Predigt zum 3. Sonntag nach Ostern über die balsamtragenden Frauen und die erstberufenen Diakone (Apg 6,1-7; Mk 15,43-16,8.), 19.05.2024
Liebe Brüder und Schwestern, heute feiern wir den 3. Sonntag nach Ostern, an dem den balsamtragenden Frauen gedacht wird.
Diese liefen in der Absicht zum Grabe, um den Leichnam Christi mit Myrrhe, also einem Salböl, zu salben, wie es damals üblich war. Das war durchaus mutig, denn zu der Zeit nach der Kreuzigung Christi war die Stimmung gegen seine Nachfolger aufgeheizt. Doch sie trafen auf ein leeres Grab und wurden quasi Apostelinnen für die Apostel:
„Und als sie in die Grabstatt hineingingen, sahen sie einen Jüngling zur Rechten sitzen, bekleidet mit einem weißen Prachtgewand, und sie erschraken. Er aber spricht zu ihnen: Erschrecket nicht; ihr suchet Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferweckt worden, er ist nicht hier. Siehe da der Ort, wo man ihn hingelegt hatte. Aber gehet hin, saget seinen Jüngern und dem Petrus, dass er euch nach Galiläa vorausgeht. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.
Was ist nun das Besondere an dem, was sie taten, was bedeutet das für uns? Der heilige Theophan, den Klausner, schreibt dazu:
„Die Myrrhe-Trägerinnen und die Apostel sind ein Bild für die zwei Seiten unseres Lebens: das Fühlen und das Denken. Ohne Gefühl ist das Leben kein Leben; ohne Verstand ist das Leben blind, vieles wird vergeudet, und es werden nur wenige Früchte der Vernunft hervorgebracht. Es ist notwendig, beides zu verbinden. Das Gefühl soll vorwärts gehen und anregen; die Vernunft soll die Zeit, den Ort, die Methode, im Allgemeinen die alltägliche Struktur dessen bestimmen, was das Herz zu tun gedenkt. Innerlich geht das Herz voran, und in der Praxis ist es der Verstand. Wenn die Sinne in der Unterscheidung von Gut und Böse geschult sind, dann wird es vielleicht möglich sein, sich allein auf das Herz zu verlassen; wie aus einem lebendigen Baum Blüten und Früchte sprießen, so beginnt aus dem Herzen nur noch das Gute zu entstehen, das im Laufe unseres Lebens vernünftig eingeschlossen ist“.
Auch heute spielen die Frauen in unseren Gemeinden eine große Rolle. Sie können zwar keine Weiheämter ausführen, leisten aber einen Riesenbeitrag im Leben der Gemeinden. Schauen wir auf unsere Gemeinde, hier sind die in den Arbeitsgruppen, im Vorstand, bei der Verwaltung der Finanzen, bei der Leitung der Sonntagsschule, im Chor, am Kerzentisch und bei der Bereitung der Trapeza engagiert. Und das neben ihrer Belastung durch Beruf und Familie!
Daher an dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch, Dank und Gottes Segen zum Orthodoxen Frauentag!
In der heutigen Lesung der Apostelgeschichte erfahren wir über die Einsetzung des Weiheamtes der Diakone. Das möchte ich ein wenig näher erläutern, bin ich doch selbst Diakon und übe diesen Dienst sehr gerne aus.
In der damaligen Zeit wuchs die Zahl der Christen und es war für die Apostel alleine nicht mehr möglich, sich um alles zu kümmern. Hauptaufgabe war ja eigentlich für sie, das Wort Gottes zu verkünden und zu beten:
In diesen Tagen aber, als die Jünger sich mehrten, entstand ein Murren der Hellenisten gegen die Hebräer, weil ihre Witwen bei der täglichen Bedienung übersehen wurden. Die Zwölf aber riefen die Menge der Jünger herbei und sprachen: Es ist nicht gut, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und die Tische bedienen. So seht euch nun um, Brüder, nach sieben Männern unter euch, von ⟨gutem⟩ Zeugnis, voll Geist und Weisheit, die wir über diese Aufgabe setzen wollen! Wir aber werden im Gebet und im Dienst des Wortes verharren.
Es wurden also rechtschaffene Männer, wie Stephanus, Philippus u.a. gewählt und geweiht:
Diese stellten sie vor die Apostel; und als sie gebetet hatten, legten sie ihnen die Hände auf. Und das Wort Gottes wuchs, und die Zahl der Jünger in Jerusalem mehrte sich sehr; und eine große Menge der Priester wurde dem Glauben gehorsam.
