Predigt zum 19. Herrentag nach Pfingsten (2 Kor. 11:31-12:9; Lk. 5: 1-11) (07.10.2018)
Liebe Brüder und Schwestern,
wir erlebten in der heutigen Evangeliumslesung mit, wie unser Herr Jesus Christus Simon Petrus zum Apostelamt beruft. Von dem wunderbaren Fischfang überwältigt, fällt Petrus dem Herrn, Der Petrus schon zuvor aufgefordert hatte, Ihm nachzufolgen (s. Mt. 4:19; Mk. 1:17; Joh. 1:42), zu Füßen und bekundet Ihm das Eingeständnis seiner vollkommenen Unwürdigkeit: "Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder" (Lk. 5:8). Dieses Eingeständnis ist aber gerade die Voraussetzung, um vom Herrn berufen zu werden - auch für unsereins. Und so hört Petrus die an ihn gerichteten Worte: "Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen" (5:10). Ein anderer hätte sich angesichts dieses lukrativen Fanges die Hännde gerieben und würde schon die Klasse klingeln hören; er wäre dem Herrn wohl nicht mehr von der Seite gewichen (vgl. Mt. 8:19-20 und Lk. 9:57-58). Petrus aber fällt auf die Knie... Macht und Geld interessieren inh nicht.
Darum sucht Sich der Herr einfache galiläische Fischer aus, um durch sie die ganze Menschheit für das Himmelreich zu gewinnen. Hätte Er stattdessen nicht Alexander den Großen oder Julius Cäsar für die Missionierung der Welt nehmen sollen, oder aber Sokrates, Plato, Aristoteles?.. Die heutige Apostellesung liefert uns die Antwort dazu. Der Herr spricht zu Paulus: "Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit. Viel lieber will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt" (2 Kor. 12:9; vgl. dazu 1 Kor. 1:26-29).
Feuer und Schwert vermochten nicht den Glauben zu stärken, sondern schwächten ihn letzlich nur, so wie es jegliche Form von religiösem Fanatismus und Extremismus tut. Wenn Gott die Menschen mit Gewalt auf den rechten Weg bringen wollte, hätten wir heute vielleicht einen Zaren in Russland, der die Heidenvölker mit seinem Atomwaffenarsenal von der Richtigkeit der orthodoxen Glaubenslehre zu überzeugen trachtete. Aber das ist absurd. Welche Kraft ist aber dann geeignet, die Menschheit in den Schoß Gottes zu führen?...
In genau drei Monaten werden wir das größte Wunder der Menschheitsgeschichte feiern: die Geburt Christi! Das wunderbare an der Geburt Gottes in Gestalt eines in einer erbärmlichen Futterkrippe und in Windeln gewickelten Kindleins ist ja der Umstand, dass Gott, der Schöpfer des Universums, nicht geruhte, die Herzen der Menschen durch Machttaten für Sich zu gewinnen - das entspräche gewiss dem vom Menschen gemachten Gottesbild - sondern durch Sanftmut und Liebe. "Fürchte dich nicht!", spricht Er zu Petrus. Bei der Geburt Christi sprach der Engel zu den Hirten ebenfalls: "Fürchtet euch nicht!" Lk. 2:10). Zu Beginn der Verkündigung der Frohen Botschaft steht also die Liebe Gottes, die selbst für die zum Vater betet, die Ihn ans Kreuz schlagen (s. Lk. 23:34). Diese Mensch gewordene Liebe erwartet von uns, nicht nur die zu lieben, die wir lieben, sondern auch unsere Feinde. Gott erwartet keine Inquisition und Kreuzzüge, sondern Liebe zu ausnahmslos allen Menschen. Gold und Silber werden im Feuer gereinigt, und so müssen auch wir uns durch menschliche Unzulänglichkeiten vielerlei Prüfungen unterziehen (vgl. 1 Kor. 3:13-14). Nur so werden wir zu Nachfolgern Christi. Wenn wir das Salz der Erde sind, brauchen wir uns wirklich vor nichts und niemandem zu fürchten (s. Lk. 12:32), denn wenn wir uns freiwillig mit Christus kreuzigen, wird Christus in uns Gestalt annehmen können (s. Gal. 2:19-20).
Wovor oder vor wem sollten wir uns denn fürchten, wenn wir mit Christus sind (s. Ps. 26:1; Lk. 12:5; Röm. 8:31)?!.. Vor den Moslems? - Warum das denn? Sie sind ja keine Eindringlinge aus dem Weltraum, die gekommen sind, um uns zu verdrängen und um unsere Erde in Besitz zu nehmen, sondern ihre ungebildeten Frauen gebären lediglich mehr Kinder als unsere emanzipierten, und ihre Männer sind an religiösen Feiertagen in der Moschee, während unsere lieber beim Grillen oder Angeln ihre freien Tage verbringen. Warum also fürchten wir uns stattdessen nicht vor unserem lauwarmen Glauben (s. Offb. 3:15-16)?
Das Leben ist auch für uns, die wir in Frieden, Sicherheit und Wohlstand leben, nicht immer leicht. Wir sehnen uns nach Gesundheit, Glück, Erfolg, die wir von Gott quasi ohne Gegenleistung erwarten. Wir kümmern uns gar nicht darum, ob Gott nicht vielleicht auch etwas von uns erwartet! Es ist ja normal, seine Eltern, Geschwister und Kinder zu lieben; und den Ehepartner zu lieben ist heute zwar nicht selbstverständlich, aber auch nicht ungewöhnlich. Doch wer liebt denn schon seine dauernd nörgelnde Schwiegermutter, seinen nervigen Kollegen, seinen unfreundlichen Nachbarn, seinen strengen Vorgesetzten usw.? - Sind uns diese Menschen nicht von Gott geschenkt worden, damit wir uns in der wahren Liebe Christi befleißigen mögen?!.. Diese "anstrengende" Liebe hat - anders als die natürliche Zuneigung zu seinen Liebsten - das Potenzial, die Welt zu verändern! So wurde das Christentum im Römischen Reich zur Dominante, so bezwang der Glaube das totalitäre atheistische Regime in der Sowjetunion. "Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark" (2 Kor. 12:10). Christus hätte zu seinem Schutz mehr als zwölf Legionen Engel vom Vater aufbieten können, doch Er bevorzugte es, Sich in freiwilliger Schwachheit gefangen nehmen zu lassen (s. Mt. 26:53). Es wäre auch ein Leichtes für Ihn gewesen, den Satan durch Seine göttliche Macht niederzuschmettern, doch Er litt lieber in menschlicher Gestalt, um uns durch den Kreuztod zu erretten (vgl. Phil. 2:5-11); "Er, der Gerechte, für die Ungerechten, um uns zu Gott hinzuführen" (1 Petr. 3:18). Er wurde so wie wir, damit wir würden so wie Er. Jetzt sind wir am Zuge. Amen.