Joh 5,1-15 (19.05.2019_Sonntag_des_Gelähmten)

Christus ist auferstanden!

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

das heutige Evangelium (Joh 5,1-15) handelt von der Heilung eines Gelähmten am Teich Bethesda. Dieser Teich lag in Jerusalem bei dem Schaftor und heißt übersetzt „Haus der Barmherzigkeit“[1]. Wahrhaftig war es ein Ort der Barmherzigkeit, denn von Zeit zu Zeit ließ Gott einen Engel herabsteigen, welcher das Wasser berührte. Dem ersten nun, welcher daraufhin in das Wasser stieg, wurde seine Gesundheit zurück geschenkt. Den Teich umgaben fünf Säulenhallen, in denen sich die Kranken aufhielten, um zum richtigen Moment in den Teich zu steigen und geheilt zu werden.[2]

Und es begab sich zu der Zeit eines Festes der Juden, als Jesus nach Jerusalem kam und an diesem Teich vorüberkam und die Säulenhallen betrat. In einer der Hallen befand sich ein Mann, welcher schon seit 38 Jahre dort krank lag und es alleine nicht schaffte schnell genug in den Teich zu steigen. Es ist kaum vorzustellen, was diese 38 Jahre mit dem kranken Mann gemacht hatten. Er sah andere kranke Menschen kommen. Sah, wie sie geheilt werden. Sah, wie sie wieder gingen. Jahr für Jahr das selbe Spiel. Immer wieder versuchte er sein Glück und schaffte es nur unter größter Mühe zu dem Teich. Und dort angekommen, war es immer wieder zu spät.

Aber gerade diesen Mann sieht Christus und fragt ihn: „Willst du gesund werden?“ Was ist dies für eine Frage? 38 Jahre lang lag der Mann schon krank dar, wartete noch immer auf seine Heilung und ertrug seine Krankheit. Und so antwortet der kranke Mann: Herr, ic­h habe keinen Menschen, der mich in den Teich wirft, wenn dieser durch den Engel bewegt wird.

„Ich habe keinen Menschen“ - was für eine Antwort auf die Frage, ob er gesund werden will. Sich selbst konnte der Mann nicht helfen und die Hilfe eines anderen hätte er gebraucht. In der Aussage „Ich habe keinen Menschen, der mir hilft.“ ist Gott ganz weit weg. Hier der Kranke, der einen Menschen gebraucht hätte, um zu dem Teich zu gelangen, welchen Gottes Engel berührte. Doch auf diese Klage bietet Jesus Christus als Person selbst eine Antwort. Als Mensch sichtbar steht er vor dem Kranken und bringt ihm als Sohn Gottes Gott selbst ganz nahe. Gott wurde in Jesus Christus Mensch, um gerade diesen Mann, der keinen Menschen hatte, zu Gott zu tragen und Heilung zu schenken. Und so spricht Jesus zu ihm: „Steh auf, nimm dein Bett und geh umher!“ Und der Gelähmte wird geheilt und steht auf.

In der Aufforderung „Steh auf!“ fand der Körper des Kranken Heilung. Der Aufforderung „Nimm dein Bett und geh umher!“ kam der geheilte Mann sofort nach. Doch hinter den Worten „Nimm dein Bett“ steht mehr, wie nur das tragen des eigenen Bettes. Zuvor wurde der Kranke auf seinem eigenen Bett getragen. Nun soll er selbst tragen, was ihn getragen hatte. Dieses Tragen bezieht sich auf jeden, der nun seinerseits eines Bettes bedarf. Also „Nimm dein Bett“, trage, nachdem du selbst getragen worden bist, deinen Nächsten „und wandle“, damit du ans Ziel gelangst. 

Als nun der geheilte Mann sein Bett trägt und umhergeht, wird er von den Juden angesprochen, warum er den Sabbat bricht, indem er so handelt. Daraufhin verweist der geheilte Mann auf die Worte dessen, der ihn geheilt hat. Mit gutem Recht tat der Mann, was derjenige, welcher die Wahrheit und das Leben ist, ihm gesagt hatte. Doch selbst wusste er nicht, wer dieser Mann war. Denn Jesus war in der großen Menschenmenge, welche an diesem Ort war, wieder verschwunden.

Trotz der Unkenntnis über Christus, ließ der geheilte Mann trotzdem nicht ab weiter sein Bett zu tragen und zu wandeln. Denn in der Dankbarkeit und Liebe gegenüber Gott geht der Geheilte in den Tempel, wo er von Jesus wieder gesehen wird. In der Menge fand der Geheilte Jesus nicht, im Tempel jedoch wurde er wieder von Jesus gefunden. Zwar sah ihn Jesus sowohl in der Menge als auch im Tempel; jener Kranke aber erkannte Jesus in der Menge nicht – erst im Tempel erkennt er ihn wieder. So kam der Geheilte also zum Herrn, er sah Ihn im Tempel, er sah Ihn an einer geweihten Stätte – an einem heiligen Orte – nicht im Trubel der Menge - und Jesus spricht wieder zu ihm.

Und was hört er von ihm? „Siehe, du bist nun gesund geworden; sündige nicht mehr, damit dir nicht etwas Schlimmeres widerfahre“. So gräbt sich die Erkenntnis über den Urheber seiner Gesundheit so tief in den geheilten Mann ein, dass er nicht lange wartet, um auch den Juden davon zu verkündigen, dass Jesus der Urheber seiner Heilung gewesen ist.

Mögen auch wir in unserer Krankheit uns zu Christus wenden. Mögen wir bei innerer und äußerer Heilung bereit werden auch anderen zu helfen. Mögen wir aus der erfahrenen Liebe Gottes unseren Nächsten lieben und Gott dabei in der Ruhe eines Ortes wie der Kirche aufsuchen, um Ihm zu danken. Denn Ihm gebührt alle Verherrlichung, Ehre und Macht, in alle Ewigkeit. Amin.

 

[1]In dem Teich Bethesda, welcher Haus der Barmherzigkeit heißt, wurde jeweils nur ein Mensch durch die Berührung des Engels geheilt. Doch war wäre dies für ein Haus der Barmherzigkeit, wenn durch Gottes Barmherzigkeit und Güte nicht allen Menschen Heilung zugute kommen könnte. Und gerade deshalb ist es nicht primär die äußere Heilung, sondern die innere Heilung eines Menschen, welche in dem Menschwerden, Leiden und Auferstehen Jesu Christi der ganzen Welt angeboten wird.

[2]Der hl. Augustin deutet den Teich auf das Volk Israel (vgl. Apk und die Deutung der Wasser auf die Völker), die fünf Säulenhallen auf die fünf Bücher Moses und das Liegen der Kranken darin darauf, dass das Gesetz selbst nicht heilte, sondern nur die Sünde aufdeckte (vgl. Röm).