Predigt zum 3. Herrentag nach Pfingsten (Röm. 5:1-10; Mt. 6:22-33) (17.06.2018)
Liebe Brüder und Schwestern,
der Apostel Paulus verkündet in der heutigen Lesung den Friedensschluss Gottes mit den Menschen: "Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch Ihn haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes" (Röm. 5:1-2). Wir haben folglich einen Gott, Der uns Seine Gnade schenkt, einen mitfühlenden Gott (s. Hebr. 4:15). Ein von der Natur eingegebenes Gottesverständnis haben - anders als Affen - alle Menschen. Auch der linientreueste Verfechter der Big-Bang-Theorie wird nicht leugnen können, dass es Jemanden oder Etwas gibt, Der/Das über den Dingen steht und die Geschicke der Welt grundlegend bestimmt. Die menschliche Logik war in Form von primitiven heidnischen Kulten bis hin zu den heute auf dem Erdball verbreiteten Religionen in der Lage, ein verfeinertes Bild von einer (bzw. mehreren) Gottheit zu entwickeln, die, der irdischen Vorstellung von einem König entsprechend, allmächtig, weise, gerecht, strafend und begnadigend sein konnte. Solche Gottheiten galt es durch Opfergaben zu besänftigen bzw. für die eigenen Zwecke milde zu stimmen. Aber einen Gott, Der Sich Selbst zum Sühneopfer macht, weil es für Ihn sonst kein Opfer gab, das Seiner Erhabenheit entsprechen würde, so einen Gott konnte auch die blühendste menschliche Phantasie nicht erfinden: den Gott der Liebe! "Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, dass Gott Seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch Ihn leben. Nicht darin besteht die Liebe Gottes, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass Er uns geliebt hat und Seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat" (1 Joh. 4:9-10). Wir Christen haben nicht nur den Glauben und die Hoffnung auf einen liebenden und gnädigen Gott, wir haben sogar den lebendigen Beweis dafür in Person des Mensch gewordenen Gottes!
Der heilige Siluan (+1938) wurde nicht müde darüber zu sprechen: "Ach, würden die Menschen doch nur erkennen, wie sehr Gott sie liebt!" Wenn Christus also die Liebe in Person ist, müssen auch wir uns diese Liebe aneignen, um dem Ideal der Ebenbildlichkeit Gottes zu entsprechen. "(...) Wir wollen einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe" (1 Joh, 4:7-8). Diese Liebe Gottes, die sich in dieser unendlichen Opferbereitschaft Christi äußert, muss auf die Probe gestellt werden. Daraus folgt, dass der Liebende sich vor dieser Herausforderung nicht zu fürchten braucht: "Mehr noch, wir rühmen uns ebenso unserer Bedrängnis; denn wir wissen: Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld bewirkt aber Bewährung, Bewährung Hoffnung. Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist" (Röm. 5:3-5). Ein Kind vertraut doch seinem Vater, weil es weiß, dass der Vater ihm nur Gutes will. Es wird auf sein Wort hin auch allein in den finsteren Wald oder in den dunklen Keller gehen. "Papa weiß schon, was er mir zutrauen kann". Durch Standhaftigkeit im Glauben auch in der Drangsal erwidern wir die Liebe Gottes zu uns. Oder sehnen wir uns in Sachen Liebe etwa nach einer Einbahnstraße? Ich sehe darin einen Ausdruck der Wertschätzung unsgegenüber, dass Gott zwar 99,99% unserer Heiligung bewirkt, uns aber den kleinen (aber entscheidenden!) Rest selbst überlässt. Nur mit uns kommen die 100% zustande. Aber selbst wenn wir darin versagen, haben wir immern noch einen Gott, Der Sich auch für die aufopfert, welche Seine Liebe und Seine Gnade verschmähen: "Christus ist ist schon zu einer Zeit, da wir noch schwach und gottlos waren, für uns gestorben. Dabei wird nur schwerlich jemand für einen Gerechten sterben; vielleicht wird er jedoch für einen guten Menschen sein Leben wagen. Gott aber hat Seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren" (Röm. 5:6-8). Uns ist es so ergangen. Also wird Gottes Liebe auch jetzt sogar denen zuteil, die nicht an Ihn glauben. Gott wird alles tun, damit auch sie das Seelenheil erlangen können. So wie sie alle nicht abschließend verloren sind, so sind auch wir nicht definitiv gerettet. Für uns gelten andere, strengere Maßstäbe: "Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon" (Mt. 6:24). Vergessen wir nicht, welchen Aufwand Gott betrieben hat, um uns zu retten! Wer meint, Gott "im Herzen" zu tragen, aber sich nicht wirklich um sein geistliches Leben kümmert, verschmäht in Wahrheit Gottes unendliche Opferbereitschaft. Ich an deren Stelle würde nicht leichtfertig auf das Allerheiligste, das Gott den Menschen im Normalfall allsonntäglich in der Kirche darreicht, verzichten wollen. Denn uns alle erwartet der Tag der Abrechnung: "Nachdem wir jetzt durch Sein Blut gerecht gemacht sind, werden wir durch Ihn erst recht vor dem Gericht Gottes gerettet werden. Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod Seines Sohnes, als wir noch (Gottes) Feinde waren, werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch Sein Leben" (Röm. 5:9-10). Oder glaubt jemand allen Ernstes, durch eigene Gerechtigkeit vor dem Richterstuhl Christi bestehen zu können?... Dann aber wäre Christus umsonst am Kreuz gestorben!... Das liefe aber der Gerechtigkeit Gottes und unserer Eigenverantwortung zuwider, denn es heißt über unsere Beziehung zu Gott: "Euch aber muss es zuerst um Sein Reich und um Seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben" (Mt. 6:33). Ein prüfender Blick auf seine persönliche Wertigkeistsskala würde hier keinem schaden. Amen.