Ausländische Studenten in den Geistlichen Akademien der Russischen Orthodoxen Kirche: Geschichte und Gegenwart
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Ausländische Studenten in den Geistlichen Akademien der Russischen Orthodoxen Kirche: Geschichte und Gegenwart
Essay von Volodymyr Bureha, Prorektor für die wissenschaftlich-theologische Arbeit an der Kiewer Geistlichen Akademie, über Probleme bei der Optimierung der Lehre für Studenten aus anderen orthodoxen Landeskirchen in den geistlichen Schulen der ROK. Der Autor richtet seine besondere Aufmerksamkeit auf die vorrevolutionäre Lehrordnung für ausländische Studenten in den Geistlichen Akademien.
Die Aufnahme ausländischer Studenten zum Studium an den Geistlichen Akademien der Russischen Kirche hat eine ziemlich lange Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Dabei veränderten sich die Aufnahmeordnung, die Ausbildung und der Status der ausländischen Studenten im Laufe der Zeit. Das Problem der Organisierung der effektiven Ausbildung ausländischer Studenten bleibt für die Geistlichen Akademien nach wie vor aktuell. Im Folgenden betrachten wir die Lehrordnung für ausländische Studenten in den Geistlichen Akademien, wie sie vor der Revolution bestand, und versuchen dann, die Hauptprobleme zu skizzieren, die sich heute aus der deutlich steigenden Zahl studierender Angehöriger anderer Landeskirchen ergeben.
17. und 18. Jahrhundert
Das wichtigste orthodoxe Ausbildungszentrum im Osteuropas des 17. Jahrhunderts war das Kiewer Mohyla-Kollegium (seit 1701 „Akademie“). Nachdem Kiew 1654 mit dem Moskauer Reich zusammengeschlossen wurde und die Kiewer Metropolie im Jahre 1686 von der Jurisdiktion Konstantinopels in die des Moskauer Patriarchats übergegangen war, wurde die Frage nach dem Status der „ausländischen“ Studenten in Kiew besonders aktuell. Es ging darum, dass ein wesentlicher Teil der Studenten des Mohyla-Kollegiums aus polnischen, weißrussischen und litauischen Gebieten und aus der Ukraine stammte. Obwohl sie kanonisch der Kiewer Metropolie zugehörten, waren sie in ziviler Hinsicht Angehörige eines anderen Staates (Polen-Litauen), und das erschwerte ihre Beziehungen mit den örtlichen Behörden Kiews.
Die Notwendigkeit, den Status der ausländischen Studenten zu regeln, führte zur Erstellung einer Urkunde durch Peter den Großen am 11. Januar 1694, die unter anderem vorsah, zum Studium im Kiew Kinder aller Stände nicht nur aus der Ukraine und Russland, sondern auch aus dem Ausland zuzulassen, und die dem Kiewer Kollegium das Recht auf innere Autonomie zusicherte. Unter Berufung auf dieses Zarenedikt weigerten sich Lehrer und Studenten des Kollegiums, sich irgendeiner Behörde außer der schulischen Administration unterzuordnen. Besonders berühmt dafür waren ausländische Studenten, die sich, nachdem sie in der Stadt öffentliche Ärgernisse erregt hatten, weigerten, vor dem Stadtgericht zur Verantwortung gezogen zu werden. All das zwang den Metropoliten Warlaam Jassinskij, sich an Zar Peter den Großen zu wenden und ihn zu bitten, dem Kiewer Kollegium die vollen Rechte einer Akademie zu verleihen. Er bat auch Metropolit Stefan Jaworski, damals ein Favorit Peters, eine positive Entscheidung in dieser Frage zu bewirken. Stefan, ein Zögling der Kiewer Schule, bat den Zaren daraufhin persönlich; und am 26. September 1701 ließ Peter der Große eine Urkunde veröffentlichen, mit der die Kiewer Schule offiziell als Akademie anerkannt wurde, was ihre volle Autonomie (auch in juristischen Angelegenheiten) gegenüber der Stadtverwaltung bedeutete.[1]
