Predigt zum 17. Herrentag nach Pfingsten (2 Kor. 6:16-7:1; Lk. 5:1-11) (09.10.2022)
Liebe Brüder und Schwestern,
die heutige Lesung aus dem Apostelbuch beginnt mit folgenden Worten des Apostels Paulus: „Wie verträgt sich der Tempel Gottes mit Götzenbildern? Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes; denn Gott hat gesprochen: ´Ich will unter ihnen wohnen und mit ihnen gehen (gemeint ist das auserwählte Volk). Ich werde ihr Gott, und sie werden Mein Volk sein. Zieht darum weg aus ihrer Mitte (damit sind hier die heidnischen Völker gemeint), und sondert euch ab, spricht der Herr, und fasst nichts Unreines an. Dann will Ich euch aufnehmen und euer Vater sein, und ihr sollt Meine Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Herrscher über die ganze Schöpfung`“ (Röm. 6:16-18). Und quasi als Fazit zu dem kleinen Exzerpt aus dem Alten Testament (s. Lev. 26:11-12; Jer. 31:33; 32:38; Ez. 37:27; Jes. 52:11; Jer. 51:45; vgl. Offb. 18:4) fügt er folgenden Satz hinzu: „Das sind die Verheißungen, die wir haben, liebe Brüder. Reinigen wir uns also von aller Unreinheit des Leibes und des Geistes, und streben wir in Gottesfurcht nach vollkommener Heiligung“ (Röm. 7:1).
Wir alle wissen, was mit den Unreinen gemeint ist, vor dem sich die Auserwählten Gottes hüten sollen und was für die Segregation der Kinder Gottes aus der Mitte der Heiden bzw. der Ungläubigen ursächlich ist. Diese ist zugleich die Bedingung, zu der Gott uns als Seine Kinder annehmen will. Zu Zeiten des Alten Testaments sowieso, aber auch bis weit in die Neuzeit gab es an der Eindeutigkeit dieser Worte keinen Zweifel. Die einen folgten den Worten des Herr, die anderen wiederum missachteten sie; aber keinem kam damals in den Sinn, diese Worte in eine andere Richtung umzudeuten. Im Zeitalter des Humanismus wird aber alles relativiert, auch das Wort Gottes (s. 2 Petr. 3:16).
Die Lesungen zu den vorangegangenen Herrentagen lenkten unsere Aufmerksamkeit auf das Wesentliche: auf die Standhaftigkeit im Glauben (vom mondsüchtigen Jungen – s. Mt. 17:14-23), auf die kompromisslose Nachfolge Christi (vom reichen Jüngling – s. Mt. 19:16-26) und auf die Liebe zu Gott und zum Nächsten (Frage nach dem obersten Gebot – s. Mt. 22:35-46). Der Apostel Johannes warnt uns darüber hinaus vor unüberlegtem Handeln und voreiligen Schlüssen, indem er sagt: „Liebe Brüder, traut nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind, denn viele falsche Propheten sind in die Welt hinausgezogen. Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, Jesus Christus sei im Fleisch gekommen, ist aus Gott. Und jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, ist nicht aus Gott. Das ist der Geist des Antichrists, über den ihr gehört habt, dass er kommt. Jetzt ist er schon in der Welt. Ihr aber, meine Kinder, seid aus Gott und habt sie besiegt; denn Er, Der in euch ist, ist größer als jener, der in der Welt ist. Sie sind aus der Welt; deshalb sprechen sie wie die Welt spricht, und die Welt hört auf sie. Wir aber sind aus Gott. Wer Gott erkennt, hört auf uns; wer nicht aus Gott ist, hört nicht auf uns. Daran erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums“ (1 Joh. 4:1-6).
Wo liegt also das Problem der heutigen Zeit in Bezug auf Fragen der körperlichen und seelischen Reinheit? Klar, für den „aufgeklärten“ Menschen steht nicht Gott im Mittelpunkt seines Weltbildes, sondern der Mensch (Humanismus eben). Das ist, aus weltlicher Perspektive betrachtet, „sein gutes Recht“. Wenn sich diese weltliche Denkweise jedoch mit dem Glauben an Gott vermischt, muss es unweigerlich dazu kommen, dass sich Gottes Wille in diesem Koordinatensystem dem menschlichen Willen unterzuordnen hat, und nicht umgekehrt. Die Folgen sind heute sichtbar in der modernen Gesellschaft (in Ost und West). Deshalb ist es für uns Christen heute unerlässlich, uns nicht nur ausschließlich am Wort Gottes zu orientieren, sondern auch die richtige Deutung desselben sicherzustellen. Dazu haben wir neben der Heiligen Schrift die Überlieferung der Kirche, welche in den Kanones sowie in den Werken der heiligen Väter ihren Niederschlag gefunden hat. Nehmen wir dazu das Doppelgebot von der Liebe zu Gott und zum Nächsten, an dem „das ganze Gesetz samt den Propheten“ hängt (Mt. 22:40). An erster Stelle steht die Liebe zu Gott, die unumkehrbar mit dem Erfüllen des göttlichen Willens einhergeht (s. Joh. 14:15,23). Hierzu heißt es konkret: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was Ihm gefällt, was gut und vollkommen ist“ (Röm. 12:2; vgl. Eph. 5:17). Gottes Willen ist vollkommen. Demnach muss unsere Zielrichtung die Befolgung des göttlichen Willens sein, um a) Gott zu gefallen, aber auch, um b) dem Menschen Gutes zu tun (= was seinem ewigen Heil förderlich ist). Eltern, die ihren Kindern alles erlauben, ihnen alle Wünsche erfüllen und ihnen alles durchgehen lassen, lieben ihre Kinder nicht wirklich. Sie erfüllen dadurch nur den Willen des Widersachers, der darauf aus ist, unsere Seelen zu vernichten. Das Gleiche gilt für die totale moralische Entblößung der Gesellschaft, gegen welche die Orthodoxie ihre Stimme erhebt. Diese geistliche und moralische Rigorosität, zu der uns die Kirche erzieht, läuft aber dem vorherrschenden liberalen Zeitgeist zuwider. Deshalb der Hass dieser Welt gegen die Kirche und gegen alle orthodoxen Christen (s. Joh. 15:18-19; 1 Joh. 3:13), die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt haben (vgl. 3/1 Kön. 19:18). Die Verfolgung der Kirche Christi ist die logische Konsequenz hiervon. Wir alle werden es am eigenen Leib zu spüren bekommen, – da, wo dies nicht bereits jetzt schon der Fall ist. Der Trost Gottes wird uns gewiss sein (s. Mt. 5:10-12). „Das sind die Verheißungen, die wir haben, liebe Brüder (und Schwestern). Reinigen wir uns also von aller Unreinheit des Leibes und des Geistes, und streben wir in Gottesfurcht nach vollkommener Heiligung“ (Röm. 7:1). Amen.