Predigt am zweiten Ostertag (Apg 1, 12-17, 21-26. Joh 1, 18-28)
Christus ist erstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!
In diesen vier Worten haben wir das ganze Schicksal aller Menschen aller Zeiten!
In vier Worten die ganze Geschichte der Menschheit! In vier Worten deine Geschichte und meine! In vier Worten die größte Revolution in allen menschlichen Welten, die größte Wegkreuzung, die größte Umwälzung. Als der Zug des menschlichen Lebens, der über die Gleise des Todes raste, plötzlich zur Unsterblichkeit abschwenkte, veränderte sich alles. Eine unerhörte Kurve! Was war mit dem Menschengeschlecht geschehen?
Durch Seine Auferstehung führte der Herr das Menschengeschlecht aus der Hölle heraus und trug es in das Paradies. Der Herr entriß dem Tod das Menschengeschlecht und führte es zur Unsterblichkeit empor. Der Herr ließ das menschliche Wesen aus dem Nichts, aus dem Nichtsein zum Ewigen Leben auferstehen. Der Herr entriß den Menschen dem Teufel und übergab ihn der Umarmung Gottes.
Das ist Ostern! Das ist die Auferstehung! Wahrlich, die erhabenste Revolution in allen Welten. Die einzige vollkommene und vollendete Revolution, vollkommen und vollendet, denn was hat sie dem Menschen gegeben? Ewiges Leben! Ewiges Leben, in welches man einzieht durch Ewige Wahrheit, Ewige Gerechtigkeit, Ewige Liebe, Ewige Freude.
Dies ist der Tag, den der Herr geschaffen!1 – so singen wir heute in einem herrlichen Kirchengesang. Wer aber hat bis heute menschliche Tage geschaffen? Wer hat die Tage deines und meines Lebens geschaffen, jedes Menschen – wer? Der Tod hat deine und meine Tage geschaffen und hat uns durch die Sünde in die Arme des Teufels gestürzt, und der Teufel hat uns in die Hölle gestürzt. Er also hat die Tage des Menschengeschlechts und die Tage des menschlichen Lebens geschaffen. Sünde, Tod, Teufel – das sind die Schöpfer unserer Tage, das ist die schwarze Sonne in der schrecklichen Nacht von Sünde und Tod, in welcher das Menschengeschlecht bis zum Herrn Christus lebte. Was haben sie vor dem Herrn Christus getan? Sie errichteten Denkmäler. Für wen? Den Tod und den Teufel! Denn jegliche Sünde ist ein Denkmal, das der Mensch dem Teufel errichtet. Und diese Welt verwandelte sich vor der Ankunft des Herrn Jesus Christus in eine unendliche Arena, voll von falschen Göttern, voll von Denkmälern der Sünde und des Todes, voll von Denkmälern des Teufels. Und diese Denkmäler errichteten Menschen, Menschen durch ihre Sünden. Voll ist die Welt von Götzen, voll ist die Welt von falschen Göttern. All sie schuf der Mensch, indem er sich durch die Sünde betrog, durch sündige Genüsse.
Das sucht der Mensch auch heute, nach der Auferstehung Christi. Auch heute errichtet er durch seine Sünde Denkmäler für den Teufel, schafft verschiedene Götzen, falsche Götter und verehrt sie. Wieviele Menschen verehren heute falsche Götter? Wieviele Menschen gibt es heute, die gefühllos sind gegenüber dem auferstandenen Herrn? Und die Menschen sind verstrickt in die Täuschungen der Kultur. Die europäische Kultur: ein Götzentempel, ein furchtbarer Tempel, voll von falschen Göttern, voll falscher Philosophen, falscher Weiser, falscher Gelehrter, falscher Gesetzeslehrer, falscher Könige, falscher Diktatoren, falscher Marterknechte, Tyrannen. All das ist ohne Christus und gegen Christus – und anders kann es nicht sein! Anders geht es nicht! Die Menschen errichten ständig Denkmäler für den Teufel, die Menschen leben ständig unter falschen Göttern, wenn sie nicht an den Auferstandenen Herrn Christus glauben.
Diese Welt ohne den Herrn Christus – was ist sie? Eine Totenwelt. Sterbenswelt! Eine riesige Grabstätte. Und darin hat man den Menschen gelegt: Leiche zu Leiche, Tote neben Toten, Stinkende neben Stinkenden. Das ist die Welt ohne den Herrn Christus! Mit Ihm aber, mit dem Heiland, wird diese Welt zur Auferstehungsanstalt, zum Gewächshaus der Unsterblichkeit. Diese Welt wird zum wohlriechenden Frühling der Ewigkeit. Das hat die Auferstehung des Herrn Christus vollbracht.
