Predigt zum 7. Herrentag nach Ostern / Väter des I. Ökumenischen Konzils (Apg. 20: 16-18, 28-36; Joh. 17: 1-13) (12.06.2016)
Liebe Brüder und Schwestern,
Christus der Erlöser ist „als der Erste der Entschlafenen“ (1. Kor. 15: 20) auch als Erster in die Himmel aufgefahren und sitzt zur Rechten des Vaters. Er hat uns den Weg geebnet, den wir in Erfüllung der Heilsordnung gehen werden: Er lebte 33 Jahre im Fleisch, wobei die Seele im Leib blieb; Er lag drei Tage im Grab, wobei die Seele vom Leib getrennt war; Er erstand von den Toten, wobei Seele und Leib im Verlauf von 40 Tagen wieder vereint waren. So wird es auch mit uns geschehen: im Moment unseres Todes wird die Seele den Leib verlassen, bis sie am jüngsten Tag wieder mit ihm vereint sein wird.
Aber richten wir unseren Fokus auf diese vierzig Tage zwischen Auferstehung und Himmelfahrt. Aus den entsprechenden Textstellen ist zu erkennen, dass der Menschensohn nun nicht mehr zu dieser Welt gehört. Als Er den Aposteln erschien, sprach Er: „Das sind die Worte, die Ich zu euch gesagt habe, als Ich noch bei euch war“ (Lk. 24: 44). Zu Maria Magdalena, die weinend vor dem leeren Grab stand, sagte Er: „Halte Mich nicht fest; denn Ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu Meinen Brüdern, und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu Meinem Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott“ (Joh. 20: 17). Der Mensch gewordene Sohn Gottes begibt Sich nun in die himmlische Sphäre. Nach der Auffahrt Christi in die Himmel beginnt das Warten auf den Heiligen Geist (s. Joh. 16: 7). Die Tage zwischen Auferstehung und Himmelfahrt, in denen der Herr den Jüngern immer wieder erschienen war, dienten nur dazu, die Aposteln auf diesen Übergang vorzubereiten.
Christus befindet Sich nach Vollbringung des Heilswerks jetzt also auch gemäß Seiner menschlichen Natur in der Herrlichkeit des Vaters (s. Joh. 17: 4-5). Nun stehen aber wir alle – die Kirche – in der Verantwortung, das Heilswerk Christi in dieser Welt fortzuführen (s. Joh. 17: 6-10). Für uns betete der Herr zum Vater: „Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und Ich gehe zu Dir, Heiliger Vater, bewahre sie in Deinem Namen, den du Mir gegeben hast, damit sie eins sind wie Wir“ (Joh. 17: 11). Folglich muss die Kirche im Worte Gottes verbleiben (s. Joh. 8: 31), um diesem göttlichen Einheitsanspruch gerecht zu werden. Aber wie? - Jedenfalls nicht dadurch, das wir mit heraushängender Zunge dem Zeitgeist nachjagen! Das wollen wir lieber anderen überlassen. Für uns rückt somit das Pfingstereignis in den Vordergrund: „Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, Der aus Gott stammt, damit wir das erkennen, was uns von Gott geschenkt worden ist“ (1. Kor. 12). Die Eine Kirche Christi soll im Geist Gottes in dieser Welt wirken.
Das freilich verlangt uns viel ab. Vor allem sind wir berufen, das Zeugnis von Jesu Auferstehung und die Verkündigung der Umkehr zur Vergebung der Sünden in Seinem Namen in die Welt zu tragen (s. Lk. 24: 48) und den himmlischen Vater „im Geist und in der Wahrheit“ (Joh. 4: 23) anbeten. Wie der Apostel Paulus, der die Gabe der Unterscheidung der Geister (s. 1. Joh. 4: 1) besaß, und in Philippi einen Wahrsagegeist aus einer Magd austrieb. Dabei hätten alle zufrieden sein können: die Magd pries Paulus und seine Gefährten wahrheitsgemäß als Diener Gottes, die den Leuten das Heil verkündeten (s. Apg. 16: 17), ihre Herren verdienten sich durch ihre Wahrsagerei eine goldene Nase, die Stadtoberen freuten sich über Ruhe und Frieden auf den Straßen und Plätzen, die Bewohner konnten sich vorab über Unwetter, Heuschreckenplagen, Dürren etc. informieren. Aber es kann nicht Gottes Wille sein, Sein Heil von Dämonen verkündigen zu lassen, denn 99 mal werden sie die Wahrheit sagen, und beim hundertsten Mal, wenn sie die Leute an der Angel haben, werden sie diese ins Verderben stürzen. Deshalb greift der Apostel Paulus zum Mittel des Exorzismus. Es kommt zum Tumult; er und seine Begleiter werden geschlagen, angeklagt und in Ketten gelegt... Doch am Ende triumphiert die Wahrheit Gottes: der Gefängniswärter und sein ganzes Haus werden getauft und die Aposteln können ihren Weg der Verkündigung fortsetzen.
Ein anderes Beispiel: Christus lobt Petrus in Cäsarea Philippi für sein Bekenntnis, doch als dieser Ihn (aus Liebe zu seinem Meister) nach der Ankündigung Seiner Leiden und des Todes von diesem Weg abbringen will, sagt der Herr unmissverständlich: „Weg mit dir, Satan, geh Mir aus den Augen! Du willst Mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (Mt. 16: 23; Mk. 8: 33).
Die Väter des I. Ökumenischen Konzils hätten es sich auch leichter machen können. Von ihnen wurde verlangt, dass sie sich in der Frage darüber, ob Christus dem Vater vom Wesen her gleich (gr. homooussios) oder ähnlich (gr. homoioussios) sei, kompromissbereit zeigten. Schließlich ging es um den Frieden innerhalb der Kirche und den inneren Zusammenhalt des Römischen Reiches. Wozu sich noch über ein i-Tüpfelchen (gr. iota) streiten (vgl. Mt. 5: 18)?! Dennoch erduldeten die Väter Verbannung und Verfolgung, hielten dem Mehrheitsdruck stand und verteidigten die Wahrheit des Glaubens so, wie wir sie bis heute in unserem Credo bekennen. Diese Standhaftigkeit sorgt dafür, dass die Kirche Christi bis an das Ende aller Tage nicht von den Mächten der Unterwelt überwältigt werden wird (s. Mt. 16: 18). Diesem Anspruch müssen wir alle zusammen verpflichtet sein, „denn durch den einen Geist wurden wir in der Taufe in einen einzigen Leib aufgenommen (...) und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt“ (1. Kor. 12: 13). Nur im Geist Gottes erlangen wir das ewige Leben, wie der Herr gesprochen hat: „Das ist das ewige Leben: Dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, Den du gesandt hast“ (Joh. 17: 3). Das Pfingstereignis ist Ausgangspunkt dieser Erkenntnis. Amen.