Die Diakone wurden also geweiht, waren Gehilfen der Apostel und kümmerten sich hauptsächlich um Organisatorisches. Heute würden wir sagen, die bildeten die Diakonie, die sich ja um die Unterstützung Bedürftiger kümmert.
Das Amt des Diakons veränderte sich aber im Laufe der Jahrhunderte. Es ist immer noch ein Weiheamt, und ist die erste der sogenannten höheren Weihen. Also nur ein Bischof kann einen Diakon weihen. Die Diakone sind immer noch Gehilfen des Priesters bzw. des Bischofs. Sie können nicht eigenständig Sakramente oder Mysterien ausführen.
Ab dem 2. Jahrhundert haben sie primär Funktionen im Gottesdienst, die einerseits dem Priester es erlauben, sich auf das Gebet zu konzentrieren: sie bereiten den Gottesdienst und den Altarraum vor, sind verantwortlich dafür, dass der Gottesdienst richtig abläuft und alle Beteiligten, Hypodiakone, Leser, Altardiener und auch der Chor korrekt einbezogen sind. Während des Gottesdienstes wirkt der Diakon als Helfer des Priesters mit diesem zusammen, so gibt es eine Reihe von Dialogen, die da von beiden gesprochen bzw. gebetet werden. Der Diakon ruft das Volk an wichtigen Stellen durch die Ausrufe „Weisheit“ bzw. „Aufrecht!“ zu besonderer Aufmerksamkeit auf und weihräuchert an verschiedenen Stellen des Gottesdienstes gemäß der vorgegebenen Ordnung.
Andererseits sind Diakone die Stimme des Volkes, nämlich insbesondere bei den Ektenien bzw. Litaneien. „In Frieden lasset uns beten zum Herrn“ – der Diakon trägt die Fürbitten für das Volk vor, welches dann diese durch das „Herr erbarme Dich“ bzw. „Gewähre, o Herr“ zusammen mit dem Chor bekräftigt.
Schlussendlich liest der Diakon das Evangelium, er verkündet es. In früheren Zeiten wurde in Russland der Diakon mit «Ваше благовестие», was man im Deutschen nur schwierig übersetzen kann, und am ehesten als „Herr Verkünder“ bezeichnen würde, benannt.
Den Diakon erkennt man an dem Orarion und den Epimanikien, den Armbinden. Doch was bedeuten diese?
Das Orarion wird nach der Auslegung des heiligen Simeon von Solun auf die linke Schulter gelegt, weil der Diakon den niedrigsten Rang einnimmt. Wenn er zum Priester geweiht wird, erhält er es auch auf der rechten Schulter, da er die Gnade erhalten hat, zu dienen und die Sakramente zu verwalten. Die Anbringung des Orarions auf der Schulter eines Diakons bedeutet außerdem, dass er die Fähigkeit erhält, am Thron Gottes zu dienen. Wie die Cherubim, die nach den Worten des Propheten vor der Majestät Gottes mit ihren Flügeln „ihr Antlitz bedecken“ (Jes 6,2) und nach dem Ausdruck der Kirche „nicht zu schauen wagen“, so bedeckt der Diakon während der Gebete, die er im Gottesdienst spricht, gleichsam sein Antlitz, indem er das Ende seines Orarions stets an die Augen hält und so die anderen zur Ehrfurcht und zum Gebet vor dem Herrn anleitet.
Die Armbinden an den Händen des Geweihten dienen als sichtbares Zeichen der besonderen Macht und Hilfe Gottes für denjenigen, der das Priestertum empfängt, denn nach der Auslegung von Simeon von Thessaloniki stellen sie sowohl „die allwissende Macht Gottes und die Tatsache dar, dass Jesus mit seinen eigenen Händen das Sakrament seines eigenen Leibes und Blutes vollzogen hat“, als auch „die Fesseln, in denen der Heiland nach dem Verrat zu Pilatus geführt wurde“.
Liebe Brüder und Schwestern! Zusammengefasst, wollen wir also den Mut aufbringen, auch in widrigen Bedingungen unseren Glauben zu bekennen, sie wie es die balsamtragenden Frauen taten, die uns hierin ein Vorbild sind. Wollen wir – genau wie die erstgeweihten Diakone – derer heute auch gedacht wird, Gott treu dienen und das Wort Gottes verbreiten!
Christus ist auferstanden! Amen.