Predigt zum 28. Herrentag nach Pfingsten / Herrentag der Heiligen Vorväter (Kol. 3:4-11; Lk. 14:16-24) (26.12.2021)
Liebe Brüder und Schwestern,
am kollektiven Gedenktag aller Heiligen des Alten Testamentes, der jedes Mal am vorletzten Herrentag vor Christi Geburt begangen wird, lesen wir immer das Gleichnis vom Festmahl. Auf allegorische Weise wird hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass Gott zwar die Menschen zur seligen Gemeinschaft mit Sich ruft, die meisten aber freundlich abwinken: „Tut uns leid, keine Zeit“.
Es ist also hier nicht die Rede von bösen Menschen – so wie im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, welche die zu ihnen gesandten Diener nacheinander misshandeln und umbringen, und schließlich auch den Sohn des Besitzers ermorden, um sich des Weinbergs zu bemächtigen – nein, dieses Gleichnis handelt eher von den zeitgenössischen Christen, die für alles Zeit finden, nur eben nicht für Gott. Sie können vielleicht sogar gute Menschen sein – wohltätig, hilfsbereit, freundlich – nur sich selbst wollen sie nicht das einzig Notwendige zugestehen: die lebendige Gemeinschaft mit unserem Herrn Jesus Christus (vgl. Lk. 10:42). Er ist doch „unser Leben“ (Kol. 3:4); warum nur berauben sie sich selbst Seiner Gnade?!.. Doch wohl deshalb, weil es ihnen an Glauben mangelt.
Wie gesagt, sie müssen keine von Grund auf schlechten Menschen sein. Und dennoch geht die Frohe Botschaft, nachdem sie in ihre Ohren gedrungen oder mit den Augen durch das geschriebene Wort aufgenommen worden ist, an ihren Herzen vorbei… All die freundlichen Entschuldigungen, die sie vorbringen – handelt es sich dabei etwa nicht um Dinge, die ausnahmslos von Gott gesegnet sind? - Der eine hat einen Acker erworben – er nutzt also die ihm von Gott verliehenen Fähigkeiten zum Broterwerb; ein anderer hat fünf Paar Ochsen gekauft – er ist also schöpferisch tätig und verwirklicht sich selbst anhand der fünf Sinne, die Gott ihm gegeben hat; wieder ein anderer hat geheiratet – er gründet eine Familie. Fleiß, Kreativität, Familie – was ist daran falsch? All das braucht die Gesellschaft, braucht auch die Kirche. Es sind doch allesamt Gott gefällige Dinge, oder?! Was also hat das Evangelium, was hat die Kirche an der Verhaltensweise besagter Menschen auszusetzen?..
In der Tat sind diese Dinge allesamt für sich genommen gut und richtig. An sechs Tagen in der Woche sollen die Menschen ja all diese Werke vollbringen, aber der siebte Tag ist dem Herrn geweiht. Denn was geschieht, wenn die sechs Werktage nicht durch den siebten Tag gesegnet werden?..
Die Zahl Sechs steht für die Werktage, ohne den siebten Tag (vgl. Ex. 20:8-11). Wenn wir uns also in den drei Bereichen Intellekt, Beruf und Familie ohne Gott entwickeln, ergibt das am Ende drei Sechsen, die nebeneinander die Zahl des Antichristen (s. Offb. 13:18) ergeben. Wir werden vielleicht glauben, dass wir Gutes und sogar Gott Gefälliges tun, aber wenn wir dies nicht zum Ruhm Gottes tun, belügen wir uns selber. Unsere Prioritätensetzung muss eine andere sein (s. Mt. 6:33; Lk. 12:31). Auf sie kommt es letztlich an, wenn wir wollen, dass Gott mit Wohlwollen auf unser Leben und unsere Werke herabblickt.
Wenn wir uns aber durch unsere Lebensweise mit den Geladenen zum Festmahl gemein machen, offenbaren wir einen eklatanten Mangel an Glauben. Der Herr ruft uns doch an Seine Tafel – zur Teilnahme an den lebenspendenden Mysterien des Leibes und des Blutes Christi! Also hat derjenige, der immer wieder etwas Wichtigeres findet als sich mit dem Herrn Jesus Christus in Seinem Leib und in Seinem Blut zu vereinigen, keinen wirklichen Glauben! Und bitte kommt mir nicht mit der billigsten aller Ausrede von „Gott im Herzen“. Wenn ich die Fußballfans anschaue, die praktisch nur für ihren Verein leben, also zu tausenden zu Europapokalspielen in die entlegensten Länder unseres Kontinents reisen, ihre gesamte Urlaubsplanung nach dem Spielkalender ihrer Mannschaft ausrichten und selbst den Sommerurlaub bewusst in der Nähe des Trainingslagers ihrer Lieblinge buchen, dazu bei Heimspielen aufwendige Choreographie auf den Tribünen organisieren und immer wieder neue spektakuläre Aktionen für ihren Klub auf die Beine stellen – ja, denen werde ich es abnehmen, dass sie ihren Lieblingsverein im Herzen haben. Wenn aber jemand nur ein Mal im Jahr zur Kirche kommt, um seine Ostereier segnen zu lassen – und auch das nur, wenn das Wetter mitspielt und wenn sonst nichts Wichtigeres ansteht – dann erschließt sich mir nicht, wo da ein Platz für Gott in seinem Herzen sein soll! Vielleicht irgendwo an 37. Stelle der persönlichen Werteskala, weit hinter Freunden, Hobbys, den Haustieren und dem wöchentlichen Stammtisch bzw. Kaffeekränzchen. Leute, betrügt euch nicht selber! Es geht um euer Seelenheil! Der Widersacher unternimmt alles, um euch durch plausibel erscheinende Ausreden vom Weg des Heils, der ohne die bewusste Hinwendung zum Glauben an unseren Herrn Jesus Christus nicht zu beschreiten ist, abzubringen (s. 1 Petr. 5:8-9; vgl. Jak. 4:7). Soll der Ruf des Herrn tatsächlich in den Herzen so vieler Menschen ungehört verhallen?!.. So bleibt dann unserem Herrn am Ende nur die traurige Feststellung: „Keiner von denen, die eingeladen waren, wird an Meinem Mahl teilnehmen“ (Lk. 14:24).
Vergessen wir bitte auch nicht, dass in der Kultur der orientalischen Völker Gastfreundschaft so gehandhabt wird, dass der Gastgeber durch den Besuch der Gäste in seinem Haus geehrt wird. Wird eine Einladung ausgeschlagen, ist das wie ein Schlag ins Gesicht des Einladenden – in diesem Falle also Gottes. Kein im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte befindlicher Mensch hätte früher jemals die Einladung seines Herrschers verschmäht. Und wenn also jemand heute nicht nach der Gnade, die ihm Gott in der Taufe geschenkt hat, leben will, dann fehlt es ihm vor allem an einem: an Glauben in seinem Herzen. Amen.
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2021
Deutsch