Predigt zum 3. Herrentag nach Pfingsten (Röm. 5:1-10; Mt. 6:22-33) (11.07.2021)
Liebe Brüder und Schwestern,
am heutigen letzten Herrentag der diesjährigen Apostelfastenzeit bietet uns die Heilige Kirche eine Lesungen aus dem Apostelbuch an, die uns alle vor dem Hintergrund der immer stärker werdenden subtilen Angriffe auf die Kirche Christi im Glauben und in der Zuversicht bestärken: „Gerecht gemacht durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch Ihn haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. Mehr noch, wir rühmen uns unserer Bedrängnis; denn wir wissen: Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld aber Bewährung, Bewährung Hoffnung. Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen: denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, Der uns gegeben ist. Christus ist schon zu der Zeit, da wir noch schwach und gottlos waren, für uns gestorben. Dabei wird nur schwerlich jemand für einen Gerechten sterben; vielleicht wird er jedoch für einen guten Menschen sein Leben wagen. Gott aber hat Seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Nachdem wir jetzt durch Sein Blut gerecht gemacht sind, werden wir durch Ihn erst recht vor dem Gericht Gottes gerettet werden. Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod Seines Sohnes, als wir noch (Gottes) Feinde waren, werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch Sein Leben. Mehr noch, wir rühmen uns Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn, durch Den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben“ (Röm. 5:1-11).
Nach den langen Wochen der kirchlichen Festlichkeit und der geistlichen Freude zwischen Ostern und Pfingsten ist nun wieder die willkommene und ersehnte Zeit für die Besinnung auf unsere Sündhaftigkeit da. Wenn ich Ihnen einen kleinen Einblick in mein persönliches Seelenleben geben darf, so muss ich gestehen, dass nach der Großen Fastenzeit und der Karwoche, während derer die Seele sich läutert und dabei durch eine schier unerschöpflichen Quelle der Gnadengaben gelabt wird, in der Festzeit der Gebetseifer und das Verlangen nach bußfertiger Erneuerung der Seele ermüden. Vielleicht liegt es daran, dass wir in der Lichten Woche, anders als während der Karwoche, (aus technischen Gründen) keine Gottesdienste haben. Wir können wegen unserer personellen Not gewissermaßen nicht die gesamte geistliche Ernte einfahren, die während der Fastenzeit gesät wurde und in der Karwoche gereift ist. Und zu Hause, ohne die beflügelnden Gottesdienste, ist der Gebetseifer nach dem Fastenbrechen wie paralysiert. Wie schön, dass es nach dem Fest aller Heiligen die nächste Fastenzeit gibt, welche dieses Jahr wegen des späten Ostertermins ziemlich kurz ausgefallen ist. Diese gut zwei Wochen ermöglichen es uns, wieder in den Fasten-Modus zu gehen und sich auf unsere seelischen Gebrechen zu konzentrieren. Und wenn wir das tun – unsere unendliche Unwürdigkeit vor unserem Herrn bekennen – brennen unsere Herzen wieder vor Dankbarkeit dem Herrn gegenüber – und das erzeugt in uns wiederum die Bereitschaft, alle uns herabgesandten Prüfungen geduldig zu ertragen und den Mitmenschen ihre Verfehlungen von Herzen zu verzeihen. Das ist, mit meinen äußerst bescheidenen sprachlichen und intellektuellen Mitteln formuliert, die geistliche Quintessenz der oben zitierten Passage aus dem Römerbrief. Welch eine Freude der empfindet, welcher sich auf seine Verfehlungen vor Gott besinnt! Wahrlich: „Opfer Gott ist ein zerschlagener Geist, ein zerschlagenes und demütiges Herz wird Gott nicht verachten“ (Ps. 50:19).
