Predigt zum ersten Herrentag nach Pfingsten / Gedenktag aller Heiligen (Hebr. 11:33-12:2; Mt. 10:32-33,37-38;19:27-30) (11.06.2023)
Liebe Brüder und Schwestern,
nach der Großen Fastenzeit, der Karwoche, der Osterzeit sowie der Festzeit zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten darf nun wieder der kirchliche Alltag einkehren. Doch zuvor feiern wir heute das Fest aller Heiligen zusammen genommen an einem Tag, an dem alle bekannten und unbekannten, offiziell kanonisierte und vor den Augen der Menschen verborgene Männer und Frauen, welche Gott durch ihr Leben und ihren Tod verherrlicht haben, vor dem Thron des himmlischen Königs stehen und für uns eintreten. Und es ist gut, dass der Alltag, welcher in einer mehrwöchigen Fastenzeit seinen Ausdruck findet, mit dem Fest aller Heiligen eingeleitet wird. So wie es ohne den Alltag keine Feste gibt, so kann ohne die Askese keine wahre geistliche Freude erlangt werden. Und so ist das Fasten und Beten der Weg, der zum Ziel – der Heiligkeit – führen soll. Durch die Frömmigkeit einiger weniger kann der Name des Herrn unter vielen Menschen verherrlicht werden, wie geschrieben steht: „Preisen sollen Dich, Herr, all Deine Werke, und Deine Frommen sollen Dich segnen. Von der Herrlichkeit Deines Königtums sollen sie sagen und sprechen von Deiner Macht, um kundzutun den Menschenkindern Deine Macht und die herrliche Pracht Deines Königtums“ (Ps. 114:10-12). Der heilige Seraphim von Sarov drückte es folgendermaßen aus: „Erlange die Gnade des Heiligen Geistes, und tausende um dich herum werden gerettet“. Aus dieser Perspektive ist ersichtlich, warum das geistliche Tun einen unvergleichlich höheren Stellenwert hat als Werke des Fleisches (s. Lk. 10:38-42; vgl. Röm. 8:1-17; Gal. 5:16-26; Kol. 3:1-17 u.v.m.). Doch es gehört zur (gefallenen) Natur der Sache, dass alle, die fromm leben wollen in Christus Jesus, Verfolgungen leiden müssen (s. 2 Tim. 3:12). So war es, so ist es und so wird es immer sein. Vor hundert Jahren errichteten die Bolschewiken in Russland die sog. Lebendige Kirche, um vermittels ihrer der Russischen Kirche mit dem heiligen Patriarchen Tichon in den Rücken zu fallen. Der Patriarch von Konstantinopel erkannte prompt diese Pseudo-Kirche als legitime und kanonische Kirche an. Was die Kirche in Russland auch tat, welche Kompromisse sie mit den neuen Machthabern auch einging (z.B. wurden zahlreiche Wertgegenstände aus dem Eigentum der Kirche veräußert, um die Hungersnot im Lande zu bekämpfen), sie wurde immer weiter unterdrückt und sollte letztlich völlig ausgelöscht werden. Und genau das gleiche Szenario spielt sich heute in der Ukraine ab. Die seit tausend Jahren dort beheimatete Kirche wird durch die Machthaber (bzw. ihre ausländischen Strippenzieher) mit allen Mitteln bekämpft, dieweil sich die inzwischen wiederum von Konstantinopel anerkannte schismatische Gruppierung gewaltsam der Heiligtümer der Kirche Christi bemächtigt. Obwohl sich die kanonische Kirche um Metropolit Onufrij inzwischen de facto für unabhängig vom Moskauer Patriarchat erklärt hat und seit dem Ausbruch des militärischen Konflikts eindeutig eine loyale Position gegenüber der Regierung vertritt, wird sie von dieser nichtsdestoweniger mit allen Mitteln bekämpft.
Ich denke, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann wir an der Reihe sind, Bekenner unseres Glaubens zu werden. Wer sich die außenpolitische Situation vergegenwärtigt und nicht die Augen vor der politischen Entwicklung im Innern unseres Landes verschließt, muss erkennen, dass wir in nicht allzu ferner Zeit u.a. dafür gesellschaftlich ausgegrenzt werden, dass wir die Frauenordination bei uns ablehnen und keine gleichgeschlechtlichen „Ehen“ segnen. Dass auf die gesellschaftliche Ächtung sehr bald auch der Gang in die Illegalität folgt, dürfte außer Frage stehen. Das aber wird der Weg für uns sein, wenigstens im Kleinen den Heiligen nachfolgen zu können. Die Heiligen waren zu allen Zeiten das „Salz der Erde“ (Mt. 5:13). Es sind die, welche niemals Kompromisse mit dem Bösen eingingen (s. 2 Kor. 6:15). Ganz anders die heutigen „Christen“, die, statt sich auf ihr geistliches Vermächtnis zu besinnen, auf der moralischen Leiter immer weiter abgleiten. Es regt sich nicht nur kein Widerstand gegen die antichristlichen und anti-biblischen Veränderungen des gesellschaftlichen Lebens, es wird sogar alles mit Beifall aufgenommen und im „kirchlichen“ Leben umgesetzt. Es ist nicht mehr nur von Toleranz die Rede – das war mal – heute muss man zu 100% dafür sein und alles vorbehaltlos mittragen, – nur dann hat man seine Daseinsberechtigung in der liberalen Weltordnung. Und die Entwicklung ist rasant. Vor zehn Jahren hatten wir lediglich damit zu kämpfen, dass unseren Kindern in der Schule eingebläut wurde, dass sie von den Affen abstammen. Heute belehren die in „christlichen“ Kindergärten betreuten Enkelkinder ihre Großeltern und sagen: „Oma, Gott hat den Menschen nicht bloß als Mann und Frau erschaffen, sondern auch als Mann und Mann, als Frau und Frau oder als Diverse“ (vgl. Gen. 1:27; 5:2). Zudem ist ein Mann heute nicht mehr unbedingt ein Mann und eine Frau nicht mehr unbedingt eine Frau. Klar?! Und das wird unserem Nachwuchs vom frühesten Alter an beigebracht! Sie wachsen mit diesen Vorstellungen auf und werden an denselben wie an unerschütterlichen Wahrheiten festhalten, bis dann die LGBTQ-Bewegung der nächsten Generation etwas Neues kreiert und dann ihre Kinder sie eines Besseren belehren werden (z.B. “Papa, du bist kein Mensch, sondern ein Tier“). Christliche Werte wie Ehe und Familie (s. Gen. 2:24; vgl. Eph. 5:31) werden nach und nach durch diabolische Surrogate entwertet („Regenbogenfamilien“) und sollen auf Dauer ganz abgeschafft werden. Wer sich dieser Entwicklung entgegenstellt, gilt als homophob, intolerant und fanatisiert (und ist im Nu seinen Job los). Schöne Zukunftsaussichten für orthodoxe Christen! Es ist aber auch der Weg zur Heiligung für uns und womöglich für viele andere. Amen.