicht wegen einer Veränderung oder Vermischung der geschauten unterscheidenden Merkmale - im Vater etwa des Gezeugtseins oder im Sohne des Ungezeugtseins -, sondern weil der nach einer etwaigen Trennung Verbleibende gar nicht allein, für sich, vorgestellt werden kann. Denn es ist unmöglich, daß der den Sohn benennende nicht auch an den Vater denkt; die Benennung bezieht sich ja auf den Vater”. Darüber hinaus schreibt der Kirchenvater: “der allganze Sohn verbleibt im Vater, und hat wiederum in Sich den allganzen Vater so, daß die Hypostase des Vaters im Bild des Sohnes erkannt wird, während das jeweilige Unterscheidungsmerkmal in Ihnen geschaut wird zum klarsten Auseinanderhalten der Personen” (Brief 38, An Gregor den Bruder).
So enthält die Lehre Christi von der Allerheiligsten Dreieinigkeit die herrlichste Offenbarung vom lebendigen und personalen Gott. Sie schenkt uns aber zugleich auch die größte Offenbarung über den Menschen und seine Erlösung, die nicht in der Perspektive des biologischen Einzelwesens und seiner Art oder des soziologischen Individuums und des Kollektivs geschieht, sondern in der Perspektive der einzigartigen Person und deren Kommunion. Christus Selbst war eine lebendige Offenbarung dessen: als vollkommener personaler Gott wurde Er, als einer von der Dreieinigkeit - Gottmensch. Hier ist die Quelle unserer Erlösung: der personale - weil dreieinige - Gott ist die Grundlage und die Fülle unseren personalen Daseins, der Einmaligkeit und des einzigartigen Wertes unserer Person sowie deren konkreter Ewigkeit in der Liebe. Zu Personen werden wir in einer solchen Gemeinschaft mit einem solchen Gott. Zu einer solchen personalen Liebe, die Er Königsherrschaft Gottes nennt, öffnet uns Christus der Gesalbte die Türen. So erwerben wir in Ihm das alles übersteigende Leben: die Kirche als Leib Christi, die vom Hl. Geist auferbaut wird, und unsere eigene Person als “Bild und Ebenbild Gottes”. Nur eine solche Liebe verdient die Bezeichnung Liebe, die diese Wahrheit der Person wahrt und sie als Wahrheit erschließt. Das ist die Herrlichkeit (griech.: doxa) des wahren Gottes, oder anders gesagt: die Ortho-doxie.
Die heiligen Väter verteidigten diese wahre Lehre von der Dreieinigkeit und der Person als Grundlage der Fülle des Lebens in der gottmenschlichen Dimension, indem sie jegliches Extrem ausschlossen und hierbei kein einziges Wort Christi oder der Apostel außer Acht ließen. Daher legen wir dem Leser die folgende, nicht gerade einfache Lektüre zweier Kirchengesänge ans Herz, die er zum Pfingstfest hören wird, sowie das Wort des Hl. Gregor des Theologen selbst. - Red.
Der Heilige Geist war stets, und ist, und wird sein: Nicht hat er Anfang, noch Ende, sondern stets vereint ist Er dem Vater und dem Sohn. Leben ist Er und Leben wird Er. Licht ist Er und Geber des Lichts. Selbst ist Er der Gute und die Quelle der Güte. Durch Ihn wird der Vater erkannt und der Sohn verherrlicht. Durch Ihn wird von allen erkannt eine einzige Macht, ein Band und eine Anbetung der Heiligen Dreieinigkeit. (Pfingst-Stichera zu den Laudes)
1. Der Heilige Geist war und ist und wird immer sein, ohne Anfang und Ende, stets mit dem Vater und dem Sohne vereinigt und mitgezählt, und nie dürfte der Vater ohne den Sohn, oder der Sohn ohne den Geist sein, denn sonst wäre die Gottheit in höchstem Grade entehrt, indem sie gleichsam infolge einer Veränderung ihrer Beschlüsse zur Vollendung ihrer Vollkommenheit gelangt wäre. Also wurde der Geist immer empfangen und war nie der Empfangende, immer Vollendender, nie einer, der vollendet würde; Erfüllender, nie einer, der erfüllt würde; Heiligender, nicht einer, der geheiligt würde; Vergöttlichender, nicht einer, der vergöttlicht würde. Er ist immer ein und derselbe für Sich selbst und die, mit denen Er verbunden ist [Vater und Sohn]; unsichtbar, unzeitlich, unräumlich, unveränderlich, ohne Quantität, ohne Qualität, ohne Aussehen, unkörperlich, eingenbeweglich, ewig-beweglich [stets dynamisch], frei, selbstmächtig, allmächtig, wenn auch alles, was des Einziggeborenen [des Sohnes] ist, so auch alles, was des Geistes ist, auf die erste Ursache [den Vater] zurückgeht.
