Predigt zum 6. Herrentag nach Pfingsten (Röm. 7:6-14; Mt. 9:1-8)(01.08.2021)
Liebe Brüder und Schwestern, wieder einmal lesen wir heute über die wundersame Heilung des Gelähmten vonKafarnaum, den vier seiner Freunde auf einer Tragbahre dem Herrn zu Füßenlegen. Bei Matthäus wird dieses Ereignis, das wir ja zur Genüge kennen, etwasknapper geschildert als bei Markus und Lukas. Details sind aber zweitrangig,denn es geht uns um das Wesentliche: „Als Jesus ihren Glauben sah, sagte Erzu dem Gelähmten: ́Hab Vertrauen, Mein Sohn, deine Sünden sind dirvergeben!`“ (Mt. 9:2b). Für die anwesenden Schriftgelehrten kam das einerLästerung gleich (s. 9:3). Sicher kann jeder die ihm persönlich zugefügtenKränkungen und Ungerechtigkeiten vergeben und damit schon einen großenSchritt auf dem Weg zur Gottessohnschaft tun (vgl. Mt. 6:12,14-15; Joh. 1:12),aber allgemein die vorGott begangenen Sünden vergeben – das kann in der Tatnur Gott allein (vgl. Mk. 2:7; Lk. 5:21). Deshalb erbringt unser Herr hier an Ortund Stelle den Beweis Seiner göttlichen Autorität, indem Er den Gelähmtendurch Sein Wort heilt: „Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh nach Hause!“(Mt. 9:9:6b). Denn für Gott, Der die ganze Welt durch Sein Wort erschaffenhatte (s. Gen. 1:3,6,9,11,14,20,24,26; vgl. Ps. 148:5), ist es ein Leichtes, einenDarniederliegenden wiederaufzurichten. Und wenn Er solches durch Sein Wortvermag, dann kann Er folglich auch Sünden vergeben. Und darum geht es hier!Unser Herr fragt den Gelähmten ja nicht, ob er gesund werden will, sonderntröstet ihn mit einer ungleich größeren göttlichen Gnade: „Deine Sünden sind dirvergeben!“ Der Herr lässt nicht den geringsten Zweifel an SeinerPrioritätensetzung. Als körperlich Kranker kann ich ja nichtsdestoweniger meineSeele retten – das leibliche Gebrechen kann mir hierbei sogar hilfreich sein –aber wenn ich meine Seele verliere, helfen mir alle Schätze dieser Welt nicht.Der Widersacher setz seine Prioritäten aber anders (s. Mt. 4:8-9; Lk. 4:4-7),weshalb er vor allem neu hinzugekommene Kirchgänger animiert, zuerst an dasIrdische zu denken: Gesundheit, Glück, Wohlstand, Frieden, Sicherheit etc. -und das Himmlische nach Möglichkeit ganz zu vergessen... Bei den „Gott imHerzen Tragenden“ muss er diese List gar nicht erst anwenden, was sich immerwieder von neuem zeigt, wenn man zu einer Beerdigung gerufen wird undanschließend erfährt, dass der Dahingeschiedene Wochen oder Monate todkrankwar und weder er selbst noch irgendjemand aus der „Gott tragenden“ Sippschaftauf den Gedanken gekommen ist, noch vor dem sich ankündigenden Ende einen1
Priester zu rufen. Und so sind wohl 95% der heutigen „Christen“. Und wie ofthört man auch von Christen: „Gesundheit ist das Wichtigste“. Wirklich?!..Der Herr spricht in vorliegenden Falle nur von der Vergebung der Sünden. Derganze Kontext dieser Bibellesung lässt überhaupt keinen Zweifel daran, dassJesus Christus in die Welt gekommen ist, um uns von unseren Sünden zu erlösen(s. Mt. 1:21; 26:28; Mk. 4:12; Lk. 1:77; 24:47; Joh. 1:29; 20:23; Apg. 13:38u.v.m.). Er ist ja nicht als Rächer oder Ankläger gekommen, sondern als ARZT.Ein Arzt muss aber manchmal auch zu unangenehmen bis hin zu äußerstschmerzhaften Mitteln greifen, um unsere Gesundheit zu bewahren bzw. unserLeben zu retten: Diäten verschreiben, zu Enthaltsamkeit aufrufen, bittere Pillenverabreichen, zum Skalpell greifen oder gar Gliedmaßen amputieren – und istdoch immer auf die Einsicht und das Mitwirken des Patienten angewiesen. Gottkann alles; nur hat Er es so gefügt, dass Er den Menschen nicht ohne denMenschen retten kann. Der Mensch ist frei – so frei, dass er, wenn er es will,sich auch durch Gott nicht retten lassen kann. Doch noch sind wir alletherapierbar. In der Heilanstalt Gottes, der Kirche, empfangen wir dazu den Leibund das Blut Christi, - Dessen, Der gesagt hat: „Wer Mein Fleisch isst und MeinBlut trinkt, hat das ewige Leben, und Ich werde ihn auferwecken am LetztenTag“ (Joh. 6:54). Diese „Arznei zum ewigen Leben“ ist alternativlos, denn derHerr sagt auch: „Amen, amen, das sage Ich euch: Wenn ihr das Fleisch desMenschensohnes nicht esst und Sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht ineuch“ (Joh. 6:53). Dieses „Medikament“ wirkt also noch nach tausend Jahren,wenn unsere Leiber längst in der Erde verwest sind. Es ist das Wunder derWunder, durch das wir „an der göttlichen Natur Anteil“ erhalten (s. 2 Petr. 1:4).Aber wir müssen es selbst einnehmen und selbst wollen, dass dieses einzigeMittel gegen die Sünde auch wirklich in uns wirkt. Danach wird der Herr unsauch „alles andere“ dazugeben (s. Mt. 6:33). Aber nicht umgekehrt!Dieser Plan zur Krisenbewältigung wird uns auch helfen, über die gegenwärtigeunruhige Zeit hinwegzukommen. Nur müssen wir dabei Gottes Anordnungenund den Seines Bodenpersonals Folge leisten. Im Jahre 2015 sagte einer meinerMitpilger bei einer Tasse Tee mit Vater Nikolai auf dem Athos: „Mir tun dieMenschen in der Ukraine leid“. Daraufhin Vater Nikolai: „Und, betest du für dieleidenden Menschen in der Ukraine?..“ - Schweigen war die Antwort. Das warvor sechs Jahren. Die „alten“ Krisen sind bei weitem nicht überwunden, aberweitestgehend vergessen, weil immer neue Krisen sie aus unserem Bewusstseinverdrängen. Doch wie viel Zeit und Energie wenden wir (nahezu tagtäglich) auf,um uns über das Coronavirus sachkundig zu machen, immer neue eigeneVerschwörungstheorien zu ersinnen oder anderswo vernommene weiter zuverbreiten – und wie viel Zeit und Mühe wenden wir im Vergleich dazu auf, umfür die Leidenden und von der Krankheit Bedrohten zu beten?!..Alle Zeichen der heutigen Zeit deuten darauf hin, dass wir nun, ähnlich wie derjunge Mann auf der Tragbahre, die Ursachen für jegliches irdische Leid inunseren Sünden sehen müssen. Dann kann uns geholfen werden. Der Arzt stehtjedenfalls bereit, wartet auf unseren Notruf, um uns zu Hilfe zu eilen. Amen.
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2021
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