Im 18. Jahrhundert bildeten sich umfangreiche internationale Verbindungen an der Kiewer Mohyla- Akademie. Seit den 1720er Jahren sind Fälle bekannt, in denen Akademie-Absolventen in die serbischen Länder gesandt wurden, um dort Schulen zu eröffnen. Auch die Angehörigen der Balkanländer begannen, in die Akademie zum Studium zu kommen. Nach den Berechnungen von Erzpriester Prof. Fjodor Titow studierten in der Kiewer Akademie innerhalb der ersten sechs Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts 28 serbische Studenten[2]; außerdem waren auch Griechen, Montenegriner, Moldawier, Walachen und Ungarn (Einwohner des gegenwärtigen Transkarpatiens) eingeschrieben[3]. Einige Absolventen der Kiewer Akademie spielten danach eine wichtige Rolle in der Wiederbelebung des kirchlichen Lebens auf dem Balkan. So wurden beispielsweise Bischof Dionysius Novaković und Archimandrit Jovan Rajić, die die Kiewer Schule absolviert hatten, zu den bekanntesten serbischen kirchlichen Schriftstellern des 18. Jahrhunderts.[4]
Dennoch bestand die Mehrheit der ausländischen Studenten in Kiew nach wie vor aus Einwohnern Polen-Litauens. Jedes Jahr wurden ca. einhundert orthodoxe polnische Bürger aufgenommen. Nach ihrem Studium in Kiew spielten diese Studenten eine wichtige Rolle für die Bewahrung der Orthodoxie in Polen-Litauen. Allerdings blieben Einige von ihnen nach der Absolvierung der Akademie zum Dienst in Russland. So war zum Beispiel der Heilige Hierarch Pawel Konjuskewitsch, der später die Tobolsk-Kathedra bekleidete, ein „ausländischer“ Student, der in Galizien geboren wurde.
19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts
Im 19. Jahrhundert gab es in den ersten Jahrzehnten nach der unter Zar Alexander I. (1808-1819) durchgeführten Reform der geistlichen Ausbildung fast keine ausländischen Studenten mehr in den geistlichen Akademien. Erst ab den 1840er Jahren kamen wieder vermehrt Angehörige anderer Landeskirchen zum Studium nach Russland. Wie z.B. aus den Listen der Absolventen der Moskauer Geistlichen Akademie hervorgeht, war der erste dortige ausländische Student Mönchpriester (später Metropolit) Parfenij (Otenow), Sohn eines Kaufmannes aus Ochrid, der im Jahre 1850 mit dem Grad eines Dr. theol. absolvierte. Im Jahre 1852 wurde dort der Serbe Vasilije Nikolaević promoviert. Seine Landsleute finden wir auch unter den Absolventen der Jahre 1854 und 1868. Im Jahre 1852 wurde Mönchpriester Anthim (Tschalakow) aus Bulgarien aufgenommen. Bereits im Jahre 1854 absolvierte er die Ausbildung mit dem Grad eines Magisters, und im Jahre 1872 wurde er zum ersten Exarchen der Bulgarischen Kirche und im Jahre 1879 zum Ehrenmitglied der MGA erwählt. Im Jahre 1852 kam der erste Vertreter des Antiochenischen Patriarchats – der Syrer Spyridon Abud, geboren in Damaskus, der vorher das Moskauer Seminar absolviert hatte[5].
Was die reorganisierte Kiewer Geistliche Akademie betrifft, wurde hier der erste Fall der Aufnahme eines ausländischen Studenten nach der Reform bereits im Jahre 1839 registriert. Am 20. Juli 1839 sendete Metropolit Benjamin (Kostaki) aus Moldawien (das unter der Jurisdiktion des Patriarchats von Konstantinopel stand) einen Brief an Metropolit Philaret (Amfiteatrow) von Kiew, in dem er bat, Basil Skriban-Polescu, einen der besten Zöglinge des Iași-Seminars, an die KGA aufzunehmen. Dieser Bitte wurde entsprochen, und Basil Skriban-Polescu wurde in die KGA aufgenommen. Innerhalb von zwei Jahren hatte er alle Kurse an der Akademie absolviert und erhielt im Jahre 1841 den Grad eines Magisters der Theologie[6]. In Kiew empfing er auch die Mönchsweihe auf den Namen Philaret. Nachdem er in seine Heimat zurückgekehrt war, erlangte er die Bischofswürde und wurde zu einem der hervorragenden Hierarchen der Rumänischen Orthodoxen Kirche des 19. Jahrhunderts.