Der Heilige Geist ist Licht und Leben und lebender, geistiger Quell: Geist der Weisheit, Geist der Einsicht, der gute, rechte, geistige, lenkende, von Fehlern läuternde Geist, Gott und vergöttlichend. Feuer ist er, das hervorgeht aus Feuer. Er redet und wirkt und teilt aus die Gnadengeschenke. Durch ihn wurden alle Propheten und Gottesapostel samt den Märtyrern gekränzt. Eine neue Botschaft, ein neues Schauspiel, ein Feuer, das sich teilt zur Austeilung der Gnadengeschenke. (Pfingst-Stichera zu den Laudes)
Der Heilige Geist ist Leben und lebendig machend, Licht und Licht spendend, selbst gut und die Quelle der Güte; Er ist - rechter Geist (Ps 50,12), gebietender Geist (Ps 50,14), der Herr (2 Kor 3,17), sendend (Apg 13,4), aussondernd (Apg 13,2), der Sich einen Tempel baut (Kol 2,22), in alle Wahrheit einführend (Joh 16,13), der wirkt, wie Er will (1 Kor 12,11), und Gnadengaben austeilt (1 Kor 12,4-10), Geist der Sohnschaft (Röm 8,15), der Wahrheit (Joh 14,17), der Weisheit, der Erkenntnis, des Verstandes, der Frömmigkeit, des Rates, der Kraft, der Gottesfurcht, wie es aufgezählt ist (Jes 11,2). Durch Ihn wird der Vater erkannt und der Sohn verherrlicht (Joh 16,11), und Er Selbst wird allein von Ihnen [Vater und Sohn] erkannt: eine Ordnung, eine Anbetung, Huldigung, Macht, Vollkommenheit und Heiligung.
Durch Ihn wird der Vater erkannt und der Sohn verherrlicht. Durch Ihn wird von allen erkannt eine einzige Macht, ein Band und eine Anbetung der Heiligen Dreieinigkeit. (Pfingst-Stichera zu den Laudes).
Was soll ich noch lange reden? Alles was der Vater hat, gehört auch dem Sohn, außer dem Ungezeugtsein; alles, was der Sohn hat, gehört auch dem Geist, außer dem Gezeugtsein. Das Ungezeugtsein und das Gezeugtsein schafft keine Unterscheidung in der Natur, nach meiner Auffassung, sondern sie werden in einer und derselben Natur unterschieden. (Rede 41,[ 1], S. 141 f.)
Wir beten den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist an, ihre persönlichen Eigenheiten unterscheidend, aber ihre Einheit in der Gottheit bekennend. Um nicht in die Krankheit des Sabellius1 zu fallen, vermischen wir nicht die Drei (Personen) in eins. Und um nicht an dem Wahnsinn des Arius1 teilzunehmen, trennen wir den Einen nicht in - einander fremdartige und entfremdete - drei (Naturen).
Muß man denn ein Bäumchen, wenn es sich nach der verkehrten Seite hinüberneigt, gewaltsam nach der entgegengesetzten Seite wenden? Soll man die Verkrümmung durch Verkrümmung heilen? Soll man nicht vielmehr in der Mitte gerade aufrichten, um innerhalb der Grenzen des Glaubens zu bleiben?
Wenn ich das lehre, was in der Mitte liegt, sage ich die Wahrheit; auf sie allein achten wir mit Recht. Wir wollen keine schlimme Vermengung und keine noch törichtere Trennung. Dadurch, daß man aus Furcht vor Vielgötterei den Logos zu einer einzigen Hypostase vereint [Sabellianismus], würden uns in dem Bekenntnis des einen Vaters und Sohnes und Heiligen Geistes nur noch leere Namen gelassen werden, und wir würden nicht so sehr erklären, alle seien eins, als vielmehr jeder sei nichts; denn wenn sie ineinander über- und aufgehen, würden sie aufhören zu sein, was sie sind. Nicht sollen sie andererseits, wie es die mit Recht als Wahnsinn bezeichnete Lehre des Arius will, in drei fremde, ungleiche und auseinandergerissene Wesen getrennt werden, oder anarchisch und ohne Ordnung, ja gewissermaßen gottesfeindlich sein; wir würden uns ja der jüdischen Engherzigkeit ausliefern, wenn wir die Gottheit allein in dem Ungezeugten [Gott-Vater] einschließen würden oder aber in den gegensätzlichen - aber dem erstgenannten gleichen - Fehler hineinfallen, wenn wir drei Anfänge [Prinzipien] und somit drei Götter annehmen würden, was noch törichter wäre, als das vorherige.
