Lk 17,12-19_Kol 3,4-11 (19.01.2020)
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,
den vergangenen Sonntag betrachteten wir den Beginn des Wirken Jesu. Sein Predigen begann mit den Worten „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ (Mt 4,17) „Tut Buße“ oder wie man (das Wort μετάνοια/metania) vielleicht treffender übersetzen kann „denkt um“ oder „kehrt um“, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. In dem heutigen Evangelium (Lk 17,12-19) wird uns ein Beispiel für dieses Umdenken und Umkehren vor Augen gestellt.
- Die Heilung der zehn Aussätzigen
So kam Jesus auf dem Weg nach Jerusalem durch ein Dorf, in welchem Ihm zehn aussätzige Männer begegneten und Ihm von weitem zuriefen: „Jesus, Meister, erbarme dich unser.“ (V.12-13) Und Jesus reagierte auf ihr Rufen und sah sie an. Sein Blick traf ihre Not und Er wies sie an sich dem Priester zu zeigen. (V.14) Der Priester am Tempel hatte die Aufgabe, die Heilung von Aussätzigen festzustellen, sie vor Gott zu entsühnen und am Schluss wieder in die Gemeinschaft aufzunehmen. (vgl. Lev 14) Ohne, dass die kranken Männer von ihrem Aussatz geheilt worden waren, machten sie sich im Vertrauen auf die Worte Jesu auf den Weg. Und als sie sich auf dem Weg befanden, geschah das Wunder und alle zehn Aussätzigen wurden plötzlich von ihrer Krankheit geheilt wurden. (V.14)
- Die Reaktion der geheilten Aussätzigen
Welch eine Freude muss diese Männer erfüllt haben. So lange schon krank und ausgestoßen – und nun geheilt und bereit für Gemeinschaft. Wie groß muss ihr Wunsch gewesen sein, nun so schnell wie möglich zum Priester zu kommen, um ihre Heilung bestätigen zu lassen und dann endlich wieder ein „normales“ Leben führen könne. Auf diesem Weg kam es aber dazu, dass einer der zehn Männer umdachte. Er gedachte den Worten Jesu, welcher sie auf diesen Weg geschickt hatte. Und so beginnt einer von diesen zehn Männern umzudenken und schließlich auch umzukehren. Er verlässt den vorgeschriebenen Weg des alten Gesetztes und kehrt zurück zu Jesus. (V.15) In Dankbarkeit kehrt dieser Eine um und fällt vor den Füßen Christi nieder. In Dankbarkeit lobt er Gott und dankte Christus. (V.15-16) „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ Es war einer der zehn Geheilten, welcher erkannte, dass ihnen in Jesus Christus das Himmelreich nahe gekommen war. Und es war nur dieser Eine, welcher umkehrte und Gott dankte.
- Umkehr aus Dankbarkeit
Letzte Woche hörten wir den Beginn der Predigt Jesu mit den Worten: „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ Diese Woche erhalten wir ein Beispiel für diese Umkehr aus Dankbarkeit. Gott kam nicht in die Welt, um zu strafen, sondern um zu retten war verloren ist. (Joh 3,17) In dem Aufruf zu einer Umkehr geht es nicht primär um eine Teilhabe am Leiden Christi. Es geht auch nicht um eine Umkehr als Flucht vor der Strafe. Vielmehr geht es um ein Umkehren zu Gott aus Dankbarkeit über die erfahrene Heilung unserer Seelen. So wie die Aussätzigen durch ihre Krankheit von der Gemeinschaft mit den Menschen getrennt waren, so sind auch wir durch unsere Sünde von der Gemeinschaft mit Gott getrennt, bis wir Heilung und Vergebung erfahren haben. Erst aus dieser Erfahrung heraus wird es, wie bei dem geheilten Gelähmten, auch für uns möglich sein, dass wir in Dankbarkeit, und nicht aus Angst, von unserem Lebensstil und unserem Verhalten umkehren und Gott aus vollem Herzen loben und danken.
In der heutigen Epistellesung an die Kolosser (3,4-11) heißt es: „Nun aber legt alles ab von euch: Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, schandbare Worte aus eurem Munde; belügt einander nicht“ (V.8-9a) Der hl. Apostel Paulus ruft zu einem Umdenken und einer Umkehr in unserem Handeln auf. Doch eine solches Umdenken ist erst dann immer wieder möglich, wenn wir selbst die Liebe und Barmherzigkeit Gottes erfahren haben, zu der wir zurückkehren können. Denn erst, was wir durch die Gemeinschaft mit Gott empfangen haben, können wir auch in der zwischenmenschlichen Gemeinschaft weitergeben.
So schenke es Christus, unser Gott, dass wir immer wieder an unseren Seelen Heilung erfahren, um in Dankbarkeit umzukehren und die erfahrene Liebe und Barmherzigkeit Gottes weiterzugeben. Denn Gott wollen wir in Dankbarkeit loben und anbeten, jetzt, immerdar und in alle Ewigkeit. Amin.
Weitere Gedanken zum Nachdenken:
- Welcher Zusammenhang besteht zwischen Metanoia (Umkehr) und Metanie (die Verbeugung vor den Ikonen). Beides geht auf die Wortwurzel μετάνοια/metanoia zurück. Stellt nicht somit die Metanie vor den Ikonen und der geistlichen Wirklichkeit, welche dahinter steht, auch eine Umkehr und Hinkehr zu Gott dar?
- Die zehn Aussätzigen können geistlich für die zehn Gebote stehen. Nun hatten die Juden die Fülle des Gesetztes und trotzdem kehrte nur einer von den Zehn um, um Gott zu loben und zu danken. Zudem war dieser Eine ein Fremder, ein Samariter. In welcher Gefahr stehen wir also, wenn wir in der Kirche die Fülle der Offenbarung Gottes haben, aber diesen geistlichen Schatz nicht in Dankbarkeit leben. Stehen wir dann nicht auch in der Gefahr, wie die neun Aussätzigen nicht zu Gott zurückzukehren? Und vielleicht ist es dann der eine „Fremde“, welchem Gott nur ein Zehntel offenbarte, welcher aber alles davon ergriff und in Dankbarkeit zu Gott zurückkehrt.