Seit den 1850er Jahren erscheinen in den Listen der Studenten und Absolventen der geistlichen Akademien der Russischen Kirche regelmäßig Namen von Bulgaren, Serben, Rumänen, Montenegrinern, Griechen, Syrern, Tschechen und sogar Japanern. Obwohl ausländische Studenten in allen vier geistlichen Akademien studierten[7], war der Ausländeranteil in Kiew besonders hoch. In die Kiewer Akademie (da sie die südlichst gelegene war) kamen die Einwohner der Balkanländer und des Nahen Ostens zum Studieren. Außerdem beantragten ausländische Studenten, die zum Studium an einer der sich auf dem Territorium des modernen Russlands befindenden Akademien gesandt worden waren, nach ein oder zwei Studienjahren oftmals beim Synod ihre Überweisung an die Kiewer Akademie, da ihnen das Klima in St.Petersburg, Moskau oder Kasan zu streng war.
Besonders bemerkenswert war die Erhöhung der Anzahl ausländischer Studenten in Kiew in den letzten anderthalb Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Während im Jahre 1883 an der KGA nur sechs Ausländer (vier Bulgaren, ein Montenegriner und ein Grieche) studierten, gab es im Jahre 1887 bereits 25 ausländische Studenten (elf Serben, sieben Bulgaren, sechs Rumänen und ein Japaner), und im Jahre 1897 sogar 43 (zehn Griechen, elf Bulgaren, 13 Serben, fünf Rumänen, zwei Montenegriner und zwei Syrer). Da in den 1890er Jahren die Gesamtzahl der KGA-Studenten zwischen 180 und 190 schwankte, machten die Ausländer fast ein Viertel der Gesamtzahl der Akademie-Studenten aus[8].
Ausländische Studenten erhielten gewöhnlich Stipendien entweder vom Heiligsten Synod, vom Slawischen Wohlfahrtsausschuss oder von der Kaiserlichen Orthodoxen Gesellschaft von Palästina. Allerdings gab es in den 1880er und 1890er Jahren kein einheitliches System der Auswahl und der Entsendung ausländischer Staatsangehörigen zum Studium in den Geistlichen Akademien in Russland. Daher landeten dort häufig Ausländer, deren Vorbereitung zum Studium in höheren theologischen Schulen nicht ausreichend war. Dennoch wurde es wegen der außenpolitischen Interessen Russlands für notwendig erachtet, die Ausbildung von Bulgaren, Serben und Montenegrinern in jeder Art und Weise zu fördern. Daher wurden Studenten vom Balkan sowohl bei der Aufnahme als auch während des Studiums in den Akademien mit Nachsicht behandelt. In seiner Verordnung vom 5. April 1869 gab der Heiligste Synod den Geistlichen Akademien sogar die direkte Anweisung, mit ausländischen Studenten slawischer Herkunft möglichst nachsichtig umzugehen[9]. Manche Ausländer nutzten das aus und erlaubten sich ernsthafte Disziplinarvergehen. Außerdem versuchten sie nach Ende des Studiums oft, im Russischen Reich zu bleiben, da sie nicht in ihre Heimat zurückkehren wollten. der Zustrom ausländischer Studenten warf auch andere Probleme auf: Zum Beispiel waren die Räume des Studentenwohnheims der KGA beschränkt, und so bedeuteten mehr ausländische Studenten weniger Studienplätze für russische Staatsangehörige. All das erregte Unwillen bei Mitstudenten und Lehrkräften.
Im Jahre 1897 erließ das Auswärtige Amt neue Regeln zur Auswahl von „Slawischstämmigen“ in Hochschulen des Russischen Reiches, die die Zulassung von Ausländern zum Studium in Russland deutlich erschwerten. Im Jahre 1901 traten diese Regeln auf Vorschlag des Ober-Prokurators des Heiligsten Synods auch an Geistlichen Schulen in Kraft. Von da an gab es für orthodoxe Slawen zwei Wege an die Geistlichen Akademien Russlands. Entweder reichten sie selbst eine entsprechende Bittschrift bei einer diplomatischen Vertretung Russlands ein, die von einem Ausschuss des Auswärtigen Amtes „für die Ausbildung südlicher Slawen in Russland“ bearbeitet und beantwortet wurde, oder ein ausländischer orthodoxer Hierarch wandte sich direkt an den Synod und beantragte die Aufnahme eines Angehörigen ihrer Diözese an einer Geistlichen Schule in Russland. Ohne Genehmigung des Auswärtigen Amtes oder des Synods Ausländer an den Akademien aufzunehmen war verboten. Außerdem mussten alle ausländischen Studenten die Verpflichtung unterschreiben, dass sie keinen Dienst in Russland beanspruchen und nach Beendigung ihres Studiums in ihre Heimat zurückkehren würden. Im Juli 1901 sandte der Heiligste Synod an alle Geistlichen Akademien eine Verordnung über die Inkrafttretung einer neuen Aufnahmeordnung für ausländische Studenten[10]. Nach den Erinnerungen von N.I. Petrow, eines KGA-Professors, verhinderte die Einführung der neuen Regel „den Zufluss verschiedener Asozialer und Abenteuerer an den russischen Geistlichen Akademien. Seitdem war die Zusammensetzung ausländischer Studierender in der Kiewer Geistlichen Akademie qualitativ sehr viel höher als vorher“[11].