Man darf den Vater nicht so lieben, daß man ihm die Eigenschaft raubt, Vater zu sein. Wessen Vater wäre er denn, wenn wir [durch die Behauptung, sein Sohn sei ein Geschöpf] Ihm zusammen mit dem Geschöpflichen auch das Wesen des Sohnes [nämlich die göttliche Natur] entfernen und entfremden würden? Auch darf man Christus nicht so lieben, daß man seine Eigenschaft ihm nicht beläßt - nämlich Sohn zu sein. Denn wessen Sohn würde Er sein, wenn er nicht auf den Vater als Ursprung bezogen ist? Nicht darf man dem Vater die Würde nehmen, Anfang zu sein, d.h. die Würde, Vater und Erzeuger zu sein, schmälern. Wäre er nicht die Ursache der im Sohne und im Geiste geschauten Gottheit, dann wäre Er nur der Anfang für kleine und minderwertige Geschöpfe. All das ist hinfällig, wenn es notwendig ist, die Einheit Gottes festzuhalten, und die drei Hypostasen, bzw. Personen zu bekennen, eine jede mit ihrer Eigenheit. (Rede 20, [2], S. 407-409).
Schlage ab die Entehrung, die Arius begeht, schlage ab den Unglauben des Sabellius und vereine nicht mehr als nötig, und trenne nicht gottlos; vereine die drei nicht in eine Person und mache die drei nicht verschieden nach der Natur. Lobenswert ist es, den Einen zu bekennen, wenn du die Einheit in rechter Weise verstehst; lobenswert ist es auch, die drei zu bekennen, wenn du in rechter Weise unterscheidest, d.h. die Unterscheidung der Personen zuläßt, nicht aber der Gottheit (Rede 37, [3], S. 521).
2. Aber wenn ich einen Anfang in der Gottheit, der nicht zeitlich, der ohne Trennung und Begrenzung ist, einführe, dann ehre ich sowohl den Anfang als auch die aus dem Anfang Hervorgehenden, den ersten, weil Er ein Anfang solcher Hervorgehender ist, und die letzteren, weil sie in dieser Weise, als solche und aus einem solchen Anfang hervorgehen, von Ihm weder durch Zeit noch durch das Wesen getrennt sind, noch durch die Ihnen zukommende Anbetung, und mit Ihm eins sind... sowohl in den Beziehungen untereinander als auch ein jeder für sich, als vollkommene Dreieinigkeit aus drei Vollkommenen. Denn die Gottheit trat aus dem einzelnen heraus [ist nicht in der Einsamkeit verschlossen] wegen des Reichtums, sie überschritt [erweist sich als höher denn] die Zwiefalt, weil sie höher als die Materie und die Form ist, aus der die Körper bestehen, und sie bestimmte sich durch die Dreiheit (nämlich das erste was die Zwiefältigkeit übersteigt) wegen der Vollkommenheit, um weder kärglich zu sein noch sich bis zur Unendlichkeit aufzuteilen. Das erste würde einen Mangel der Liebe zur Gemeinschaft erweisen, das letztere wäre Unordnung; das eine entspricht ganz und gar dem Geist des Judentums, das zweite dem des Heidentums und der Vielgötterei (Rede 22, [3] S.331 f.).
Wenn aber dem Sohn alles gehört, was der Vater hat, außer der Eigenschaft Ursache zu sein; und alles was dem Sohn gehört, auch dem Geist gehört, außer der Sohnschaft und dem, was über den Sohn in bezug auf den Leib gesagt ist, um meiner, des Menschen willen und meiner Erlösung (denn Er nahm das meinige an, um durch diese neue Einigung mir das Seine zu schenken), dann hört doch auf, Unsinn zu reden, wenn auch spät, ihr Erfinder leerer Worte, die von selbst zerfallen! (Rede 34, [3] S.496).
Nach meiner Ansicht dürfte die Lehre von dem einen Gott dadurch festgehalten werden, daß der Sohn und der Geist auf einen einzigen Verursacher zurückgeführt, nicht aber mit Ihm [dem Vater] vermengt und verwischt werden. Auf eine einzige Ursache sind sie zurückzuführen, wegen ein- und derselben sog. Bewegung und ein- und desselben Willens der Gottheit und wegen der Identität des Wesens. Die Lehre von den drei Hypostasen dürfte dadurch festgehalten werden, daß an keine Verwischung, Auflösung oder Vermengung gedacht wird, infolge derer diejenigen, die das Eine übermäßig ehren, alles vernichten. Die Lehre von den personalen Eigenheiten [die Ungezeugtheit des Vaters, das Erzeugtsein des Sohnes und der Ausgang des Geistes] wird dadurch festgehalten, daß man den Vater als anfangslos und als Anfang, d.i. als Ursache, Quelle, ewiges Licht, denkt und erklärt, den Sohn aber als nicht anfangslos, aber als Anfang der Schöpfung.
