Predigt zum 28. Herrentag nach Pfingsten / Herrentag der Vorväter (Kol. 3:4-11; Lk. 14:16-24) (25.12.2022)
Liebe Brüder und Schwestern,
das wohlbekannte Gleichnis vom Festmahl, heute nach der Version des heiligen Evangelisten Lukas vorgetragen, leitet am Herrentag der heiligen Vorväter die letzte Phase unserer Vorbereitung auf das Geburtsfest unseres Herrn ein. Das Gleichnis endet mit den furchterregenden Abschlussworten des Herrn: „Das aber sage Ich euch: Keiner von denen, die eingeladen waren, wird an Meinem Mahl teilnehmen“ (Lk. 14:24). Da drängt sich mir der Gedanke auf, der immer wieder bei diversen Gesprächen mit formal-orthodoxen Menschen aufkommt, dass man sich zwar allzu gerne auf seine Taufe beruft (wodurch man gewiss zu den Eingeladenen / Berufenen zählt), aber niemals an der Heiligen Eucharistie, dem Mahl des Herrn teilnimmt (durch das man erst zu den Auserwählten zählt). Die Menschen zeigen durch ihr selbstgewähltes Fernbleiben vom Festmahl des Herrn, dass unser Erlöser, Dessen Ankunft in der Welt wir in knapp zwei Wochen festlich begehen werden, ihnen kaum etwas bis rein gar nichts bedeutet. Nicht von ungefähr schließen sich die Worte des Herrn an das besagte Gleichnis an, wonach diejenigen von uns, welche zu Ihm kommen und dabei Eltern, Ehepartner, Kinder, Geschwister und sogar ihr eigenes Leben nicht um Seinetwillen verachten, nicht Seine Jünger sein können. Und der Herr setzt noch einen drauf: „Wer nicht sein Kreuz trägt und Mir nachfolgt, der kann nicht Mein Jünger sein“ (Lk. 16:27).
Wie kann ich also nachprüfen, zu welcher Kategorie ich gehöre – nur zu den anfänglich Berufenen oder zu den letztlich Auserwählten; zu den (nur) Eingeladenen (das sind wir ja alle) oder auch wirklich zu den am Mahl des Herrn Teilnehmenden?! Die Frage wäre ja dem ersten Anschein nach schon allein dadurch beantwortet, indem ich mich selbst vergewissere, ob ich regelmäßig in der Kirche zur Heiligen Kommunion komme – wäre da nicht der Zusatz vom Kreuztragen bzw. von der eindeutigen Priorisierung meines Erlösers im Verhältnis zu allen erdenklichen irdischen Bindungen. Aus diesem Grunde bietet uns die heutige Lesung aus dem Apostel eine anschauliche Selbstkontrolle an, anhand welcher wir erkennen können, ob wir wahrlich mittendrin statt nur dabei sind an der Tafel des Herrn. Denn nur wenn wir unser irdisches Leben nach der Berufung des Herrn ausrichten, können wir guter Hoffnung auf die ersehnte Zugangsberechtigung zum himmlischen Festmahl sein (s. Kol. 3:1-3). Auf diesem Weg geleitet uns die Kirche.
Der Apostel schreibt an die Kolosser: „Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werdet auch ihr mit Ihm offenbar werden in Herrlichkeit. Darum tötet, was irdisch an euch ist: die Unzucht, die Schamlosigkeit, die Leidenschaft, die bösen Begierden und die Habsucht, die ein Götzendienst ist. All das zieht den Zorn Gottes nach sich. Früher seid auch ihr darin gefangen gewesen und habt euer Leben davon beherrschen lassen. Jetzt aber sollt ihr das alles ablegen: Zorn, Wut und Bosheit; auch Lästerungen und Zoten sollen nicht mehr über eure Lippen kommen. Belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Taten abgelegt und seid zu einem neuen Menschen geworden, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um Ihn zu erkennen. Wo das geschieht, gibt es nicht mehr Griechen oder Juden, Beschnittene oder Unbeschnittene, Fremde, Skythen, Sklaven oder Freie, sondern Christus ist alles und in allen“ (Kol. 3:4-11).
Wie das vorangegangene Gleichnis handelt dieser Abschnitt letztlich vom Gericht Gottes, auf das wir uns während unseres irdischen Daseins vorbereiten müssen. Alle Werke, Worte, Gedanken und Empfindungen sollen auf das Ende unseres Lebens ausgerichtet sein. Wenn dieses Leben in Christus, mit Christus und für Christus abgelaufen ist – und Christus ist unser Leben – dann dürfen wir die Hoffnung haben, dass Seine Herrlichkeit auch uns offenbart wird. Doch dazu müssen wir alles Irdische in uns abtöten. Selbstverständlich sind damit nicht die Grundbedürfnisse unserer Natur gemeint (Nahrung, Kleidung, Wohnraum, Erholung etc.), sondern die Ansprüche der gefallenen Natur, die den Zorn Gottes nach sich ziehen. Anhand dieser Dinge unterscheiden sich die Menschen darin, ob sie den Willen Gottes befolgen oder den des Widersachers, von dem wir uns nicht mehr gefangen nehmen und unser Leben von ihm beherrschen lassen dürfen. Er legt zahlreiche Fallstricke in Form von Versuchungen aus, denen wir aber furchtlos widerstehen können und hierdurch den alten Menschen ablegen und zu einem neuen Menschen werden können, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird. Es ist dies der Weg zu Erkenntnis unseres Schöpfers. Unser einmütiges Bestreben nach dieser Herrlichkeit Christi lässt alle Unterschiede zwischen den verschiedensten Menschen verschwinden, da wir dadurch alle miteinander in Christus vereint sind.
Allein die Tatsache, dass wir bei unserem Herrn nicht in Vergessenheit geraten sind, müsste uns doch in ständigen Jubel versetzen. Wie schön es doch ist, „im Reich Gottes am Mahl teilnehmen zu dürfen“ (s. Lk. 14:15); und wie furchtbar, von diesem Festmahl aus eigenem Verschulden ausgeschlossen worden zu sein!
Es zeigt sich immer wieder, dass diejenigen, welche „Gott im Herzen haben“, sich völlig unberechtigterweise in Sicherheit wähnen, weil sie alle Warnungen ausschlagen und sich trotz des Vorhandenseins aller notwendiger technischer, intellektueller oder materieller Mittel nicht um den Weg kümmern, der zum Paradies führt. Dass sie an was glauben, bezweifelt ja niemand. Das tun auch die Juden, Moslems, Heiden, sogar die Dämonen (s. Jak. 2:19). Aber orthodox sind sie dadurch lange nicht. Gott will, dass „alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim. 2:4). Wollen wir es auch?! Amen.