Oder wollen wir etwa nicht nach dem Willen des Herrn leben, wie es uns die Heilige Schrift, die Heilige Überlieferung und die kanonische Ordnung der Kirche lehren?! Niemand von denen, welche diese (äußeren) Regeln im Geist Gottes befolgen (s. Röm. 8:3-4ff), fühlt sich dadurch in ein Korsett gezwängt, „denn das Gesetz des Geistes und des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes“ (Röm. 8:2). Todbringend ist vielmehr das Trachten des Fleisches (s. Röm. 8:6), - die vom liberalen Zeitgeist propagierte „Geisteshaltung“, welche von allen Seiten auf uns herein prasselt. Seit Jahrzehnten schon ist der ESC völlig in den Händen einschlägiger Kräfte, doch nun haben sie erreicht, dass auch die Fußball-EM im Zeichen dieses falsch verstandenen Toleranzdenkens steht. Nur gut, dass in Sankt-Petersburg, Budapest und Baku keine Werbereiter in Regenbogenfarben in unsere Wohnzimmer flimmerten. Was mich vor allem stört, ist dieses arrogante Überlegenheitsgefühl der abendländischen Mentalität, das a priori davon ausgeht, dass einzig und alleine ihre „aufgeklärte“ Denkweise richtig ist und sich ihr alle anpassen müssen. Aber auf dieser Erde gibt es neben den verbliebenen Vertretern eines (verschiedene Konfessionen übergreifenden) aufrechten, nicht weichgespülten Christentums noch Milliarden Muslime, Juden, Buddhisten und Hindus u.v.a., welche dieses Weltbild nicht mit den von der LGBTQ-Bewegung vereinnahmten Gesellschaftsschichten im Abendland teilen. Das aber zeugt von mangelnder Empathie seitens des Abendlandes für andere Denkmuster mit unterschiedlichen Mentalitäten, die von verschiedenen Religionen bestimmt und z.T. von tausendjährigen Kulturen geprägt wurden.
Aber ist liberales Denken tatsächlich auch todbringend, wie behauptet?..
Toleranz ist an sich ja etwas Gutes und Wertvolles. Aber gepaart mit Blauäugigkeit führt sie in der Tat zu verheerenden Folgen. Naivität ist bei kleinen Kindern rührend (für sie sind Papa und Mama zurecht die besten der Welt). Bei Halbwüchsigen ist sie vielleicht noch herzerfrischend, aber bei reifen Menschen ist sie ein großes Übel mit unvorhersehbaren Folgen – vor allem bei solchen, die Verantwortung für Andere tragen. Ich will das an unserer zeitgeschichtlichen gesellschaftlichen Entwicklung festmachen. Im Jahre 1999 wurden in unserem Lande die ersten Eingetragenen Lebensgemeinschaften offiziell zugelassen. Wir erinnern uns an die Bilder in allen Nachrichtenkanälen von Männern in weißen Anzügen, die vor den Standesämtern mit Sektgläsern auf ihr gemeinsames Glück anstoßen und sich öffentlich küssen. Innerlich akzeptiert man es als frommer Christ zwar nicht (vgl. Röm. 1:18-32), toleriert es aber als gesetzeskonformer Staatsbürger (was wir Christen ja auch sind – s. Röm. 13:1-7). So weit, so gut. Dasbei ich erinnere mich aber noch genau an den entlarvenden Satz eines Vertreters der Lesben- und Schwulenbewegung, der damals klipp und klar von sich gab: „Unser Ziel ist die Abschaffung der Familien“ (!). Danach war aber lange Zeit keine Rede mehr davon, solange die „alternativen Lebensformen“ noch für die vollkommene rechtliche Gleichstellung mit dem traditionellen Familienmodell stritten. Seit der Einführung der „Ehe für alle“ ist diese Zurückhaltung passé. Im Bundestag wurde bereits ein Gesetzentwurf eingebracht, der Paaren (auch ohne „Trauschein“), die auf herkömmliche (natürliche) Weise keine Kinder zeugen können, auf künstliche Weise und auf Kosten der Allgemeinheit den Kinderwunsch ermöglichen soll. Mit anderen Worten: die Familien verlieren ihr Monopol auf Kindeszeugung und -erziehung. Außereheliche Kinder gibt es schon seit Langem, aber jedem war bisher noch bewusst, dass das Aufwachsen in wohlbehüteten Familienverhältnissen (früher die Norm – heute fast schon die Ausnahme) ein großes Glück darstellt. Der heranwachsenden Generation geht dieses Selbstverständnis ja jetzt schon teilweise ab, von den kommenden Generationen ganz zu schweigen. In ein oder zwei Generationen wird es dann „normal“ sein, dass man seinen Papa vielleicht nicht kennt und auch die Mütter sich bei der Zuordnung der Väter ihrer Kinder schwertun. Und das alles vor dem Hintergrund einer nahezu unkontrollierten Einwanderungspolitik vornehmlich aus der muslimischen Welt! Sehen die Verantwortlichen denn nicht, wozu das angesichts der hinlänglich bekannten demographischen Entwicklung in wenigen Jahren führen wird?! So werden wir in wenigen Jahrzehnten keine multikulturelle Gesellschaft mehr haben; stattdessen wird das gesellschaftliche Leben von einer dann dominanten Kultur bestimmt werden, deren offizielle Repräsentanten sich bislang bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, Geschlechtsumwandlungen, Abtreibungen etc. noch vornehm zurückhalten (warum wohl?!). Doch wenn es dann so weit ist, wird wenig Toleranz gegenüber dem liberalen Treiben der untergehenden abendländischen Zivilisation gewährt werden. Und wer mich jetzt der Schwarzmalerei oder der Volksverhetzung beschuldigt, möge mir bitte ein Herkunftsland dieser bei uns rasant wachsenden Religionsgruppe nennen, in dem Minderheiten die gleichen Rechte haben wie die dort beheimatete Mehrheit. Nur ein Land!.. Das sind nämlich Fakten!