Wenn ich hier von Anfang rede, darfst du aber nicht an eine Zeit denken, nichts zwischen dem Erzeuger und dem Erzeugten annehmen, nicht die Natur dadurch teilen, daß du ungeschickt zwischen die Ewigen und Verbundenen etwas einschaltest... Der Vater ist also ohne Anfang, denn er hat das Sein nicht anderswoher, noch aus Sich selbst. Der Sohn aber ist, wenn du den Vater als Ursache ansiehst, nicht ohne Anfang; denn der Vater ist als Ursache der Anfang des Sohnes. Würdest du aber den Anfang zeitlich verstehen, dann hat Er [der Sohn] keinen Anfang; denn der Herr der Zeiten erhält seinen Anfang nicht von der Zeit...
Wenn du ohne Hintergedanken annimmst das Erzeugtsein des Sohnes, bzw. seine Eigenständigkeit (Hypostase)... dann sei auch nicht kompliziert hinsichtlich dessen, was den Ausgang des Geistes betrifft...
Wenn du mir, einem von Verwegenheit freien Theologen ein wenig glaubst, dann sage ich dir: das eine hast du schon begriffen, um das andere aber zu ergreifen mußt du beten. Verachte das nicht, was in dir ist! Das andere möge als himmlischer Schatz aufgezeichnet sein. Durch Tüchtigkeit steige empor, durch Reinigung erwirb dir das Reine!.. (Rede 20, [2] S. 409, 412 f.).
3. Der Heilige Geist wirkt nun zuerst in den Engels- und Himmelsmächten und allen denen, die nach Gott die ersten sind und Gott umstehen; denn von niemandem anders haben sie die Vollendung und Erleuchtung, und daß sie zum Bösen hin schwer beweglich oder gar nicht beweglich sind, als vom Heiligen Geist. Dann wirkte Er in den Vätern und in den Propheten, von denen die einen Gott schauten oder erkannten, die anderen die Zukunft vorauswußten, indem der Heilige Geist auf ihr Erkenntnisvermögen einwirkte und sie dem Künftigen anwohnten, als wäre es gegenwärtig. Denn also war die Macht des Geistes. Dann in den Jüngern (ich umgehe es, Christum zu nennen, in Dem Er zugegen war nicht als wirkend, sondern Ihn als den Gleichgeehrten begleitend), und in diesen dreifach, in dem Grade, als sie Ihn zu erfassen vermochten, und nach drei verschiedenen Zeiten: [zunächst] bevor Christus durch Leiden verherrlicht wurde, [dann] nach seiner Verherrlichung durch die Auferstehung, [schließlich] nach seiner Auffahrt in den Himmel oder seiner Wiedereinsetzung (Apg 3,21) oder wie man es nennen soll. Dies zeigt aber deutlich die erste Heilung der Krankheiten und die Austreibung der Geister, welche offenbar nicht ohne den Geist geschah; und [dann] die Anhauchung nach vollbrachtem Heilswerk [als der auferstandene Christus den Aposteln erschien], welche unzweifelhaft eine göttlichere Geistesmitteilung war, und [schließlich] die gegenwärtige Verteilung der feurigen Zungen, die wir jetzt festlich begehen. Aber das erste tut Er dunkel, das zweite deutlicher, das heutige vollkommener, nicht mehr mit seiner Kraft nur gegenwärtig wie früher, sondern mit seinem Wesen, wie man sagen könnte, anwesend und einwohnend. Weil nämlich der Sohn leiblich unter uns weilte, geziemte es sich, daß auch Er leiblich erschien [in Feuerzungen], wie daß dieser [der Heilige Geist] zu uns niederstieg, nachdem Christus wieder heimgegangen war; kommend [eigenmächtig] als Herr, und gesandt, weil Er nicht Gottes Gegner ist [vom Vater gesandt, s. Joh. 14,26; und vom Sohn, s. Joh. 15,26 sowie 16,7]. Denn solche Ausdrücke bezeichnen nicht weniger deutlich die Eintracht, als sie die Personen unterscheiden.