Und wir, Christen – was sind wir und wer sind wir? Wir sind Tote, die aus den Gräbern kamen, auferstanden aus den Gräbern und leben in dieser Welt. Was hat der Herrn mit uns durch Seine Auferstehung vollbracht? Was hat der Herr dem Menschengeschlecht gegeben, als Er unseren größten Feind, Tod, und Teufel und Sünde vernichtete? Er gab uns das Leben, unsterbliches Leben, ewiges Leben, denen der Tod nicht schaden kann, denen der Teufel nicht schaden kann, denen keinerlei Sünde schaden kann. Und der Herr hat jedes menschliche Wesen zu einem Unsterblichen verwandelt. Wir Christen leben in dieser Welt wie auferstandene Tote. Was ist die heilige Taufe, mit der wir Christus ehren? – Die heilige Taufe ist nichts anderes, als die Beerdigung mit dem Herrn Christus und die Auferstehung mit Ihm (Röm. 6, 3-4). Eben durch die Taufe werden wir in den Herrn Christus begraben, wie es in den wunderbaren Gesängen heißt: “Gestern wurde ich mit Dir begraben, Christus, heute stehe ich auf mit Dir, dem Auferstandenen”2 Ja, ich auferstehe mit Dir, Herr! Das ist der Christ.
Der Christ ist ein Mensch, der mit dem Herrn Christus auferstanden ist und als solcher in dieser Welt lebt: wie ein Toter, der aus dem Grab gestiegen ist, alle Tode besiegt hat, und durch diese Welt wie ein Unsterblicher wandelt, dem keinerlei Tod Schaden zufügen kann. Selbst wenn nicht nur einer, sondern alle Tode über den Menschen Christi herfallen, können sie ihm nichts anhaben! Ein Unsterblicher ist stärker als alle Arten des Todes, er staunt über jeden Tod und vernichtet ihn durch die Kraft des Auferstandenen Herrn. Wir, sagt der heilige Apostel, die wir in dieser Welt leben, müssen so wie Christus von den Toten auferstand, … so müssen auch wir im erneuerten Leben wandeln (Röm. 6, 4). Das ist unsere asketische Leistung, christliche Askese im erneuerten Leben. In welchem? Im unsterblichen Leben.
Du bist Christ. Trauer durchzieht diese Welt, doch wisse, daß alles, was du tust, unsterblich ist. Alles geht mit dir ein ins ewige Leben. Wer in Christus ist, der ist neue Schöpfung (2, Kor, 5, 17), sagt der heilige Apostel Paulus, neues Geschöpf. In Christus sein, an Christus glauben – das ist der neue Mensch, der Mensch der Taufe, der Mensch der Unsterblichkeit. Du bist ein neuer Mensch, auferstandener Toter, du hast eine neue Seele, ein unsterbliches Herz, eine unsterbliche Seele und unsterbliche Freude im Auferstandenen Herrn. Siehe, alles alte ist vergangen, jetzt ist alles neu (2. Kor. 5, 17). das alte ist vergangen, vergangen ist der alte sterbliche Mensch, und erstanden ist ein neuer, unsterblicher Mensch in Christus. Vergangen ist der Gestank des menschlichen Lebens, und gekommen ist der Frühling des menschlichen Lebens, ewiger Frühling. Vergangen die alten Gedanken, alte Gefühle, der stinkende Tod, und gekommen sind von Christus im Menschen neue Empfindungen, unsterbliche und ewige, wohlriechende mit dem Wohlgeruch des Himmels. Gefühle und Gedanken des Christen duften nach dem Himmel.
Es gibt nichts neues unter der Sonne (Ekkl. 1, 9) außer einem – außer dem Herrn Christus! Das ist das Einzig Neue. Und die Menschen, die dieses Neue in sich haben wollen, dieses Ewig Neue, diese Neuheit, die niemals altert, sie haben das im Herrn Christus. Das erreicht man nur durch den Glauben an Ihn, den Glauben an den Auferstandenen Herrn Jesus. Denn in dieser Welt, Brüder, gibt es nichts Ewiges, außer dem, was nicht stirbt, außer dem, was stärker ist als der Tod – das aber ist der Herr Christus und aller, was von Ihm und in Ihm ist. Das stirbt niemals und das ist das Ewig Neue. Ewig neu für dich und für mich und für jeden Menschen, denn das ist die Göttliche Kraft der Auferstehung, die der Herr dem Menschen gibt, das ist das Ewige Leben, Ewige Wahrheit, das sind Ewige Kräfte, die kein Tod zerstören oder aus dir, dem Menschen Christi, vertreiben kann.