Trotz aller Schwierigkeiten, die mit der Ausbildung ausländischer Studenten verbunden waren, gab es viele Absolventen der Geistlichen Akademien der Russischen Orthodoxen Kirche, die bekannte Hierarchen in anderen Landeskirchen wurden: Patriarch Varnava (Rosić) von Serbien, Metropolit Damaskin (Grdanicki) von Zagreb, der Heilige Justin (Popović) und Professor Gregorios Papamichael, Wiederentdecker der Werke des Heiligen Gregor Palamas, absolvierten die St. Petersburger Geistliche Akademie. Die Metropoliten Mihailo (Jovanović), Inokentije (Pavlović) und Bekenner Metropolit Dositheus (Vasić) von Serbien, Patriarch Nicodim Munteanu von Rumänien, der bekannte Kanonist Bischof Nikodim (Milaš) von Dalmatien und Istrien und der Schriftsteller und Sozialrevolutionär Metropolit Kliment (Drumew) von Tarnowo/Bulgarien waren Absolventen der Kiewer Akademie. Diese Liste könnte noch lange fortgesetzt werden.
Die gegenwärtige Situation
Nach der Wiederherstellung der inländischen Geistlichen Schulen in den 1940er Jahren[12] wurde auch die traditionelle Praxis der Aufnahme ausländischer Studenten an den Geistlichen Akademien wiederbelebt. Im Zeitraum von 1950 bis 2000 haben zahlreiche Vertreter anderer Landeskirchen die Geistlichen Akademien in Moskau und St. Petersburg absolviert, die später hohe hierarchische Posten in ihren Heimatländern innehatten. Sowohl unter den Ersthierarchen als auch beim Episkopat und beim Klerus gibt es heute viele Absolventen der Geistlichen Schulen der Russischen Orthodoxen Kirche.
Im letzten Jahrzehnt zeigt dieser Prozess neue Tendenzen. In den Geistlichen Akademien der ROK hat sich die Anzahl der Studenten, die von der Serbischen Orthodoxen Kirche zum Studium kommen, deutlich vergrößert. Während es in der sowjetischen Periode, als die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien ziemlich kompliziert waren, in unseren Geistlichen Akademien fast keine serbischen Studenten gab, bilden sie heute einen bemerkenswerten Anteil der Absolventen der Akademien in Moskau, St.Petersburg und Kiew.