Deshalb kommt Er nach Christus, damit uns der Tröster nicht fehle [s.: Ich will den Vater bitten, und Er wird euch einen anderen Beistand verleihen, damit Er in Ewigkeit bei euch bleibe - Joh 14,16]; ein anderer, damit du die gleiche Würde beherzigest. Das “ein anderer” bezeichnet: ein anderer, wie Ich es bin. Das Wort weist auf Mitherrschaft hin, nicht auf Herabsetzung. Denn ein anderer wird, wie ich weiß, nicht von andersartigen, sondern von gleichartigen gesagt.
In Zungen aber, wegen seiner innigen Beziehung zum Worte. Und in feurigen, ich frage, ob wegen der Reinigung ( die Schrift kennt nämlich auch ein reinigendes Feuer,2 wie jeder das überall finden kann), oder wegen seiner Wesenheit? Denn unser Gott ist ein Feuer, und ein Feuer, das die Gottlosigkeit verzehrt (Hebr 12,29)...
In zerteilten, wegen der Verschiedenheit der Gnadengaben; in sich niederlassenden, wegen der königlichen Würde und des Ruhens über den Heiligen, wie denn auch die Cherubim Gottes Thron sind. Im Obergemach... wegen der Erhebung derer, die Ihn empfangen sollen, und ihrer Erhöhung von der Erde, wie denn auch mit göttlichen Wassern gewisse Obergemächer bedeckt sind, wodurch Gott verherrlicht wird (Ps 103,3). Und Jesus selbst teilt im Obergemache das Geheimnis denen mit, die ins höhere ( d.h. bei dem Letzten Abendmahl) eingeweiht wurden, damit gezeigt werde, daß einerseits Gott zu uns herabsteigen muß, wie es auch meines Wissens früher bei Moses geschehen ist, andererseits wir hinaufsteigen und so die Gemeinschaft Gottes mit den Menschen zustande komme, indem die göttliche Würde mitgeteilt wird. So lange beide für sich allein bleiben, der eine auf seiner Hochwarte, der andere in seiner Niedrigkeit, bleibt unvermischt die Güte und wird nicht mitgeteilt die Menschenfreundlichkeit; und in der Mitte ist eine große und unübersteigliche Kluft, die nicht den Reichen nur von Lazarus und Abrahams ersehntem Schoße scheidet, sondern die gewordene und vergängliche Natur von der nicht gewordenen und beständigen.
Er ist angekündigt worden von den Propheten, wie in den Stellen: Der Geist des Herrn ist über mir (Jes 61,1); und ruhen werden über ihm sieben Geister (Jes 11,2) und Es kam der Geist des Herrn herab und führte sie (Jes 63,14), und der Geist der Einsicht und des Wissens erfüllte Beseleel, den Baumeister des Zeltes (Ex 31,3), und der Geist wurde zum Zorne gereizt (Jes 63,10); der Geist erhob den Elias im Wagen und ward doppelt von Elisäus verlangt (4 Kön 2,9.15); und mit dem guten und fürstlichen Geist ward David geleitet und befestigt (Ps 142,10; 50,14). Er wurde auch verheißen durch Joel in den Worten: Und es wird geschehen in den letzten Tagen, da werde ich ausgießen von meinem Geiste über alles Fleisch (natürlich über das gläubige) und über eure Söhne und über eure Töchter, (Joel 2,28, Apg 2,17), usw. - von Jesus aber später, der von Ihm [dem Geist] verherrlicht wird und Ihn wiederum verherrlicht, wie Er [der Sohn] den Vater verherrlicht und der Vater Ihn. Und die Verheißung, wie reich ist sie: daß der Geist bleiben und sein werde in Ewigkeit, sei es nun jetzt mit denen, die in der Zeit würdig sind, oder später mit denen, die der himmlischen Güter würdig befunden werden, wenn wir Ihn unversehrt in unserem Wandel bewahrt und Ihn nicht zurückgewiese haben, insoweit als wir sündigten.
Teil 2
Dieser Geist vollbringt mit dem Sohne die Schöpfung und Auferstehung. Davon überzeuge dich die Stelle: Durch das Wort des Herrn sind die Himmel gefestigt und durch den Geist seines Mundes all ihre Zier (Ps 32,6) und: Der Geist Gottes hat mich gemacht, der Odem des Allmächtigen mich gelehrt (Hiob 33,4) und wieder: Du sendest aus Deinen Geist, und sie werden geschaffen, und Du erneuerst das Angesicht der Erde (Ps 103,30). Er wirkt auch die geistige Wiedergeburt; und darüber belehre dich das Wort; das keiner schauen und erlangen könne das Reich, der nicht von Oben geboren werde durch den Geist (Joh 3,3.5) und gereinigt von seiner ersten Geburt, welche das Geheimnis der Nacht ist, durch die Neugestaltung (Ps. 138,16), die ein jeder für sich empfängt, die taghell ist und durch das Licht [Christi] geschieht.