Ja, in dieser Welt sind nur die Christen ewig neu, ewig jung, denn in ihrer Seele gibt es keinen Tod. Nichts kann sie altern lassen. In dieser Welt altert der Mensch von der Sünde, altert vom Tod, bis er ganz stirbt und in seiner schmutzigen Pfütze verwest. Der Mensch Christi aber ist immer jung. Je länger er lebt, desto jünger wird er, denn so ist die Ewigkeit beschaffen, die der Herr gibt, so ist die Ewige Kraft, die Ewige Wahrheit, das Ewige Leben, das Gott Seinen Nachfolgern gibt.
Wir heutigen Menschen leben in der Welt der sogenannten Revolutionen. Wir leben in einer Welt von Umstürzen. Wir leben in einer Welt, wie man sagt, außerordentlicher Umschwünge. Wohin führen diese heutigen Wenden? – Zu Verbrechen und Totschlag! All das sind falsche Revolutionen. All dies sind Pseudo-Umstürze, die den Menschen nicht zum unsterblichen Leben und zum Ewigen Leben führen, die den Menschen nicht zu wahrem und wirklichem Glück führen. All das ist Lüge! Das ist die Revolution des im Paradies Gefallenen, der auch den Menschen zur Sünde stieß – des Teufels! Revolutionen des Teufels, das sind die heutigen Revolutionen. Was sage ich? – Die Wahrheit, die ganze Wahrheit der menschlichen Geschichte. Denn was hat der Teufel mit Adam und Eva gemacht? Er stieß sie in seine teuflische Revolution. Worin bestand diese Revolution? Worin besteht der Umsturz, den der Teufel in unserem menschlichen Leben vollbracht hat? Worin besteht diese schreckliche Wegzweigung und diese furchtbare Umwälzung, die den Zug des menschlichen Lebens von den Gleisen der Unsterblichkeit in den Tod lenkte, in den Abgrund des Todes? Was hat der Teufel mit den Menschen gemacht? – Er hat die Menschen getäuscht, hat die Menschen von Gott entfremdet. Das ist die Revolution des Teufels. Er hat die Sünde in ihre Seele getragen. Und die Sünde – was hat sie mit ihnen gemacht? Sie hat ihnen versprochen: am Tag, da ihr von der verbotenen Frucht eßt, werdet ihr unsterblich, werdet ihr wie Götter (Gen. 3, 5). Unsere Ureltern aßen, und – schleuderten in den Abgrund des Todes. Der Teufel belog sie. Die größte Revolution wurde entfesselt. Unsere armen Voreltern Adam und Eva: sie meinten mit Hilfe des Bösen zum Guten zu gelangen, mit Hilfe des Teufels Götter zu werden. Das ist die heutige Revolution: mit Hilfe des Teufels Gott werden! Darin liegt die ganze Sünde. Darin liegt die ganze Lüge aller Revolutionen ohne Christus, ohne Auferstehung des Herrn Christus! Die Menschen werden zu Göttern mit Hilfe des Teufels! Was für eine Lüge!
Aber in dieser Lüge lebt die Menschheit nicht nur vor Christus, sondern ebenso auch heute. Bis heute, bis heute tun sie dasselbe, dasselbe tun sie. Die Menschen wollen mit Hilfe des Verbrechens die (sogenannte) Wahrheit auf der Erde herrschen lassen, die große Wahrheit für alle Menschen. Schaut doch, was für eine Wahrheit herrscht in Asien, Europa, Australien und Amerika? Die Wahrheit des Verbrechens, die Wahrheit des Totschlags! Macht des Teufels! Der Teufel hat den Verstand der Menschen trunken gemacht, hat sie durch die größte Verblendung geblendet und durch den größten Trug betrogen: den Betrug, daß man mit Hilfe des Bösen gut werden kann, daß man gut werden kann mit Hilfe des Teufels, daß man gut sein kann ohne Gott und gegen Gott.
