Predigt zum 18. Herrentag nach Pfingsten (2 Kor. 9:6-11; Lk. 5:1-11) (08.10.2023)
Liebe Brüder und Schwestern,
die Berufung der ersten Jünger des Herrn geschieht am Ufer des Sees Genezareth in der Nähe von Kafarnaum, in welcher unser Herr für die Zeit Seiner irdischen Mission sesshaft geworden war. Gerade hatte Er in der Stadt das Wort Gottes gepredigt und war aufgebrochen, um auch anderen Städten die Frohe Botschaft vom Königtum Gottes zu bringen. Bemerkenswert ist, dass die Menschen Ihn sogar am Weggehen hindern wollten. Selbst dann, als Er Sich schon an einen entlegenen Ort begeben hatte, suchten und fanden Ihn die Leute. Und so predigt Er ihnen erneut vom Königtum Gottes. Hierbei ersucht Er Simon Petrus, dessen Schwiegermutter Er kurze Zeit zuvor geheilt hatte, Ihm sein Boot als Redeplattform zur Verfügung zu stellen. Und nachdem Er Seine Rede beendet hat, bittet er den Bootseigentümer, noch ein Stück vom Land wegzufahren und dort die Netze zum Fischfang auszuwerfen. Trotz der – aus fachmännischer Sicht – offensichtlichen Sinnlosigkeit dieses Unterfangens folgt Simon Petrus, der vom nächtlichen Misserfolg sicherlich ermüdet und womöglich deprimiert war, der Weisung des Herrn. Vielleicht war dies schon der Beginn der „Aufnahmeprüfung“ für den ersten der zwölf Apostel, die darin besteht, nicht auf den eigenen Verstand zu vertrauen, sondern dem Ruf des Herrn widerspruchslos Folge zu leisten. Simon erweist sich hierin gefügiger als der Novize, der bei seinem Eintritt ins Kloster vom Abt die Aufgabe bekommt, im Garten Zwiebeln zu pflanzen. Der Abt macht es ihm vor und setzt die Pflanzen kopfüber ins Beet. Als der Neuling mit seiner Aufgabe allein gelassen wird, setzt er die Zwiebeln natürlich so ein wie es sich gehört. Als der Abt zurückkommt, sagt er zu dem jungen Mann: „Du bist nicht geeignet für das Mönchsleben, weil du deinen eigenen Willen über den Gehorsam stellst“…
Petrus aber besteht den Test. Doch überwältigt vom phänomenalen Ergebnis des einmaligen Netzauswurfs, wird ihm sofort klar: „Dieser Jesus will mich endgültig zu Seiner Nachfolge berufen, wie sich schon durch die Begegnung am Ufer des Jordans angedeutet hatte, welche durch Vermittlung meines älteren Bruders zustande gekommen war (s. Joh. 1:35-42). Danach gibt es kein Zurück mehr. Ich muss mich entscheiden zwischen meinem sicheren Arbeitsplatz in gewohnter Umgebung und einer völlig ungewissen Nachfolge dieses Lehrers, Der Selbst keinen Ort hat, wo er sein Haupt hinlegen könnte...“ (s. Mt. 8:20; Lk. 9:58). - Ich muss sagen, dass ich dem Herrn persönlich unsagbar dankbar bin, dass Er uns bei unserer Berufung (s. Joh. 15:16) kein garantiertes Einkommen und keine im Voraus festgesetzten Karriereperspektiven versprochen hat. Was für ein Glück das ist, einfach alles aus den Händen des Herr annehmen zu dürfen wie Er es bestimmt – Freud und Leid, Gutes wie Böses! Bereuen wird man es nie. Doch Petrus ist noch ängstlich. Warum? Das sich ihm offenbarende Bildnis von diesem überreichen Gnadengabe weckt in ihm die Erinnerung an das Strafgericht Gottes, das die frommen Juden bildhaft mit einem großen Fischfang assoziierten (s. Jer. 16:16; Ez. 29:4-5; Am. 4:2), und so fällt er zu Füßen des Herrn und bittet Ihn, Seine Pläne für die Zukunft doch bitte ohne ihn zu schmieden. Aber Christus, Den die Propheten ja angekündigt haben, relativiert die grimmigen Ankündigungen des Alten Testaments. Seine Ankunft in der Welt ist ein unvorstellbares Gnadengeschenk Gottes. Er ist erschienen, um die Menschen mit Gott zu versöhnen. Beim Betrachten Seiner Botschaft erscheinen die Prophetien des Alten Bundes in einem ganz neuen Licht (s. Mt. 5:17). Er ist die Mensch gewordene Liebe Gottes, Die den „Zuchtmeister“, das Gesetz (s. Gal. 3:24), in einem völlig neuartigen Prisma transformieren wird (s. Röm. 13:10). Mit Ihm ist den Menschen die Frohe Botschaft gebracht worden, und du, Petrus darfst als einer der Ersten bei der Verkündigung dieser himmlischen Freude mit von der Partie sein! Und so spricht der Herr zu ihm: „Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen“ (Lk. 5:10). Aus rein menschlicher Perspektive wird Petrus seine Wankelmütigkeit nie ganz ablegen können (s. Joh. 21:18), das weiß auch der Herr, Der die Verleugnung Seines engsten Gefährten voraussah. Trotzdem: der Herr akzeptiert ihn und auch uns so wie wir sind. Wenn wir uns Ihm anvertrauen und Ihm nachfolgen, werden wir mit Seiner Hilfe Großes für den Herrn leisten können, d.h. auch unsere Verfehlungen können durch Gottes Gnade am Ende für das Heil förderlich sein (s. Röm. 8:28). Auch die großen Heiligen waren zumeist keine charismatischen Typen, keine Universalgenies, sondern oftmals einfache Menschen, die sich in der völligen Hingabe an den Herrn die Gabe des Heiligen Geistes erworben hatten. Charismatiker waren und sind hingegen eher die zahllosen Verführer der Leichtgläubigen. Der letzte von ihnen wird der schlimmste von allen sein.
Klar ist, dass solche grundlegenden Entscheidungen wie die Petri schwerfallen. Sie müssen gründlich durchdacht sein. Ist die Entscheidung aber gefallen, erwartet Gott unsere bedingungslose Entschlossenheit ohne Ausstiegsklausel (s. Lk. 9:62). Und wer sich ein für allemal für den Dienst in der Kirche des Herrn entschieden hat, der will gar nicht auf das Zurückgelassene zurückblicken, denn er weiß, dass Sich nun der Herr persönlich um ihn kümmern wird. Und er sieht, dass sein Herr ihm das um Seinetwillen Aufgegebene schon in diesem Leben hundertfach zurückerstattet (s. Mt. 19:29; Mk. 10:29-30).
Was für ein Glück es doch ist, unter den Auserwählten des Herrn zu sein (s. Mt. 22:14; 1 Petr. 2:9; Kol. 3:13). Jeder von uns kann das, ist dazu berufen. Ob als Priester oder Mönch, ob als Familienmensch oder Alleinstehender – alle können als Jünger dem Herrn zur gegebenen Zeit Früchte bringen und dadurch den Himmlischen Vater verherrlichen (s. Joh. 15:8). Amen.