Dieser Geist - so weise ist Er und gütig -, wenn Er einen Hirten ergreift, macht Er ihn zu einem Harfenspieler, der böse Geister vertreibt, und stellt ihn auf als König Israels. Und wenn er einen Ziegenhirten ergreift, der Maulbeeren schabt, so macht Er ihn zu einem Propheten (Amos 7,14). Denke an David und Amos. Wenn Er einen wohlgebildeten Jüngling ergreift, macht Er ihn zum Richter über Ältere trotz seiner Jugend. Davon gibt Daniel Zeugnis, der in einer Grube Löwen bezwungen hat. Wenn Er Fischer findet, fängt Er sie ein für Christus, auf daß sie die ganze Welt mit dem Netze des Wortes umspannen. Denk an den Petrus und Andreas und die Donnersöhne [Jakobus und Johannes], welche Geistiges donnerten. Trifft er Zöllner, so gewinnt er sie für die Jüngerschaft und macht sie zu Seelenhändlern. Das sagt dir Matthäus, gestern noch Zöllner, heute ein Evangelist. Trifft Er hitzige Verfolger, so verwandelt Er den Eifer und macht einen Paulus aus einem Saulus und führt sie eben so weit in der Frömmigkeit, als Er sie zuvor in der Bosheit getroffen.
Er ist auch der Geist der Sanftmut, aber gegen die Sünder gerät Er in Zorn. Mögen wir ihn darum als den Santfmütigen kennenlernen, und nicht als den Erzürnten, seine Würde bekennend und die Lästerung meidend, und wünschen wir nicht, Ihn zu sehen, wie Er unversöhnlich zürnt. Er macht auch mich heute euch zum kühnen Herold. Wenn ich darob nichts zu leiden haben werde, dann sei Gott Dank dafür gesagt; aber auch dann sei Gott Dank, wenn ich etwas leiden werde; das eine, damit Er schone derer, die mich hassen, das andere, damit er uns heilige, indem wir diesen Lohn unseres Dienstes für das Evangelium empfangen, geweiht zu werden durch Blut.
4. Sie redeten nun in fremden, nicht in der Muttersprache, und das große Wunder war, daß die Lehre verkündigt wurde von Ungelehrten... offenbar weil sie selbst das Sprachenwunder vollbrachten durch das Wirken des Geistes.
Wahrlich zu loben ist die alte Teilung der Sprachen, damals als sie einig in der Bosheit und Gottlosigkeit den Turm bauten (wie dies auch einige von den jetzt Lebenden wagen), weil durch die Scheidung der Sprache auch die Einheit der Gesinnung aufgelöst und hiedurch auch dem Unternehmen ein Ende gemacht wurde, so ist doch lobenswerter die heute wunderbar bewirkte. Von einem Geiste über viele ergossen, verbindet sie sich wieder zum Einklang.
Als er herniederfahrend die Sprachen verwirrte, hat der Höchste die Völker zerteilt. Als er die Feuerzeugen austeilte, rief er alle zur Einheit. Und im Einklang besingen in Hymnen wir den allheiligen Gott. (Pfingst-Kontakion, Ton 8)
Und es gibt eine Teilung der Gaben [Vielfalt der Gaben des Heiligen Geistes], die wiederum eine neue Gnadengabe erfordert, um die besseren unterscheiden zu können, da sie alle lobenswert sind.
Schön dürfte auch jene Teilung genannt werden, von welcher David sagt: Stürze sie, Herr, und mach uneins ihre Zunge (Ps 54,10). Warum? Weil sie geliebt haben alle verderblichen Worte, betrügerische Zungen (Ps 51,6); ist es denn nicht geradezu offensichtlich, daß David hier die Zungen anklagt, welche die Gottheit zerteilen [d.h. den Heiligen Geist nicht im Vollsinn des Wortes als Gott anerkennen und daher die Einheit und Dreiheit Gottes verletzen]. Darüber nun so viel. (Rede 41, [1], S. 142-147).