Allerdings wird heute die Notwendigkeit offensichtlich, die Praxis der Aufnahme und Ausbildung ausländischer Studenten in unseren Geistlichen Akademien neu zu regeln. Was ist damit gemeint? Es geht darum, dass das System der theologischen Ausbildung in den verschiedenen Landeskirchen unterschiedlich ist. So haben die Geistlichen Seminare in Serbien, Griechenland, Bulgarien und Rumänien ihren traditionellen Status als Mittelschulen beibehalten. Dort werden junge Männer mit einer nicht abgeschlossenen Mittelschulbildung aufgenommen. Im Seminar erhalten sie eine mittlere Schulbildung und elementare theologische Kenntnisse. Dagegen haben die Seminare in der Russischen Orthodoxen Kirche seit den 1940er Jahren aufgehört, Mittelschulen zu sein. Sie erfüllen nicht mehr die Funktionen der Hauptschule, wie es vor der Revolution der Fall gewesen war. In die Seminare in Russland, der Ukraine und Weißrussland werden junge Männer aufgenommen, die bereits über Oberschulbildung verfügen. Heute entsprechen die geistlichen Seminare der Russischen Orthodoxen Kirche der ersten Stufe der Hochschulausbildung (Bakkalaureat). Über einen derartigen Status verfügen sonst nur die Seminare in Polen. Dort erhalten Absolventen der Warschauer Orthodoxen Geistlichen Akademie (nach dreijähriger Regelstudienzeit) das Bakkalaureus-Diplom und sind berechtigt, sich in das Magister-Programm der Christlichen Theologischen Akademie zu Warschau einzuschreiben. In Serbien, Griechenland, Bulgarien und Rumänien dagegen erhalten Seminarabsolventen lediglich ein Diplom über die abgeschlossene Mittelausbildung und sind damit berechtigt, sich in die erste Ausbildungsstufe der theologischen Fakultäten, also ins Bakkalaureus-Programm einzuschreiben. Also ist der Seminarstatus der Russischen Orthodoxen Kirche höher als der Status der Seminare in der Serbischen, Griechischen, Bulgarischen und Rumänischen Kirche.
Dennoch existiert in der Russischen Kirche heute die Praxis der Aufnahme von Absolventen der Geistlichen Seminare („Bogoslovijen“) der Serbischen Orthodoxen Kirche direkt in die Akademie. Faktisch überspringen die Angehörigen der Serbischen Kirche, die zur Aufnahme an den Geistlichen Akademien der Russischen Kirche begutachten werden, die erste Stufe der theologischen Hochschulausbildung (Bakkalaureat) und werden direkt auf einer Stufe, die der Magistratur entspricht, aufgenommen. All das führt oft dazu, dass die serbischen Studenten sich als unfähig erweisen, das akademische Programm qualitativ zu bewältigen, und nicht über ausreichende Qualifikationen verfügen, um eine Diplomarbeit, geschweige denn eine Doktorarbeit, zu schreiben. Im Ergebnis wurden die serbischen Studenten in den letzten Jahren, nachdem in den Geistlichen Akademien die Anforderungen an die Doktorarbeiten erhöht worden waren, während der Vorverteidigung bedauerlicherweise immer wieder als ungenügend erachtet, eine Dissertation zu verfassen, und aus der Akademie ohne Doktortitel entlassen. In der Moskauer Geistlichen Akademie gab es auch traurige Fälle, in denen serbische Studenten des Plagiats überführen wurden, womit sie ihr Recht, eine Dissertation in einer Geistlichen Akademie der Russischen Orthodoxen Kirche zu schreiben und zu verteidigen, verwirkten.
Die Lage spitzt sich auch dadurch zu, dass die meisten serbischen Studenten, die zum Studium nach Russland und in die Ukraine kommen, die russische Sprache nicht ausreichend beherrschen und so nicht sinnvoll am Lehrvorgang teilnehmen können. Wenn wir zudem bedenken, dass in der Kiewer Akademie ein Teil der Fächer in ukrainischer Sprache unterrichtet wird, wird die geringe Effizienz der Ausbildung serbischer Studenten in den Bildungseinrichtungen der Russischen Kirche noch offensichtlicher.
Es sollte auch angemerkt werden, dass die überwiegende Mehrheit der serbischen Studenten nicht aus der Republik Serbien, sondern aus der Föderation Bosnien und Herzegowina kommen. Serbische Staatsangehörige, die eine theologische Hochschulausbildung erhalten wollen, gehen in der Regel an die Theologische Fakultät der Universität Belgrad, woraufhin die Begabtesten ihr Studium an Theologischen Fakultäten in Griechenland fortsetzen. Die Absolventen der bosnischen „Bogoslovijen“ aber ziehen es vor, zum Studium an die Geistlichen Akademien Russlands zu gehen.
Die Praxis der Aufnahme von Vertretern der Serbischen Kirche an der Akademie ruft regelmäßig die Missbilligung seitens der Theologischen Fakultät in Belgrad hervor. Dies erschwert seinerseits die Zusammenarbeit zwischen der Fakultät und den Geistlichen Akademien der Russischen Kirche. Daher ist in Belgrad heute der Einfluss und die Autorität der griechischen theologischen Schulen viel höher als die Autorität der Geistlichen Akademien der Russischen Orthodoxen Kirche.
