Predigt zum 18. Herrentag nach Pfingsten (2 Kor. 9:6-11; Lk. 5:1-11) (11.10.2020)
Liebe Brüder und Schwestern,
heute geht es in beiden Lesungen um Gottes reiche Gaben an uns Menschen. Gott verfährt unendlich weise, indem Er stets unser Seelenheil als Endziel ins Auge fasst, auch wenn dies unserem Blick verborgen bleiben mag. Aber manches kann Gott doch offenbar machen – zu unserem Verständnis.
In der heutigen Lesung aus dem Lukasevangelium hörten wir, wie der Herr am Ufer des Sees Genezareth von einem Boot aus einer großen Menschenmenge das Wort Gottes predigt. Danach bietet Er dem Petrus, dem das Boot gehört, an, auf den See hinauszufahren und dort die Netze erneut auszuwerfen. Aus rein fachlicher Sicht ist das abwegig – wenn sie die ganze Nacht umsonst gearbeitet haben, wird jetzt, am Tage, logischerweise nichts auf Anhieb in den Netzen sein. Und doch gehorcht Simon Petrus nicht seinem „professionellen“ Verstand, sondern befolgt die Anweisung des Herrn (s. Lk. 5:5)... - Und gerade solche Leute sucht der Herr für die Arbeit auf Seinem „Ackerfeld“ (s. 1 Kor. 3:9) – die kommen, um sich belehren zu lassen, und nicht, um selbst zu belehren! Und als Simon Petrus das Ergebnis seines demütigen Gehorsams sieht, fällt er dem Herrn zu Füßen und erklärt sich selbst für unwürdig, Empfänger einer solchen Gnade zu sein!.. Ist das nicht eine geradezu plastische Darstellung der wahrhaften asketischen Geisteshaltung, wie sie die heiligen Väter beschreiben?!.. Petrus vertraut nicht auf seinen Verstand, beharrt nicht auf seinem Willen, hebt nicht seine vermeintlich bessere Sachkenntnis hervor – und wird großer Gnade gewürdigt. Dies war freilich ganz zu Beginn seiner Jüngerschaft. Bis zum Apostel und Menschenfischer (s. Lk. 5:10) war es da noch ein weiter Weg. Aber den ersten Eignungstest hatte er bestanden. Denn als es darauf ankommen wird, wird er als der stärkste unter den Aposteln die Rede des Herrn vom Essen des Fleisches und vom Trinken des Blutes des Menschensohnes – so unverständlich und untragbar sie für den menschlichen Intellekt auch klingen mochte – im Vertrauen auf die göttliche Autorität (s, Joh. 22:69) seines Meisters als „Worte des ewigen Lebens“ annehmen (s. 6:68) und die Brüder später, nach seiner Bekehrung, stärken können (s. Lk. 22:32).
Seine Haltung ist ein lehrreiches Beispiel für uns, wie ehrfürchtig, sorgfältig und verantwortungsvoll wir mit der uns geschenkten Gnade umgehen sollen. Ein anderer hätte an seiner Stelle wohl die Chance gesehen, sich mithilfe von Christi Wunderkraft materiell zu bereichern (s. Mt. 8:20; Lk. 9:58; vgl. Apg. 8:18-23), Simon Petrus aber fällt dem Herrn zu Füßen und bittet Diesen, wegzugehen von ihm, weil er ein Sünder ist. Dennoch will Petrus mit dem Herrn bleiben, – wie könnte es auch anders sein? –, umklammert womöglich Seine Füße, damit Er ihn doch nicht verlässt… Und so wollen auch wir verfahren – einerseits rufen: „Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder“ (Lk. 5:8), und andererseits zu Ihm flehen: „Bleib doch bei uns...“ (Lk. 24:29) – „denn Erbarmen und Wahrheit liebt der Herr, Gott gibt Gnade und Herrlichkeit“ (Ps. 83:12).
Wer nur auf sein menschliches Vermögen vertraut, der „hindert“ Gott daran, Ihm Seine Gnade zu schenken. Oft geschieht das auch aus Übereifer (s. Röm. 10:2). Enthusiasmus und hehre Gesinnung sind zwar gut und richtig, sogar unabdingbar, aber allein, ohne Gottes Segnung, bleiben sie irdische (also endliche) Ressourcen, die ohne die Gnade des Herrn nicht zu ihrer vollen Entfaltung kommen können. Und so enden wohlgemeinte gemeindliche Unternehmungen oftmals in Zank und Hader, leben einstmals glücklich Verheiratete ab einer bestimmten Lebensphase nur noch wie das sprichwörtliche „alte Ehepaar“, kommt es aufgrund irdischer Gesinnung sogar zu Spaltungen in der Kirche... Irgendwas muss da schiefgelaufen sein. Deshalb heißt es: „Lasst nicht nach in eurem Eifer, lasst euch vom Geist entflammen und dient dem Herrn“ (Röm. 12:11-12). Der Mensch muss seinen Beitrag leisten, – dem Herrn, und nicht sich selbst dienen –, dann wird auch Gott das Seinige tun. „Denkt daran: Wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten; wer reichlich sät, wird reichlich ernten“ (2 Kor. 9:6). Jegliches Handeln muss auf einer geistlichen Grundlage stehen, um von Gott angenommen zu werden.
Es ist aber nicht leicht, Gottes Willen zu erkennen. Ohne die Demut des Petrus können wir leicht zur Beute des Widersachers werden (s. Eph. 5:15-17) und statt Gottes Wort zu verkündigen, uns für die Einrichtung von Krötenwanderwegen einsetzen. Deshalb beten wir allabendlich vor dem Schlafengehen: „Sei der Beschützer meiner Seele, o Christus, denn ich wandle inmitten zahlreicher Fangnetze. Erlöse mich von diesen, o Erretter, und errette mich, denn Du bist gut und Menschen liebend!“ Aber versteht das der nicht geistlich Gesinnte?!..
Nehmen wir das leichte Joch Christi auf uns (s. Mt. 11:29-30), um zu jeder Zeit dem Bösen widerstehen zu können! Ohne dieses Gnade bringende Joch ist selbst das wohlgemeinte Idealbild nur Teufelswerk, „Freiheit“, „Selbstbestimmung“, „Menschenrechte“ etc. werden heute so ausgelegt, dass es nur Freiheit gibt, aber keine Verantwortung damit verbunden ist. So ergänzen sich Verantwortungsbewusstsein und Entscheidungsfreiheit z.B. vorzüglich, wenn man vor dem Schwangerwerden die verantwortungsvolle Entscheidung trifft, ob man ein Kind austragen will oder nicht, nicht nachher!.. Das aber haben die Leute verlernt. Vielleicht ist das ja auch so gewollt, denn eine winzige aber sehr einflussreiche Minderheit bestimmt seit Jahren das Denkverhalten unserer Kinder, so dass wir unsere Jugend nur dann vor diesem süßen Gift schützen können, wenn wir unser eigenes Lebenswerk auf dem geistlichen Fundament der Kirche (s. 1 Tim. 3:15; 2 Tim. 2:19) errichten. Dann wird Gott auch die Früchte unserer bescheidenen Gerechtigkeit wachsen lassen (s. 2 Kor. 9:10). Amen.