Ich aber will ständig ein- und denselben Ausspruch wiederholen, der zudem noch kurz ist: die Trias, Brüder, ist wahrhaft eine Trias. Aber das Wort: Trias bezeichnet nicht die Zählung Ungleicher (was würde sonst jemanden daran hindern, sie [die drei Ungeschaffenen] zu der einen oder anderen Anzahl von [geschaffenen] Dingen hinzuzufügen und das Ergebnis Zehn, Hundert, Zehntausend zu nennen; da ja der Dinge, die mit Zahlen bezeichnet werden viele sind, viel mehr als die jetztgenannten), sondern die Gemeinsamkeit Gleicher und Gleichehrenwerter [göttlicher Personen]; wobei die Bezeichnung das vereint, was dem Wesen nach vereint ist, und nicht zuläßt, daß mit dem Zerfall in die Zahl [drei] zerstört würde das Unzerstörbare [die Einheit].
So denken wir, und so halten wir es damit; das Wissen jedoch über die wechselseitige Beziehung und die Ordnung in der Dreieinigkeit überlassen wir Ihr allein und denen unter den Gereinigten, denen die Dreieinigkeit Selbst dies offenbaren will - jetzt oder später (Rede 22 [3], S. 333).
5. Doch die Hauptsache sage ich noch: lobpreise mit den Cherubim, die die drei Heiligkeiten in eine Herrschaft vereinen [im Gesang: “Heilig, Heilig, Heilig ist der Herr Zebaot” (Jes 6, 3)], und so sehr die Erstnatur offenbaren, wie die sich Befleißigenden unter den Flügeln hervorschauend sehen können. Sei mit David erleuchtet, der zum Licht spricht: in Deinem Lichte schauen wir das Licht (Ps 35, 10), das heißt gewissermaßen im Geiste des Sohnes, denn was könnte lichtstrahlender sein? Donnere mit Johannes, dem Donnersohn, indem du über Gott nicht etwas niedriges und irdisches kündest, sondern einzig und allein das Hohe und Allerhöchste, indem du den im Anfang Seienden, den bei Gott Seienden, das Wort Gottes als Gott anerkennst und zwar als wahren Gott vom wahren Vater, und nicht nur als guten Mit-Knecht, der allein dem Namen nach als Sohn geehrt würde [nicht aber der Sache nach] , und anerkennst den Anderen Tröster zweifellos als den vom Sprechenden unterschiedenen, der Wort Gottes ist. Und wenn du liest: Ich und der Vater sind eins (Joh 10, 30), dann sammle deinen Gedanken auf die Einheit des Wesens hin. Wenn du aber liest: wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen (Joh 14, 23), dann stelle dir die Verschiedenheit der Personen vor Augen. Wenn du aber triffst auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28, 19), stelle dir die drei personalen Eigenschaften vor... Theologisiere mit Paulus, der zum dritten Himmel emporgehoben wurde. Manchmal zählt er alle drei Hypostasen, u.zw. unterschieden, auf, wobei er sich nicht an eine bestimmte Ordnung hält, sondern ein- und dieselbe Hypostase einmal am Anfang, ein andermal in der Mitte, dann wieder am Ende nennt (wozu denn das? um die Gleichwertigkeit der Natur zu zeigen!); manchmal aber entweder drei, oder zwei, oder nur eine Hypostase so erwähnt, daß die übrigen in der je genannten als vorausgesetzt miteingeschlossen erscheinen; manchmal schreibt er die Wirkungen Gottes dem Geist zu, als gäbe es hier gar keinen Unterschied; manchmal setzt er statt dem Geist - Christus; wenn er aber die Hypostasen unterscheidet, dann sagt er: ein Gott, der Vater, aus Dem alles ist, und für Den wir da sind; und ein Herr, Jesus Christus, durch Den alles ist, durch Den auch wir sind (1 Kor 8, 6); und wenn er sie in eine Gottheit zusammenführt, spricht er: Denn aus Ihm und durch Ihn und für Ihn ist alles (Röm 11, 36), - durch Ihn, d.h. durch den Heiligen Geist, wie aus vielen Stellen der Schrift deutlich wird (Rede 34, [3], S. 497 f).