Das bedeutet, dass die Ungeschliffenheit der Praxis der Aufnahme serbischer Studenten in die Geistlichen Akademien Russland und der Ukraine weitgehende Folgen hat. Die Aufnahme einer Vielzahl von Vertretern bosnischer Diözesen an den Akademien, die keine ausreichende theologische Vorbildung haben, führt zur Verschlechterung der Beziehungen mit der führenden theologischen Schule der Serbischen Kirche.
Jetzt, da in den Geistlichen Schulen der Russischen Orthodoxen Kirche die Normen des Bologna-Prozesses umgesetzt werden, ergibt sich eine günstige Gelegenheit zur Neuregelung der Zulassung ausländischer Studenten. Naheliegendste Aufgabe der Russischen Kirche ist die notwendige Äquivalentierung der Nachweise über erhaltene theologische Ausbildungen mit den anderen Landeskirchen. Hier stellt sich unvermeidlich die Frage, welche Stufen der geistlichen Ausbildung in der Russischen Kirche den Stufen der theologischen Ausbildung in den anderen Ländern entsprechen. Völlig offensichtlich ist, dass das Diplom der russischen und ukrainischen Seminare dem Diplom eines Bakkalaureus der Orthodoxen Theologie in Polen, Rumänien, Griechenland, Serbien, Bulgarien und der Slowakei angeglichen werden müsste. Dementsprechend würde ein in diesen Ländern erhaltenes Bakkalaureus-Diplom dem Seminar-Diplom der Russischen Kirche äquivalent. Die Feststellung solcher Äquivalenzen würde automatisch dazu führen, dass es ausländischen Studenten, die über kein Bakkalaureus-Diplom verfügen, unmöglich wird, an der Akademie (also der Magister-Stufe) aufgenommen zu werden.
Die Russische Orthodoxe Kirche muss also, wie einhundert Jahre zuvor, den Prozess der Ausbildung ausländischer Studenten in unseren Geistlichen Schulen optimieren. Diese Aufgabe stellt sich auch im Kontext der Errichtung eines einheitlichen Raumes orthodoxer theologischer Ausbildung in Europa.
[1] Ausführlicher s.: Титов Ф., проф., прот. Императорская Киевская Духовная Академия в ее трехвековой жизни и деятельности (1615-1915 гг.): Историческая записка. К., 2003. С. 105-112.
[2] Ebenda, S. 229.
[3] S.: Шевченко Ф. П. Закарпатці — студенти Київської академії XVIII ст. // Український історичний журнал. 1965. № 6. С. 95-97.
[4] Zuihnens.: Вукашиновић В. Српска барокна теологиja. Врњци — Трбиње, 2010.
[5] S.: Списки студентов, окончивших полный курс Императорской Московской Духовной Академии за первое столетие ее существования (1814-1914 гг.). Сергиев Посад, 1914.
[6] Аскоченский В. И. История Киевской Духовной Академии, по преобразовании ее в 1819 году. СПб., 1863. С. 193-196, 206-208.
[7] In St.Petersburg, Moskau, Kiew und Kasan. (Anm.d.Ü.)
[8] См. отчеты о состоянии КДА за соответствующие годы, печатавшиеся как в приложениях к «Трудам Киевской духовной академии», так и отдельными изданиями.
[9] Путро О. І., Путро А. О. Студенти-іноземці Київської Духовної Академії (XIX – початок XX ст.) // Вісник державної академі ї керівних кадрів культури і мистецтв. 2010. № 2. С. 113.
[10] Центральный государственный исторический архив Украины, Киев. Ф. 711, оп. 3, ед. хр. 2576, л. 2-3. См. также: Путро О. І., Путро А. О. Студенти-іноземці Київської Духовної Академії (XIX – початок XX ст.) // Вісник державної академії керівних кадрів культури і мистецтв. 2010. № 4. С. 131-133.
[11] Петров М. Скрижалі пам’яті: коментарі та додатки / Склав В. Ульяновський. К., 2003. С. 199.
[12] Nach der harten Verfolgung der Kirche in den 1920er und 1930er Jahren durch die sowjetische Regierung kam es in den 1940er Jahren zu einer Milderung der sowjetischen antikirchlichen Innenpolitik, da Stalin während der Zeit des Zweiten Weltkriegs die Kirche in den Kampf gegen die Eroberer einband. (Anm.d.Ü.)
Bureha, Volodymyr