Doch Gott kam in diese Welt, um zu zeigen, daß man nur mit Hilfe guter Mittel gut werden kann, daß man nur mit Gottes Hilfe Gott der Gnade nach werden kann, daß der Mensch nur mit Hilfe Gottes in dieser Welt vollkommen werden kann, vollkommen im Guten, vollkommen in der Gerechtigkeit, vollkommen in der Wahrheit, vollkommen in der Liebe. Ohne dies geht die Welt unter in Verbrechen und Untaten. Ein ununterbrochenes Verbrechen ist die Geschichte des Menschengeschlechts. Ununterbrochenes Verbrechen – ohne Christus und gegen Christus. Ein wunderbarer Heiliger, Symeon der Neue Theologe, sagte: “Das Gute ist schon nicht mehr gut, sobald es nicht gut getan wird”3 Das ist die Lehre des Evangeliums, Brüder. Das Gute kann man nur mit guten Mitteln erlangen. Zum Guten kann man nur mit Hilfe Gottes gelangen, nicht aber mit Hilfe des Teufels. Das Ewige Leben, Ewige Wahrheit, Ewige Gerechtigkeit kann man nur mit Hilfe Gottes, des Herrn Christus erreichen, nicht aber mit Hilfe teuflischer Lüge, nicht mit Hilfe des Teufels.
Worin besteht der Unterschied zwischen all jenen Revolutionen und der Revolution des Herrn Christus – Seiner Auferstehung? Worin? Darin, daß ganz Europa lehrt, so wie der falsche Papismus: “das Ziel heiligt die Mittel”. Das Evangelium Christi jedoch lehrt: nein, das Ziel heiligt nicht die Mittel, sondern ein gutes Ziel verlangt immer nur nach guten Mitteln, und ein gutes Ziel kann man immer nur mit Hilfe guter Mittel verwirklichen. Nichts Gutes kann man in der Welt erzielen mit Hilfe von Schlechtem, sondern nur mit Hilfe von Gutem. Der Herr Christus kam in diese Welt, um die Menschen von der Sünde zu retten, die Sünder von der Sünde zu retten, und nicht die Sünder um der Sünde willen zu vernichten und zu töten.
Europa aber tötet ständig den Menchen wegen der Sünde. Europäische Theorien, sinnlose und dumme, vollbringen Totschlag in Asien, Afrika, in der ganzen Welt vollbringen sie Mord, und diese falschen unsinnigen europäischen Theorien wollen mit Hilfe des Bösen Gutes in dieser Welt verwirklichen, mit Hilfe des Verbrechens wollen sie das Glück des Menschengeschlechts verwirklichen. Und das alles ist Lüge um Lüge, Tod um Tod! Und alle möglichen Opiume: Kultur, Zivilisation, Kinos, Theater, Cafés, Bars, schamlose Vergnügungen, sinnliche Bilder, eine Ausstellung neben der anderen von diabolischen Verblendungen. Und alle vollziehen sie ein furchtbares Gemetzel menschlicher Seelen. Das Abschlachten der Seelen nimmt in Europa seinen Anfang, vor allem in Europa, und breitet sich über alle dämonischen Welten aus.
Wir Christen aber, wir Christen nehmen unseren Anfang in der Taufe. Das ist die einzige Kraft, das einzig neue, diese Kraft gibt der Herr Christus jedem von uns. Und wir? Wir unterscheiden uns von allen anderen Menschen dadurch, daß wir an die Auferstehung des Herrn Christus glauben und an unsere persönliche Auferstehung. Und wir, wir heutigen Christen, wir Christen des zwanzigsten Jahrhunderts, wenn wir auch verängstigt und verkrüppelt sind, wir bezeugen eine Wahrheit mit den heiligen Aposteln. Was ist das für ein Zeugnis? Wir bekennen den Auferstandenen Herrn! Der Herr ist auferstanden, der Mensch ist auferstanden! Das ist unser Zeugnis. Jeder von uns als Christ, alle predigen wir eines, bezeugen eines: den Auferstandenen Herrn und das auferstandene ich. Und wir leben in dieser Welt als auferstandener Toter, der alle Tode besiegt hat – heute, und morgen und immer. Durch wen? – Durch den Auferstandenen Herrn Christus.
Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!
1966 Kloster Celije
Veröffentlicht (in serbischer Sprache) in dem Buch: Seliger Vater Justin. Osterpredigten. Belgrad 1998, S. 194-199