Kann nun irgendjemand von den Menschen so emporwachsen, daß er das Maß des Paulus erreicht? Und doch sagt dieser von sich selbst, daß er nur durch einen Spiegel rätselhaft sieht, daß aber die Zeit kommt, da er schauen wird von Angesicht zu Angesicht (1 Kor 13, 12)... Du bist ja vielleicht sogar klüger als mancher andere, aber der Abstand zwischen dir und der Wahrheit ist so groß wie der zwischen deinem Sein und der Seinsweise Gottes. Wir haben die Verheißung, daß wir dereinst ganz erkennen werden, so wie wir selbst erkannt sind (1 Kor 13, 12). Wenn es mir nicht möglich ist, hier die vollkommene Erkenntnis zu erlangen, was bleibt noch? auf was soll ich hoffen? - Zweifellos wirst du mir sagen: auf das Reich des Himmels. - Diese besteht aber nach meiner Ansicht in nichts anderem als im Erwerb des Reinsten und Vollkommensten. Und das Vollkommenste ist die Gotteserkenntnis. Etwas von dieser Erkenntnis laßt uns bewahren, etwas hinzuerwerben, solange wir auf Erden leben, etwas aber sollten wir uns aufsparen in den dortigen Schatzkammern, damit wir als Lohn für unsere Mühen (Rede 20, [3], S. 305) erben mögen das unaussprechliche Licht und das Schauen der Heiligen königlichen Dreieinigkeit, die dann klarer und reiner leuchten wird, und Sich ganz vereinigen wird mit [unserem eigenen] ganzheitlichen [personalen] Erkennen (worin allein und insbesondere ich das Himmelreich sehe) (Rede 15, [3], S. 236 f); damit wir die allganze Erkenntnis der Heiligen Dreieinigkeit, was Diese ist nach Qualität und Quantität (falls man sich so ausdrücken darf) empfangen in Christus selbst, unserem Herrn. Ihm gebührt die Ehre und die Macht in alle Ewigkeit, Amen (Rede 20, [3], S. 305).
Anmerkung 1:
Zu Sabellius und Arius:
a) Sabellius ist ein Häretiker des 3. Jh., der behauptete, daß Gott dem Wesen nach eine Person sei, die sich in Abfolge nacheinader in drei Formen zeigt. Im AT als der gesetzgebende Vater, im NT als der erlösende Sohn, und danach als der Heiligende Geist. Nach Sabellius sind Vater, Sohn und Heiliger Geist nicht eigenständige Personen, sondern äußere Formen, Funktionen bzw. “Masken” der einen Gottheit. Gemäß dieser Häresie gab es zu der Zeit, da Gott sich als Vater offenbarte, weder den Sohn noch den Geist, sobald aber der Sohn erschien, hörte der Vater auf, zu existieren, und mit Beginn der Offenbarung des Geistes existierte der Sohn nicht mehr. Zu guter letzt wird der Heilige Geist, wenn er seine Offenbarung beendet haben wird, in den Ruhezustand und das Schweigen der einen Gottheit zurückkehren. Die Häresie des Sabellianismus wurde durch zwei Konzile verurteilt: von Alexandrien (261) und von Rom (262).
b) Die Arianer fielen in das andere Extrem und zerteilten die hl. Dreieinigkeit, indem sie den Vater vom Sohne trennten. Arius, der im Anfang des 4. Jh. auftrat und durch das 1. Ökumenische Konzil in Nikäa (325) verurteilt wurde, hielt den Sohn Gottes für ein Geschöpf, das aus dem Willen Gottes gewirkt wurde und daher nicht im Vollsinn Gott ist. Die Arianer hielten den Sohn für einen Mittler zwischen Gott und der Welt. Die meisten von ihnen anerkannten den Sohn als dem Vater “ähnlich”, aber alle verwarfen den Begriff der Wesenseinheit. Sie beschuldigten die Orthodoxen, daß sie mit ihrer Lehre, der Sohn sei “eines Wesens mit dem Vater”, angeblich nach sabellianischer Art den Unterschied zwischen Vater und Sohn vernichteten, und sie - angeblich - in eine Person vermischten.
In Wirklichkeit verstanden sowohl die Sabellianer als auch die Arianer nicht richtig zu unterscheiden zwischen dem Begriff der Person (eigenständige Hypostase) und dem Begriff des Wesens (Natur). Genau das klärt hier der hl. Gregor von Nazianz.
Anmerkung 2:
2 Dieser Ausdruck des Kirchenlehrers hat nichts mit der katholischen Lehre vom Fegefeuer zu tun, die von der Orthodoxen Kirche verworfen wird, s. das Buch “Der hl. Markos von Ephesos und die Florentiner Union” (russ.) von Archimandrit Amvrosij (Pogodin), Jordanville 1963, S. 118-150.
Bibliographische Angaben:
[1] = Ausgewählte Schriften des hl. Gregor von Nazianz, Patriarchen v. Constantinopel u. Kirchenlehrers, nach dem Urtexte übersetzt... von Johann Röhm, Bd. 1, Kempten 1874.
[2] = Des Heiligen Bischofs Gregor von Nazianz Reden, aus dem Griechischen übersetzt... von Dr. theol. Philipp Haeuser, Bd. 1, München 1928.
[3] = (russ. Tvorenija...) Werke unseres Vaters unter den Heiligen, Gregorios des Theologen..., Bd. 1, SPB o.J. (1911?).