Predigt zum 3. Herrentag nach Pfingsten (Röm. 5: 1-10; Mt. 6: 22-33) (21.06.2015)
Liebe Brüder und Schwestern,
die heute angebotene Lesung aus dem Evangelium nach Matthäus dient uns Christen als Orientierungshilfe beim Abwägen zwischen himmlischer und irdischer Sorge, damit wir nicht in das eine oder in das andere Extrem verfallen. „Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage“ (Mt. 5: 34) – ist kein Aufruf zur Gleichgültigkeit oder gar zur Drückebergerei. Im Gegenteil: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“ (2. Thess. 3: 10). Wenn es heißt, dass wir uns nicht um morgen zu sorgen brauchen, dann darum, weil nicht wir über das Morgen entscheiden. Allein die Gegenwart, das Jetzt und Heute, ist in unserer Hand; auf Vergangenheit und Zukunft können wir keinen Einfluss nehmen. Doch „morgen“ wird morgen „heute“ sein. So benötigen wir das Vertrauen auf Gottes Vorsehung, auf Seine Sorge um unser Wohl, sofern wir heute unseren Part verrichten. Dann brauchen wir auch keine übertriebene Besorgnis vor Horror-Szenarien zu haben, wie Krankheiten oder Terroranschlägen, Krieg oder Börsen-Crash, Klimaerwärmung oder Reaktorkatastrophen. Die beste Absicherung gegen alle Eventualitäten ist die gewissenhafte Erfüllung unserer Aufgaben im demütigen Vertrauen auf Gottes Milde. Nichts gegen einen Bausparvertrag oder eine Lebensversicherung, aber die beste Zukunftsvorsorge ist ein Leben in Harmonie mit Gott und den Menschen. Man muss die einem von Gott zugedachte Aufgabe so gut man eben kann versehen und sich so das tägliche Wohlergehen durch dauerhafte Redlichkeit verdienen: „Jung war ich, und jetzt bin ich alt, und nicht sah ich einen Gerechten verlassen, noch seine Kinder betteln um Brot“ (Ps. 36: 25).
Der russische Feldherr A.W. Suworow (1730 - 1800) pflegte vor jeder Schlacht die Truppen zu inspizieren: sind alle Mann auf dem Posten und steht die Schlachtordnung? Ist das Schießpulver trocken und die Munition bereit? Sind die Klingen geschärft und die Gewehrläufe gereinigt? Sind die Pferde versorgt und alle Fuhrwerke in Bereitschaft?.. Erst dann, wenige Minuten vor Beginn des Gefechts ging er in seine Feldkirche und kniete vor Gott im Gebet. - Erst muss der Mensch alles ihm Anvertraute und von ihm Abhängige erledigen, dann darf er sein Schicksal in Gottes Hand legen. - So verlor er keine einzige Schlacht.
Viele andere wiederum setzen ihr Vertrauen allein auf Mensch und Technik, Reichtum und Beziehungen (vgl. Ps. 144: 3). Und wenn diese irdische Betrachtungsweise den Blick auf Gottes Vorsehung verstellt, beginnt die materielle Gier des Menschen überhand zu nehmen. Wir sollen ja durchaus um unser „täglich Brot“ bitten - also um das, was notwendig ist zum Leben: „Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen“ (1. Tim. 6: 8). - Vielen reicht das aber nicht. Wir begnügen uns nicht mit dem materiellen Überfluss unserer Industriegesellschaft, sondern wollen mehr als andere, mehr als eigentlich erforderlich ist, haben. Vater Oleg Nikiforov aus Toronto erzählte von zwei Frauen, die um seine Fürbitte baten, damit sie beide im Lotto gewinnen mögen... Das zeugt nicht nur von Undank gegenüber Gott, sondern es ist auch ein moralisches Vergehen an 90% der Weltbevölkerung.
Und schließlich gibt es die Versuchung, das Benötigte oder Gewünschte, wenn man es auf ehrenhafte Weise nicht erlangen kann (oder will), auf unlautere Art zu ergattern. Das ist für gläubige Menschen eigentlich nie eine Option, oder?.. Und doch sitzen in den Gefängnissen so viele Menschen, die ein goldenes Kreuzchen um den Hals tragen, bringen angeblich gläubige Eltern ihren ungeborenen Nachwuchs aus materieller Sorge um ihre Zukunft um...
„Euch soll es aber zuerst um das Himmelreich und seine Gerechtigkeit gehen“ (Mt. 6: 33). Das Himmlische hat Vorrang vor dem Irdischen und das Ewige vor dem Zeitlichen, denn die Seele ist wertvoller als der Leib. Aber leben wir danach?.. Wieso haben dann 95% der Christen sonntags nie Zeit für Gott?
Und viele, die doch kommen, wollen Gott Frömmigkeit vorspielen, um dann die (irdische) Belohnung in Empfang nehmen zu können. Gott bleibt da nur die Rolle eines Erfüllungsgehilfen. Prüfungen des Glaubens um des Himmelreichs willen sind von uns weder vorgesehen, noch gewünscht. Bekannt ist der Fall einer Frau, die im fortgeschrittenen Alter an Krebs erkrankte. „Wofür?! Ich kannte zeit meines Lebens nur einen Mann, habe seit meiner Kindheit jeden Sonntag im Chor gesungen – und jetzt das mir!“ Sie wandte sich vom Glauben ab und starb ohne geistlichen Beistand. Dabei war sie doch zur Krönung ihrer kirchlichen und ehelichen Treue für einen noch größeren Siegeskranz auserkoren worden. Wenn wir Gott jedoch einen „Vertrauensvorschuss“ geben, werden wir „dafür das Hundertfache erhalten und das ewige Leben gewinnen“ (Mt. 19: 29). Ein wunderbares Beispiel hierfür ist ein kleiner Junge, der ganze fünf Gerstenbrote und zwei Fische bei sich hatte (s. Joh. 6: 9), die für ihn allein sicher ausgereicht hätten. Doch er dachte anders, gab alles, was er hatte, bereitwillig dem Herrn. Dieser vollbrachte dann bereitwillig das Wunder, durch das eine riesige Menschenmenge gespeist werden konnte. Hier bewahrheiteten sich erneut die Worte des Herrn: „Geben ist seliger als nehmen“ (Apg. 20: 35). Christus Selbst hat es vorgemacht, indem Er Sein Leben gab und nichts von uns nahm. Ist das nicht Ansporn genug?!. „Wer sucht, der findet“ (Mt. 7: 8). Gehen wir also auf „Schatzsuche“, denn „wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ (Mt. 6: 21). Die Schatzkarte stellt uns Gott, den Kompass bringen wir mit: „Sucht ihr Mich, so findet ihr Mich. Wenn ihr von ganzem Herzen nach Mir fragt, lasse Ich Mich von euch finden – Spruch des Herrn“ (Jer. 29: 13-14). Amen.