Damit nicht genug. Wir werden ab dem Jahr 2024 ein Gesetz haben, das es verbietet, länger als sechs Tage ausgebrütete Hühnereier für die Nahrungsmittelherstellung zu verwenden, um den noch nicht geschlüpften Küken mögliche Schmerzen zu ersparen. Ich begrüße natürlich die Sorge um das Tierwohl, aber gibt es einem nicht zu denken, dass die Vertreter derselben politischen Gruppierungen menschliche Embryonen vor Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Abtreibungsfrist als „genetische Masse“ bezeichnen?! Es ist wie mit den übrigen neoliberalen Gesetzesprojekten: die Mehrheit ist entweder dagegen oder hat keine Ahnung, aber ein Etappenziel nach dem anderen wird somit ohne ernsthaften gesellschaftlichen Diskurs erreicht. Die Mehrheit der Alten schüttelt zwar verständnislos den Kopf, aber es geht ja nicht mehr um deren Zukunft. So werden die Massen auch in sogenannten freiheitlichen Gesellschaftsmodellen Schritt für Schritt zielgerichtet manipuliert. Es beginnt ja schon im Kindergarten. Und wenn die Kinder die Schulen verlassen haben, tragen sie dieses verquere Weltbild in sich. Und das nennt sich dann Demokratie?! So wie in der Demokratischen Volksrepublik Korea...
Die aufgezählten Zusammenhänge müssen doch zu denken geben. Aus meiner Sicht ist das Verschweigen oder die Verdunkelung von Fakten aus falsch verstandenem Toleranzdenken angesichts derart weitreichender und bereits abzusehender Folgen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das gesellschaftliche Bestreben der westlichen Welt gilt der „Gleichstellung“ aller möglichen Lebensformen und deren Export fast ausschließlich in Länder mit einer christlichen Restkultur. Länder wie Serbien oder Georgien müssen bei sich Gay-Paraden zulassen, damit sie eine Beitrittsperspektive zu dieser „Wertegemeinschaft“ erhalten. Ist das Toleranz gegenüber der mehr als tausendjährigen christlichen Kultur dieser Völker?!
Und was hat dieses aberwitzige „Freiheitsdenken“ der Ukraine gebracht?!..
Warum setzt man sich nicht mit demselben Elan für Frauenrechte in außereuropäischen Ländern ein?! Die nächste Fußball-WM findet 2022 in Katar statt – ein ideales Betätigungsfeld für alle Vorkämpfer von „Gleichberechtigung“. Aber stattdessen wird alles darangesetzt, die traditionellen Gesellschaftsnormen in christlichen Ländern auszulöschen.
Um das zu verhindern, müssen alle lauwarmen Christen jetzt erkennen, dass nur eine gesellschaftlich verankerte Kirche mit entsprechenden Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Gesetzgebung den totalen Zusammenbruch der christlichen Zivilisation verhindern kann. Die Kirche strebt aber keinesfalls die Macht im Staate an (das ist der Orthodoxie fremd). Es hängt jedoch von jedem Einzelnen ab, ob die Stimme der Kirche als oberste geistige und moralische Autorität in der Gesellschaft wahrgenommen werden kann. Ein lascher und passiver „Glauben im Herzen“ der getauften Massen ist da völlig unzureichend, vor allem vor dem Angesicht der geballten Kraft der Mächte der Unterwelt (s. Eph. 6:12). Noch haben wir aber unsere Kirchen als sichere Orte der Anwesenheit Gottes (s. 3 Kön. 9:3), die Göttliche Liturgie, an der wir alle nach dem Gebot des Herrn (s. Lk. 22:19) teilnehmen und so in Seinem Leib an Seiner Gottheit Anteil haben. ... Und jetzt kehren wir bitte noch einmal zu der heutigen Epistel-Lesung zurück, lassen uns von diesen Worten inspirieren, damit wir alle gemeinsam stark im Glauben sein können. Amen.
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2021
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